Schulsportpreis als Lohn für gelungene Kooperationen : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke
Jubel bei der Schule Sander Straße in Hamburg. Gemeinsam mit der TSG Bergedorf wurde sie am vergangenen Freitag in Berlin mit dem Deutschen Schulsportpreis des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und der Deutschen Sportjugend (dsj) ausgezeichnet.
Das Strahlen auf den Gesichtern der Schülerinnen und Schüler, aber auch ihres Schulleiters Marco Fritzler sowie des pädagogischen Leiters dieser Offenen Ganztagsgrundschule, Gisbert Benecke, wollte schier nicht enden, als feststand, dass die Wahl der Jury auf ihr Konzept der Kooperation zwischen Schule und Sportverein gefallen war.
Denn genau darum ging es bei dieser zehnten Verleihung des Schulsportpreises, diesmal unter dem Motto „Der Sport macht’s! - Sportvereine als Partner und Mitgestalter der Ganztagsschulen“. Gesucht wurden erfolgreiche, beispielhafte und innovative Kooperationsformen zwischen Sportvereinen und Ganztagsschulen. Das Miteinander der Hamburger Grundschule und der als Träger des Ganztags fungierenden TSG Bergedorf überzeugte die Expertenkommission am stärksten und war ihr die „Goldmedaille“ und einen Scheck über 5.000 Euro wert.
Doch auch die Regenbogenschule und der TSV Dormagen 1920 e.V. sowie das Otto-Schott-Gymnasium und die Turngemeinde 1861 e.V. Mainz-Gonsenheim als Zweit- und Drittplatzierte ernteten ein großes Lob. „Die ausgezeichneten Vereine können anderen Kooperationen zahlreiche Anregungen für eine vorbildliche Zusammenarbeit zugunsten der Schülerinnen und Schüler und deren Entwicklung geben“, betonte der Vorsitzende der Deutschen Sportjugend Jan Holze.
Schule Sander Straße: Stets gemeinsam an einem Tisch
Was aber zeichnet das norddeutsche Tandem aus? „Dass wir echt cool und ein gutes Team sind“ und dass „wir eine echt sportliche Schule sind“. Versichern die neunjährigen Fabio und Raynond. Für Fabio kam der Preis gerade besonders recht. Feierte er doch am Tag nach der Siegerehrung in der Berliner Landesvertretung der Freien und Hansestadt Hamburg seinen neunten Geburtstag. Mit dem Sieg hatte auch Schulkameradin Ida nicht gerechnet: „Ich dachte, wir würden Zweiter.“ Und es darf als sicher gelten, dass die von ihren Mitschülern benannten Qualitätsmerkmale alleine nicht gereicht hätten, um tatsächlich aufs oberste Treppchen zu springen.
Da verlangte die Jury schon Konkretes. Und das lässt sich sehen. Seit 2012 kooperieren Schule und Verein. Zur großen Zufriedenheit beider Seiten. Als Träger des Ganztags sitzen der pädagogische Leiter und sein Team bei allen wichtigen Entscheidungen und in allen Schulgremien mit am Tisch. „Wir sind ein Team. Partizipation gilt hier auf allen Ebenen“, betont der Schulleiter. Die Schülerinnen und Schüler werden ebenso wie die Eltern in alle relevanten Dinge einbezogen.
Angesichts der Herkunft des Trägers verwundert es nicht, dass die Sportangebote in der Schar der Arbeitsgemeinschaften überwiegen, dass gemeinsam das Prädikat „Sportbetonte Schule“ erworben wurde und dass die 14 hauptamtlichen Mitarbeiter des Vereins, die an dieser Schule tätig sind, auch im Sportunterricht, als Schwimmbegleitung und in der bewegten Pause mit von der Partie sind. Sie sind wie selbstverständlich im „normalen“ Unterricht eingebunden.
Kooperation und Ganztag lohnen sich
Etwa in der Fuchszeit. In dieser wöchentlichen Stunde werden Lese- und Sprachkompetenzen in konkreten Projekten, oft auch spielerisch, vermittelt. „Beispielsweise, wenn eine Erzieherin mit einem Teil der Kinder in die Schulküche geht und nach Rezepten kocht“, berichtet Gisbert Benecke. Er benennt ein Erfolgsrezept der Kooperation: „Natürlich macht es das Hamburger Konzept und die damit verbundene finanzielle Unterstützung der Träger des Ganztagsangebots leichter. Wenn aber die Chemie zwischen Träger und Schule nicht stimmt, gelingt die Kooperation dennoch nicht.“
Die Motivation der TSG Bergedorf, sich an Schulen zu engagieren, umschreibt der Vereinsvorsitzende Boris Schmidt: „Einerseits wollen wir ein Bewegungsgefühl vermitteln, wie es der Schulsport nicht leisten kann. Andererseits ist es eine Chance, Mitglieder für morgen zu gewinnen.“ Dass dies gelingt, belegt eine Zahl: 25 Prozent beträgt der Anteil der Kinder und Jugendlichen im Durchschnitt bei Hamburger Vereinen. 40 Prozent sind es bei der TSG Bergedorf. Schmidt und Benecke wissen auch: „Für kleine, allein mit Ehrenamtlichen arbeitende Vereine ist ein solches Engagement deutlich schwieriger zu stemmen.“ Die TSG kooperiert mit 15 Schulen. Kooperation und Ganztag lohnen sich auch für die Schule: Seit Einführung stieg die Schülerzahl von 220 auf 330.
Regenbogenschule Dormagen: Fechten macht Schule
Prominenz gab sich bei der Auszeichnung des zweitplatzierten Duos die Ehre. Bob-Olympiasiegerin Mariama Jamanka übernahm – nachdem sie rückblickend auf ihre Schulzeit gestanden hatte: „So wie heute Schulen und Sportvereine zusammenarbeiten, hätte ich es auch gerne erlebt. Bei mir war der Schulsport nicht so doll“ – die Laudatio. Am Miteinander von Regenbogenschule und TSV Dormagen 1920 gefiel ihr besonders, dass Leistungssportlerinnen und -sportler in den Nachmittagsunterricht der Offenen Ganztagsschule integriert werden.
Einer von ihnen ist der mehrfache Welt- und Europameister im Säbelfechten Max Hartung. Er fühlt sich der Schule besonders verbunden: „Hier habe ich zum ersten Mal gefochten.“ Heute eifern ihm zahllose Kinder in der Schule nach. Einige von ihnen werden nach dem Ganztagsende direkt mit dem Shuttle-Bus des Vereins, der an drei Schulen als Träger des Ganztags fungiert, zum Fechttraining gebracht.
Mechthild Fischer koordiniert für den TSV die Ganztagsaktivitäten, die sich im sportlichen Bereich nicht nur aufs Fechten konzentrieren, sondern unter anderem auch Handball, Schwimmen und Leichtathletik beinhalten. Sie betrachtet die gute Platzierung als „Anerkennung unserer guten Arbeit“ und freut sich darüber, dass „wir als Verein als Bildungspartner im motorischen Bereich anerkannt und geschätzt werden.“ Die Konrektorin der Regenbogenschule, Christiane Mayrhofer, ist überzeugt, dass ihre Schule durch die Kooperation mit dem TSV den Kindern noch besser näherbringen könne, dass Bewegung zum Alltag gehört. Und: „Wir können vielen Kindern Sportarten zeigen, die sie sonst möglicherweise nie kennengelernt hätten.“
Die Jury überzeugten nicht zuletzt die gemeinsame Gestaltung der Schulentwicklung hin zur Bewegten Schule, die regelmäßige und enge Zusammenarbeit der Koordinatoren von Schule und Träger, die gemeinsame Planung von Räumen, des Außengeländes, des Umbaus der Schule, beim Einsatz von Materialien. Dass ausgedehnte Angebot mit Camps und anderen Maßnahmen in allen Ferien auf den Anlagen des TSV machten das Bild rund und bescherten Schule und Vereinen neben der Ehre 3.000 Euro Preisgeld.
Otto-Schott-Gymnasium: Ganztag ist nicht der Sargnagel der Sportvereine
2.000 Euro durften das Otto-Schott-Gymnasium und die Turngemeinde 1861 e.V. Mainz-Gonsenheim als Drittplatzierte mit nach Hause nehmen. Und das nicht zuletzt, weil auch hier eine enge Verzahnung von Schule und Sportverein zum Wohle der Schülerinnen und Schüler existiert. Die Grundidee der Partner lautet: „Ermöglichung von Breiten- und Spitzensport in Anlehnung an das System der US-amerikanischen High-Schools.“ Dass dies gelingt, bestätigen zwei Beispiele.
Schülerin Sarah Schulz: „Weil Volleyball in der Schule so viel Spaß gemacht hat, habe ich mich dem Verein angeschlossen.“ Ob sie es so weit wie Mark Gumenjuk beim Volleyball-Bundesligisten TGM Mainz-Gonsenheim, bringen wird, wird die Zukunft zeigen. Mark jedenfalls startete seine Volleyball-Karriere ebenfalls im Gymnasium, spielt heute in der 2. Bundesliga und trainiert „nebenbei“ Schülerinnen und Schüler der U12-14.
Das Ganztagsgymnasium beschränkt seine Kooperation nicht allein auf die Turngemeinde, sondern sucht in Arbeitsgemeinschaften die Zusammenarbeit mit mehreren ortsnahen Vereinen. Für den Leiter des Ganztags, Leszek Lupa, steht fest: „Wenn man Schülerinnen und Schüler acht Stunden in einen Raum steckt, geht das ohne Sport und Bewegung nicht.“ Er betont zudem: „Schule und Verein schließen sich nicht aus. Sie können sich ergänzen. Der Ganztag ist sicher nicht der Sargnagel der Sportvereine.“
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