Hans-Tilkowski-Schule: Sport und Soziales eng verwoben : Datum: Autor: Autor/in: Martina Kefer
Mit Bedacht hat sich die Herner Hauptschule an der Neustraße vor einigen Jahren in Hans-Tilkowski-Schule umbenannt. Sie wurde mit dem Deutschen Schulsportpreis ausgezeichnet.
Bei der Preisverleihung in Berlin mit vor Ort: der ehemalige Fußball-Nationaltorwart Hans Tilkowski (Vize-Weltmeister 1966). Dass "seine" Schule es nach ganz oben auf das Siegertreppchen schaffte, hat ihn sehr gefreut und gerührt. "Ich bin froh und dankbar, dass ich der Namensgebung der Schule zugestimmt habe und hoffe, dass wir weiterhin gut zusammenarbeiten", sagte der 76-Jährige.
Natürlich steht Fußball bei den Jungs der Hans-Tilkowski-Schule hoch im Kurs und auch für Mädchen gibt es eine Fußball-AG. Aber damit allein lässt sich längst noch kein Preis gewinnen. Überzeugt hat das tägliche vielfältige Bewegungsangebot - und wie es gemanagt wird. Nicht nur im Sportunterricht oder in den AGs können die Schülerinnen und Schüler in der Turnhalle gezielt ihren ganzen Körper einsetzen. Auch in den großen Pausen können sie sich dort austoben. Unter Anleitung von Mitschülern, die sich im Rahmen des Ganztagsangebotes in 35 Unterrichtseinheiten zu Sporthelfern haben ausbilden lassen.
Sporthelfer: Schülerinnen und Schüler übernehmen Verantwortung
Dabei werden Schülerinnen und Schüler ab der 8. Jahrgangsstufe dazu befähigt, selbstständig Gruppen im außerunterrichtlichen Schulsport zu leiten. Sie lernen, Sportangebote für die ihnen anvertrauten Gruppen zu organisieren und unter Berücksichtigung der Sicherheit im Schulsport zu betreuen. Auch ein Erste-Hilfe-Kurs steht mit auf dem Programm. "Verantwortung übernehmen zählt bei uns zu den Schlüsselqualifikationen", betont Schulleiter Rainer Ruth. Ihr Sporthelfer-Engagement bekommen die Jungen und Mädchen dann auch auf einem Beiblatt zum Zeugnis bescheinigt. Ein Nachweis, der sich bei der Suche nach einem Praktikum oder einem Ausbildungsplatz wirkungsvoll einsetzen lässt.
Seitdem die Hans-Tilkowski-Schule 2007/08 im Rahmen der Umgestaltung zum erweiterten gebundenen Ganztag auch baulich verändert wurde, lassen Räume und Plätze sowie die Ausstattung mit Sport- und Spielgeräten kaum noch Wünsche offen. Da gibt es beispielsweise in dem rund 100 Jahre alten Gebäude den neu eingerichteten Fitnessraum. Dorthin zieht es vor allem die Jungs. An Fahrradtrainern, Rudermaschinen und anderen Geräten trainieren sie begeistert Kraft und Ausdauer. "Und dabei war die Ausstattung noch nicht einmal kostenintensiv", freut sich Schulleiter Ruth. Nach einem Spendenaufruf hatte die Schule quasi die Qual der Wahl. Ruth: "Sie glauben ja gar nicht, wie viele ausrangierte Fitnessgeräte in Herner Haushalten nur darauf warten, abgeholt zu werden." Und das gilt sicher nicht nur für Herne.
Kooperationen mit Sportvereinen und Unternehmen
Während dort bevorzugt Jungs ihre Kräfte messen oder an der großen Boulderwand in der Sporthalle beim Seitwärtsklettern ihre Geschicklichkeit erproben, stehen bei den Mädels zurzeit traditionelle Spiele hoch im Kurs: Sie halten sich mit Gummitwist und Seilspringen auf dem Schulhof fit. Auch bei Regen, denn der Schulhof ist teilweise überdacht. Aber auch Schwimmen, HipHop, Tanzen, Tischtennis, Basketball drinnen und draußen oder "Zombie" - ein Spiel mit Softball und Sitzbällen, das sich die Schüler selbst ausgedacht haben - und viele weitere Angebote lassen beim Sportangebot der Hauptschule keine Wünsche offen. Dazu tragen die Kooperationen mit dem Herner Turnclub 1880 und dem Verein Westfalia Herne wesentlich bei. Und genügend Fachpersonal gibt es im 25-köpfigen Kollegium der Hans-Tilkowski-Schule auch: Drei Männer und drei Frauen sind ausgebildete Sportlehrer.
Fürs körperliche Wohlbefinden sorgt in der Hans-Tilkowski-Schule neben Bewegung auch das gemeinsame Mittagessen. Ruth: "Bei uns gehen alle Kinder in die Mensa." Und da wird frisch gekocht - zu einem unschlagbaren Preis: Für nur einen Euro erhalten die Schüler eine komplette gesunde Mahlzeit. Möglich macht dies unter anderem eine Kooperationsvereinbarung mit der Bäckerei Brinker.
Individuelle Förderung
Aufbauend auf einem gesunden Körper verfolgt das Konzept im gebundenen Ganztag der Hans-Tilkowski-Schule weitere große Ziele: Sie will verbesserte Bildungs- und Abschlusschancen durch individuelle Förderung der Stärken und durch den Ausgleich von Lernrückständen insbesondere von lernschwächeren Schülerinnen und Schülern schaffen. Soziale Benachteiligungen sollen ausgeglichen, die Chancen beim Übergang in Ausbildung und Beruf nach Abschluss der Sekundarstufe 1 verbessert werden. Kleine Lerngruppen, intensivierte Förderungen und Ergänzungsstunden in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch sowie eine kontinuierliche Unterstützung durch Berufseinstiegsbegleiter der Bundesagentur für Arbeit künden davon. Vieles davon wurde schon erreicht. "Der Ruf der Schule hat deutlich an Akzeptanz gewonnen", stapelt Ruth tief. Eine Tatsache ist: Von ehemals acht Hauptschulen in Herne ist neben der Hans-Tilkowski-Schule nur noch eine übrig geblieben. Sie kann zwei Eingangsklassen stemmen.
Soziales Engagement
Und ihr Namensgeber Hans Tilkowski, der sich nach seiner Fußballkarriere stets sozial sehr engagiert hat - er ist beispielsweise Botschafter des Friedensdorfes in Oberhausen, einer Organisation, die Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten hilft -, ist dort nicht nur Vorbild, er bringt sich auch aktiv ein. Der Austausch zwischen ihm und Schulleiter Rainer Ruth ist "eng und freundschaftlich". So feilen die beiden Männer derzeit an einem Konzept, bei dem es darum geht, Schülerinnen und Schüler für soziale Leistungen zu belohnen. Beispielsweise will der Ex-Kicker und Träger des Bundesverdienstkreuzes besonders engagierte Jugendliche mit zu Länderspielen nehmen. Vor allem im Blick: Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. Und davon gibt es in Herne viele: Rund 25 verschiedene Nationalitäten sind vertreten. "Pro Jahr kommen etwa 40 Schüler aus dem Ausland zu uns. Sie lernen in Vorbereitungsklassen zunächst einmal zwei Jahre lang die deutsche Sprache", erklärt Ruth.
Dabei hilft Hubert Haarmann, ebenfalls ein Vorbild in Sachen soziales Engagement. Der frühpensionierte Ingenieur fand über SES (Senior Experten Service), einen ehrenamtlichen Dienst der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit, an die Hauptschule. Seit 2008 unterstützt er inzwischen die Arbeit in der Förderklasse, besonders die Verbesserung der Sprach- und Lesekompetenz. "Meine Schüler kommen aus den verschiedensten Ländern wie der Türkei, Polen, Bulgarien, Spanien, Italien oder auch aus Afrika (Guinea). Da der Wissenstand der einzelnen Schüler sehr unterschiedlich ist, versuche ich auf jeden einzelnen Schüler individuell einzugehen", sagt Haarmann. Seine Motivation erklärt er mit einem Wilhelm-Busch-Zitat: "Und so lautet der Beschluss, dass der Mensch was lernen muss."
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