Apropos IZBB - "Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung" : Datum: Autor: Autor/in: Peer Zickgraf

Alle reden darüber, aber wissen auch alle, was das IZBB, das "Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung" (IZBB), für den Aus- und Umbau der Ganztagsschulen in Deutschland bedeutet? Angefangen vom Begriff Investition über die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern bis zum IZBB-Kompass und dem Begleitprogramm "Ideen für mehr! Ganztägig lernen". Wir versuchen, das IZBB in seinen verschiedenen Bestandteilen auf den Punkt zu bringen.

Wer investiert, setzt auf die Zukunft. Seit dem schlechten Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler bei PISA werden Investitionen eng mit der Zukunft des Bildungssystems, der demographischen Entwicklung und der Perspektive der Kinder und Jugendlichen verknüpft. Bildungsausgaben sind Investitionen in die Zukunft. Keine Schule, kein Kindergarten, kein öffentlicher Spielplatz, ja nicht einmal die Stühle und Tische wären ohne eine langfristig, also in die Zukunft der Kinder und Jugendlichen wirkende Investition, denkbar gewesen. Das Investitionsprogramm des Bundes zur Finanzierung des flächendeckenden Ausbaus von Ganztagsschulen nennt sich denn auch "Zukunft Bildung und Betreuung".

"Wir haben einen hohen pädagogischen Anspruch - aber dazu müssen auch die baulichen Voraussetzungen stimmen", erläutert Schulleiter Joachim Friedrich vom Guts-Muths-Gymnasium in Quedlinburg, Sachsen-Anhalt, die oft übersehene pädagogische Bedeutung von Investitionen in die Infrastruktur.

Was bedeuten Investitionen in Bildung?

In der Wirtschaft gelten Investitionen - dem Begriff nach - auch als Anschaffung langfristiger Produktionsmittel. Investieren kann aber auch der Staat durch öffentliche Ausgaben für Bildung, Ausbildung und Beschäftigung. Laut Verfassung darf der Bund seine Finanzmittel nicht für alle Bildungsaufgaben verwenden. Er darf keine Lehrerinnen und Lehrer einstellen, keine Curricula verabschieden, denn Bildung ist laut Grundgesetz Ländersache. Deshalb hat der Bund auf der Basis von Artikel 104 a, Absatz 4 mit dem "Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung" (IZBB) im Mai 2003 in einer gemeinsamen Verwaltungsvereinbarung mit den Ländern vier Milliarden Euro zum Ausbau der Ganztagsschule zur Verfügung gestellt, die für die Infrastruktur verwendet werden.

"Mit dem ,Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung' soll die Schaffung einer modernen Infrastruktur im Ganztagsschulbereich unterstützt und der Anstoß für ein bedarfsorientiertes Angebot in allen Regionen gegeben werden", heißt es in der Präambel zur Verwaltungsvereinbarung des Investitionsprogramms. Das IZBB ist ein gemeinsamer Beitrag von Bund und Ländern zur Reformierung des Bildungssystems und zur Schaffung einer neuen Lern- und Lehrkultur.

Der Zeitrahmen zur Förderung des bundesweiten Ausbaus von Ganztagsangeboten ist durch die Verwaltungsvereinbarung, die eine offizielle Laufzeit von 2003 bis 2007 hat, wie folgt festgeschrieben worden: "Die Investitionen sind in dem Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2008 durchzuführen." Dass die Investitionen des Bundes allein zur Finanzierung der Infrastruktur verwendet werden, geht aus folgendem Passus hervor: "Zu den Investitionen im Sinne von Absatz 1 gehören insbesondere erforderliche Neubau-, Ausbau-, Umbau- und Renovierungsmaßnahmen, Ausstattungsinvestitionen sowie die mit den Investitionen verbundenen Dienstleistungen".

Wohin fließen die Gelder?

Die vom Bund an die Länder transferierten Gelder fließen somit in den Neubau, Ausbau, Umbau oder die Renovierung von Gebäuden - sie erschließen neuen Raum für bessere Schulen. Soweit es um die Ausstattung der Ganztagsangebote geht, dienen die IZBB-Mittel der Finanzierung von Computern, Bibliotheken, Sportgeräten, Musikinstrumenten oder eben Tischen, Besteck und Stühlen.

Was sind die Ziele des IZBB? Laut Verwaltungsvereinbarung, die auch das Verfahren der Mittelbewilligung und Mittelverteilung definiert, geht es darum, "zusätzliche Ganztagsschulen zu schaffen und bestehende Ganztagsschulen qualitativ weiter zu entwickeln". Das Ganztagsschulprogramm des Bundes gibt somit Anreize für gewachsene Ganztagsschulen, die pädagogischen Angebote weiter zu entwickeln. Es schafft zudem zusätzliche Plätze an bestehenden Ganztagsschulen. Auf der anderen Seite sorgt es dafür, dass flächendeckende Ganztagsangebote neu entstehen. So sind seit Inkrafttreten des IZBB von 2003 bis 2005 rund 5.000 Ganztagsangebote an deutschen Schulen hinzugekommen. Das ist bereits die halbe Miete, da als Zielsetzung bis zum Ende des IZBB-Programms 10. 000 zusätzliche Ganztagsangebote geschaffen werden sollen.

Die gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern zur flächendeckenden Einführung von Ganztagsangeboten in Deutschland verfolgt weiterhin das Ziel, eine bessere und frühere individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen und die nachgewiesen hohe Kopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg aufzulösen. Vor dem Hintergrund der schlechten PISA-Ergebnisse geht es aber auch darum: das deutsche Bildungssystem im internationalen Bildungswettbewerb wieder nach vorne zu bringen, es unter die bestplatzierten Bildungsnationen einzureihen.

Die Aufgaben der Länder

Mit einer Gesamtsumme von vier Milliarden Euro zum Ausbau von Ganztagsschulen gehört das IZBB - wie namhafte Experten immer wieder betonen - zu den größten Schulentwicklungsvorhaben in der Geschichte Deutschlands. Da die Mittel in fünf aufeinander folgenden Haushaltsjahren, das heißt von 2003 bis 2007 den 16 Ländern zur Verfügung stehen, regelt die Verwaltungsvereinbarung unter Artikel 3 bis 5 die Verteilung der Mittel, getreu der Devise ,Vertrauen ist gut, Kontrolle besser'. 
 
Um die Mittel des Bundes zu erhalten, verpflichten sich die Länder, zweimal pro Jahr jene Vorhaben an das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zu melden, die der jeweilige Schulträger als Antragsteller, also die Kommune oder der Landkreis für förderungswürdig befunden hat. Dabei ist es Aufgabe der Kultusministerien zu prüfen, ob diese Meldungen die jeweiligen Förderrichtlinien des Landes erfüllen.

"Die Förderanträge sind an die Länder zu richten. Den Ländern obliegt die Auswahl der Vorhaben sowie die Regelung und Durchführung des Verfahrens", heißt es unter Artikel 4 der Verwaltungsvereinbarung. Die Länder verlangen also die Vorlage eines pädagogischen Konzeptes für die Einzelvorhaben und bewilligen letzten Endes die beantragten Vorhaben. Außerdem haben sie sich zur zweckentsprechenden Verwendung der Bundesmittel und zum Nachweis der Mittelverwendung verpflichtet. "Eine wirksame Kontrolle der Mittelverwendung ist durch die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes und durch Prüfungen der jeweiligen Landesrechnungshöfe gewährleistet", so Bettina Bundszus vom BMBF.

Die 16 Länder melden dem Bund bis zum 31. März zunächst ihre vorläufige Planung. Diese beziehen sich auf jene Schulen, die in dem laufenden Jahr Gelder bekommen sollen. Bis zum 30. Juni des jeweiligen Jahres melden die Länder ihre endgültige Vorhabenplanung.

Das Sozialpädagogische Institut (SPI) bereitetet im Auftrag des BMBF zweimal jährlich diese Daten auf, die dann auch auf der Internetplattform des IZBB www.ganztagsschulen.org veröffentlicht werden. Dabei handelt es sich bei den Daten nicht um die direkten Umsetzungen vor Ort, sondern zunächst um Planungen, genauer um Vorhabenplanungen. Sie enthalten nach Angaben der Länder Schulen, deren Förderung beabsichtigt ist, ohne dass daraus bereits eine endgültige Entscheidung über die Förderung abzuleiten ist, da die Verfahren und Entscheidungen über die Bewilligung der Fördermittel allein den Ländern obliegen. "Ein Spiegelbild der tatsächlich geförderten Schulvorhaben sind daher die Jahresberichte der Länder, die auch auf dem Ganztagsschulportal des BMBF veröffentlicht werden", so die wissenschaftliche Mitarbeiterin Astrid Le Rest vom SPI.

Kompass der Investition und Innovation

Nicht nur ein Spiegel, sondern ein Radar der Ganztagsschulentwicklung in Deutschland ist der IZBB-Kompass. Der Kompass des Ganztagsschulportals erfasst sowohl Schulen, die konkret - in den Jahren 2003 und 2004 - gefördert wurden, als auch jene Schulen und Vorhaben, deren Förderung im Jahr 2005 und im laufenden Jahr 2006 vorgesehen ist. Alle Schulen, die mit der endgültigen Vorhabenplanung gemeldet werden, sind in dem IZBB-Kompass zu finden. Doch erst mit den Jahresberichten lässt sich genau feststellen, welche Schule, welche Förderung erhalten hat.

Jedoch geht viel Bewegung und Innovation auch von den Schulen aus, die keine Förderung erhalten, denn sie haben sich ja auf die Suche nach einem pädagogischen Konzept begeben, nach Kooperationsmöglichkeiten gesucht und sich ein innovatives Profil erarbeitet. So ist der IZBB-Kompass, der wichtige Informationen zu den Einzelschulen aus dem ganzen Bundesgebiet enthält, auch eine Landkarte der Schulentwicklung und Innovation geworden. "Der Kompass fördert den Austausch der Schulen und ermöglicht ihnen einen Einblick darin, wie andere Ganztagsschule gestalten.", sagt die Projektleiterin Edith Kesberg vom SPI im Bezug auf die im Ganztagsschulportal des BMBF aufbereiteten Daten.

Unterstützungssysteme und Begleitforschung

Innovation und Qualitätsentwicklung leistet auch das Begleitprogramm "Ideen für mehr! Ganztägig lernen" der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS), das - wie es schon der Name ausdrückt - das IZBB durch den Aufbau von Unterstützungssystemen in den Ländern inhaltlich an entscheidender Stelle flankiert. Durch die Einrichtung von Serviceagenturen in 14 Länden, durch Lernen aus Beispielen guter Praxis, durch Beratung von Expertinnen und Experten, durch Erfahrungsaustausch und schließlich durch Fortbildung von Multiplikatoren. 

Parallel dazu wurde eine handlungsorientierte Begleitforschung ins Leben gerufen, die die Länder bei der dezentralen Evaluierung des Investitionsprogramms unterstützt. Vor diesem Hintergrund sind Netzwerke und Verbünde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entstanden, die sich auf bundesweiten Tagungen und Veranstaltungen wie dem jährlichen Ganztagsschulkongress in Berlin regelmäßig austauschen. Hauptziele sind die Verbesserung der individuellen Förderung, Sprachförderung und Integration sowie Kooperation von Schule und Jugendhilfe. So wird sicher gestellt, dass Investitionen in die Gebäude und in die Infrastruktur letztlich zu Investitionen in die Köpfe werden.

 

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