Rabauken im Millerntor. Ganztags. : Datum: Autor: Autor/in: Claudia Pittelkow

Der Hamburger FC St. Pauli steht an der Theodor-Haubach-Schule im Stadtteil Altona hoch im Kurs. Ganztagskoordinator Manfred Boelter kickt selbst in seiner Freizeit beim Zweitligisten.

Die Theodor-Haubach-Schule, eine teilgebundene Ganztagsschule im Herzen Altonas, hat rund ein Dutzend Nachmittagskurse im Angebot. Ob Leseclub, Basketball oder Mittelalter-Kurs, HipHop oder Zirkusprojekt – die kostenlosen Ganztagsangebote laufen bestens und sind, obwohl die Teilnahme freiwillig ist, allesamt gut angewählt. Teilgebundener Ganztag heißt: Für einzelne Klassenstufen oder einzelne Tage ist die Teilnahme am Ganztagsprogramm verpflichtend. Die Eltern können ihre Kinder für die Nachmittagskurse anmelden, müssen es aber nicht. Schulleiterin Dagmar Solf: „Unsere Anmeldequote liegt bei rund 95 Prozent, das ist ein sehr guter Wert.“

Vom Modell des teilgebundenen Ganztags ist die Pädagogin überzeugt. Bevor sie die Leitung der Theodor-Haubach-Schule übernommen habe, sei sie an einer gebundenen Ganztagsschule gewesen, erzählt Dagmar Solf. Einen Unterschied zu anderen Ganztagsschulformen könne sie kaum erkennen. „Auch hier verbringen die Schülerinnen und Schüler ihren Tag von 8 bis 16 Uhr an der Schule und haben dort ihren Lebensmittelpunkt.“

Fußballkooperation mit den FC St. Pauli Rabauken

Trainer mit Fußballerinnen und Fußballern
© FC St. Pauli Rabauken

Ab der 2. Klasse können die Schülerinnen und Schüler jeweils vor den Sommer- und den Weihnachtsferien ihre Lieblingskurse für ein Schulhalbjahr auswählen. Eines der Angebote erfreut sich ganz besonderer Beliebtheit – und das schon seit Jahren: der „Fußballkurs für alle“, eine Kooperation mit dem Hamburger Kiezclub FC St. Pauli.

„Fußball war für die Kinder unserer Schule schon immer ein großes Thema“, berichtet Manfred Boelter, stellvertretender Schulleiter und Ganztagskoordinator der Schule. Seit zehn Jahren unterrichtet Boelter an der Grundschule, und mindestens doppelt so lange kickt er in seiner Freizeit beim FC St. Pauli, mittlerweile in der Altherrenmannschaft. Die Schulkooperation mit dem Hamburger Zweitligisten ist für ihn eine Herzensangelegenheit – obwohl er ursprünglich die HSV-Raute dem St. Pauli-Piraten-Totenkopf vorgezogen hatte.

„Früher war ich HSV-Fan“, gesteht Boelter. „Pauli-Fan wurde ich erst, als ich nach Hamburg gezogen bin.“ Eine enge Zusammenarbeit mit dem Fußballverein bestand bereits, als er in der Theodor-Haubach-Schule anfing. Damals hieß das Pionierprojekt schlicht „Fußball mit dem FC St. Pauli“. Seit 2013 besteht die Kooperation mit den „Rabauken“, der Dachmarke des Vereins, die neben Schulkooperationen noch Kinder-Clubs und Fußballschulen anbieten oder Kindergeburtstage und Stadionbesuche organisieren. Als erster Profi-Fußballverein hat der FC St. Pauli sogar eine Kita in sein Stadion Millerntor integriert. Träger der Kita „Piraten-Nest“ ist die Pestalozzi-Stiftung, die auch die Ganztagsbetreuung der Grundschulen Alte Forst, Altrahlstedt, GTS Fahrenkrön und Grumbrechtstraße übernommen hat.

Fußballnachwuchs für das Millerntor

Oguz Güclü ist bei den „Rabauken“ für die Schulkooperationen zuständig. Mit 45 Schulen arbeitet der St. Paulianer zurzeit zusammen, das sind rund 800 Schülerinnen und Schüler pro Woche. Organisatorisch läuft das so: Erfahrene Trainer mit DFB-Lizenz holen die Kinder von den Schulen ab und bringen sie zu Fuß, mit dem öffentlichen Nahverkehr oder manchmal sogar mit dem Taxi zum Fußballplatz. Von der Theodor-Haubach-Schule nehmen im aktuellen Schuljahr 30 Schüler und Schülerinnen am Fußball-Kurs teil.

Oguz Güclü
Oguz Güclü ist bei den FC St. Pauli „Rabauken“ für die Schulkooperationen zuständig. © Claudia Pittelkow

„Früher waren das auch schon mal 45 und mehr“, erinnert sich Manfred Boelter. Die kleinen Nachwuchs-Fußballer von der Theodor-Haubach-Schule trainieren gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern aus drei umliegenden Schulen, der Grundschule Rothestraße, Bahrenfelder Straße und der Louise-Schröder-Schule. Der Betreuungsschlüssel liegt bei 1:15, also bei jeweils einem Trainer für 15 Kinder.  Trainiert wird an sechs Spielstationen, und es gibt unterschiedliche Leistungsniveaus. Oguz Güclü: „Das Wichtigste ist, dass die Kinder Spaß haben!“

In der ersten Zeit werde noch im Klassenverbund gespielt, später schulübergreifend. Und wie ist das Geschlechterverhältnis im „Fußballkurs für alle“? Boelter: „Die Jungs sind eindeutig in der Überzahl, aber immer wieder sind auch einige Mädchen dabei.“ Das ist offenbar hamburgweit ähnlich. Güclü: „Manchen Mädchen ist der Sport zu rau, manche mögen nicht bei Regen spielen. Zwei Mädchen sind gerade abgesprungen, weil das Wetter so schlecht war.“ Doch seien Mädchen nicht zimperlich. So gebe es zwar reine Mädchengruppen bei den „Rabauken“, berichtet Güclü. „Aber häufig wollen die Mädchen das gar nicht, sondern lieber gemeinsam mit Jungen spielen.“

Blick über das Schulgelände hinaus

Das im Schuljahr 2013/2014 gestartete Programm wird inzwischen an 41 Grund- und weiterführenden Schulen in Niendorf, Altona, Blankenese, Barmbek, Lurup, Hamm, Schnelsen, Winterhude und Eppendorf angeboten. Sie werden von rund 120 lizensierten Jugendtrainern begleitet. Wenn mal einer wegen Krankheit ausfällt, ist immer ein Ersatz zur Stelle. Darüber hinaus bietet der FC St. Pauli auch eine außerschulische Wettbewerbsbetreuung im Rahmen der Schulzeit und organisiert zusätzliche Veranstaltungen im Rahmen der Ferien und der Kurskernzeit.

„Die Trainer fahren sogar mit zu den Turnieren, das kann ein normaler Sportlehrer natürlich nicht leisten“, so Boelter. Der Fußballzweitligist legt Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit den örtlichen Sportvereinen. Güclü: „Wenn Kinder gut spielen, empfehlen wir ihnen, einem Sportverein beizutreten.“ Allerdings gebe es kaum mehr freie Plätze in den Vereinsmannschaften. In der Schule ist der Fußballkurs nicht nur bei den Schülerinnen und Schülern sehr gefragt – auch die Eltern unterstützen das Angebot. So holen sie beispielsweise ihre Kinder nach dem Training vom Sportplatz ab.

Dagmar Solf und Manfred Boelter
Schulleiterin Dagmar Solf und Stellvertreter Manfred Boelter, der selbst beim FC St. Pauli spielt. © Theodor-Haubach-Schule

Für Schulleiterin Dagmar Solf ist das Engagement des Clubs ein Beispiel für die Öffnung der Schule nach außen: „Das Fußballtraining ermöglicht den Kindern einen Blick über das Schulgelände hinaus in den Stadtteil hinein. Schulkooperationen, die Einrichtungen aus dem Stadtteil einbinden, sind deshalb sehr gewinnbringend.“ Fußball ist nur eines von mehreren Angeboten mit außerschulischen Kooperationspartnern. Die Theodor-Haubach-Schule arbeitet auch noch mit dem Haus Drei, dem ATV, Altona 93, der Jugendmusikschule und der Zirkusschule Rotznasen zusammen.

Schulkooperationen auf den Hamburger Süden ausweiten

Für das Jahr 2018 gibt es große Pläne, sowohl für die „Rabauken“ vom FC St. Pauli als auch für die Theodor-Haubach-Schule. Die aktuell noch dreizügige Grundschule steht vor einer erheblichen Erweiterung. Grund hierfür sind städtebauliche Maßnahmen im direkten Umfeld der Schule: Die benachbarte Holsten-Brauerei wird abgerissen, was Raum für ein neues Wohnquartier schafft, das sogenannte Holsten-Quartier. Außerdem entsteht derzeit in unmittelbarer Nähe ein weiteres Wohnquartier, die Mitte Altona. Schon jetzt ziehen viele neue Familien mit Kindern in den Stadtteil.

Dagmar Solf: „Perspektivisch wird unsere Schule siebenzügig!“ Dafür bekommt die Schule einen Erweiterungsbau und eine neue Turnhalle. Ein Teil des Areals der Holsten-Brauerei wird für die Erweiterung der Schule genutzt werden. Die sogenannte Phase 0, in der das pädagogische Konzept geplant wird, beginnt in diesem Jahr. Die Brauerei zieht 2019 nach Harburg – übrigens genau dahin, wo auch die „Rabauken“ Fuß fassen wollen. „Wir möchten die Schulkooperationen gerne auf den Hamburger Süden ausweiten“, sagt Oguz Güclü, „dort gibt es nämlich noch keine.“

Kategorien: Service - Kurzmeldungen

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