Saale-Orla-Kreis: Über 80 Prozent der Kinder im Ganztag : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg
Im thüringischen Saale-Orla-Kreis finden sich bemerkenswert viele Ganztagsschulen. Landrat Thomas Fügmann berichtet von den Leistungen, Herausforderungen und Plänen in seiner Kommune.
Online-Redaktion: Herr Landrat Fügmann, wie stellt sich die schulische Situation im Saale-Orla-Kreis derzeit dar?
Thomas Fügmann: Es gibt 39 Schulen, davon 19 Grundschulen. Die Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, alle Schulabschlüsse im Saale-Orla-Kreis zu erreichen. Die Dichte von Schulen mit ganztägiger Betreuung ist in unserem Landkreis hoch. Das hängt auch damit zusammen, dass die Eltern die Ganztagsbildungseinrichtungen schon im Vorschulbereich intensiv nutzen. Im vergangenen Jahr haben über 90 Prozent der Kinder im Vorschulbereich eine ganztägige Einrichtung besucht.
Das setzt sich dann im Grundschulbereich fort, wo über 80 Prozent der Kinder die Ganztagsbetreuung annehmen – die für mehr als zehn Stunden am Tag verfügbar ist. Wir sehen hier eine Weiterentwicklung, denn vor zehn Jahren lagen wir nur bei rund 70 Prozent Ganztagsbetreuung. Die Zahlen steigen, obwohl die Schülerzahlen insgesamt stagnieren. Es ist die Qualität des flächendeckenden Angebots, das die Eltern überzeugt.
Online-Redaktion: Wie sieht es in den weiterführenden Schulen aus?
Fügmann: Mein Vorgänger im Amt und ich sind immer bemüht gewesen, ganztägige Angebote auch in den weiterführenden Schulen – bei den Regelschulen, aber auch bei den Gymnasien – bereitzuhalten. Da gibt es einige Schulen, die sich dieser Aufgabe stellen, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Als Landkreis unterstützen wir die Schulen gerne bei ihren Vorstellungen und Vorhaben und schaffen die sachlichen Voraussetzungen, denn die ganztägige Betreuung muss natürlich auch in Räumlichkeiten stattfinden, die dafür geeignet sind.
Online-Redaktion: Hat der Landkreis auch personell etwas angestoßen?
Fügmann: Wir haben zusätzlich zu dem seit diesem Schuljahr bestehenden Landesprogramm der Schulsozialarbeit unser eigenes Schulsozialarbeitprogramm kreislich organisiert und finanziert, was ein gewisses Alleinstellungsmerkmal ist. Jede Schule kann in einem gewissen Umfang nun Schulsozialarbeit anbieten, die dann auch der ganztägigen Betreuung zugute kommt.
Online-Redaktion: Können Sie den Bedarf an Ganztagsangeboten decken?
Fügmann: Wir sind an unseren finanziellen Grenzen angekommen. Eine Erweiterung, wie sie durchaus gewünscht wird, können wir derzeit nicht leisten, weil die Mittel des Kreises erschöpft sind.
Auf allen Ebenen – Kommune, Land oder Bund – betonen die Politikerinnen und Politiker, wie gut und wichtig und richtig Ganztagsschulen sind. Wenn man hier erfolgreich sein will, müssen dann meiner Ansicht nach aber auch alle diese Ebenen eine unterstützende Leistung bringen. Nur zu sagen „Wir sind dafür“, aber am Ende hat der Schulträger – und das sind nun mal oft die Kommunen – die alleinige finanzielle Verantwortung, so wird das nichts. Fest steht nämlich auf jeden Fall: Ganztagsschulen sind teure Schulen.
Online-Redaktion: Was hebt Ihren Landkreis noch von anderen ab?
Fügmann: Wir haben die Schuleinzugsbereiche freigegeben. Die Eltern können sich ihre Schule frei auswählen. Dadurch entsteht ein Stück Wettbewerb unter den Schulen, der bereits dazu geführt hat, dass sich die Schulen individueller auf ihre eigenen Stärken besinnen. Ich denke, dass das die Motivation unterstützt, entsprechend den Möglichkeiten vor Ort eine eigene Schulentwicklung zu gestalten.
Online-Redaktion: Auf dem diesjährigen Ganztagsschulkongress in Berlin wurde wieder die Diskussion geführt, ob Kommunen nicht mehr Mitsprache in schulischen Belangen erhalten sollten. Welche Position nehmen Sie in dieser Debatte ein?
Fügmann: Diese alte Diskussion kann ich kaum nachvollziehen. Ich komme als Mathematik- und Physiklehrer selber aus dem pädagogischen Bereich und habe über zehn Jahre lang ein staatliches Schulamt geleitet, weiß also, wovon geredet wird. Ich finde, dass die schulische Entwicklung in der Schule selbst gesteuert werden sollte, möglichst ohne Einmischung von außen. Dass die Kommune da unterstützend wirken kann, ist klar. Aber sie sollte sich nicht inhaltlich einmischen.
Online-Redaktion: Welche Herausforderungen oder Pläne stellen sich in diesem Jahr im Saale-Orla-Kreis?
Fügmann: Es steht eine Riesenherausforderung an. In Bad Lobenstein möchte ich ein Schulzentrum etablieren, bei dem die ganztägige Betreuung im Vordergrund steht. Dieses Projekt ist mit sieben Millionen Euro veranschlagt. Derzeit laufen die Planungen, und ich bin sehr optimistisch, dass diese im Sommer abgeschlossen sind, sodass wir im Herbst mit den ersten Bauschritten starten können.
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