„Ganz klar für ganztägige Bildung“ : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg
Kommunen sind Impulsgeber beim Ausbau von Ganztagsangeboten. Landrätin Peggy Greiser sieht ihren Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Thüringen in mancher Hinsicht als „echten Vorzeigelandkreis“.
Online-Redaktion: Frau Greiser, wie sieht die Schullandschaft in Ihrem Landkreis Schmalkalden-Meiningen aus?
Peggy Greiser: Es gibt bei uns 24 Grundschulen, zwölf Regelschulen, zwei Gemeinschaftsschulen, vier Gymnasien, vier Förderschulen, vier freie Schulen und vier Berufsschulen. Im Schuljahr 2018/2019 besuchten rund 13.000 Schülerinnen und Schüler die Schulen. Die Schülerzahlen steigen wieder leicht, und ich hoffe, dass diese sich innerhalb der kommenden fünf Jahre auf einem Niveau einpendeln, das dann Bestand haben wird. Die Zahlen von vor 30 Jahren werden wir aber nicht wieder erreichen.
Online-Redaktion: Dazu gehören auch Ganztagsschulen?
Greiser: Die Ganztagsbetreuung wird in den Grundschulen durch die Horte vollends abgesichert. Und unsere beiden Gemeinschaftsschulen, die Gemeinschaftsschule Grabfeld in Bibra und die Gemeinschaftsschule Trusetal, bieten auch in der Sekundarstufe ein richtig gutes Angebot mit ihrem teilgebundenen Ganztag. Dort kann der Tag ganztägig rhythmisiert werden und Lerneinheiten teilweise auch am Nachmittag stattfinden.
Dabei stellt sich eine Herausforderung: Wir sind ein Flächenlandkreis, und so hängt bei uns das Schulende ganz eng mit der Schülerbeförderung durch die Busse zusammen und muss sich nach deren Abfahrtszeiten richten, damit wir die Kinder und Jugendlichen auch alle wieder an ihre Heimatorte bringen können.
Online-Redaktion: Grundschulen haben in Thüringen traditionell Schulhorte – wer ist da Träger?
Greiser: Die Horte sind landesorganisiert. Vor eineinhalb Jahren gab es den Betriebsübergang von der kommunalen Trägerschaft zurück in die des Landes Thüringen. Ich persönlich sehe das als großen Gewinn, weil dadurch beide pädagogischen Professionen – Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher – denselben Arbeitgeber haben und organisatorisch besser zusammenarbeiten können.
Online-Redaktion: Wie erleben Sie die Elternnachfrage nach ganztägigen Angeboten?
Greiser: Im Grundschulbereich wird der Ganztag gut angenommen, mit zunehmendem Alter der Schülerinnen und Schüler nimmt der Bedarf ab, und die Jugendlichen nehmen Angebote am Nachmittag in Sportvereinen oder Musikschulen wahr. Wir merken aber auch, dass das Interesse von Eltern, ihre Kinder an Gemeinschaftsschulen unterrichten zu lassen, wächst. Ich wäre froh, wenn sich noch mehr Schulen in meinem Landkreis für dieses gute Konzept entscheiden könnten. Bei momentan nur zwei Gemeinschaftsschulen ist der Beförderungsaufwand teilweise entsprechend hoch.
Online-Redaktion: Und wie engagieren Sie sich als Schulträger?
Greiser: Das Raumkonzept für Gemeinschaftsschulen ist in Thüringen ein anderes als an den anderen Regelschulen. Wir bemühen uns, dieses Raumkonzept zu erfüllen. Insgesamt stehen wir sehr gut da, was die Gebäude, ihre Ausstattung, die IT-Ausstattung und auch die energetische Sanierung betrifft. 13 Schulen sind noch nicht saniert, daran arbeiten wir, und drei werden gerade saniert – und dabei werden IT und energetische Aspekte immer berücksichtigt, was Dämmung und Strom- und Wärmegewinnung betrifft. Es gibt Pelletheizungen, und auf vielen Schulen haben wir Solaranlagen auf die Dächer gesetzt. Da kann ich schon mit Stolz sagen, dass wir da recht weit sind.
Wir beteiligen uns auch am Digitalpakt, sind da bereits in Teil drei. Es gibt Whiteboards, wir setzen nun aber auf iPad-Klassen. Dieses Jahr haben sich zehn weitere Schulen für die iPad-Klassen beworben. In diesem Bereich sind wir ein echter Vorzeigelandkreis, da schauen einige ganz neidvoll auf uns.
Online-Redaktion: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Land?
Greiser: Ich sitze in der Arbeitsgruppe Bildung der Landesregierung. Wir haben dort als Kommune die Möglichkeit gehabt, das neue Bildungsgesetz zu erörtern und zu reflektieren. Was zu den Schulformen, Schul- und Klassengrößen vereinbart worden ist, hat natürlich Auswirkungen auf unsere Bildungslandschaft. Wir stehen aber auch sonst in einer engen Verbindung. Ich habe erst vor zwei Tagen mit dem Bildungsminister telefoniert. Es laufen gerade Gespräche mit dem Land, den Kammern und anderen Kommunen über die neue Berufsschulgesetzgebung, die wir für 2022 erwarten. Gemeinsam mit den Kammern unterhalten wir die Jugend-Unternehmerwerkstätten, wo wir auch mit Hilfe von Vereinen Ganztagsangebote geschaffen haben. Seit Anfang 2019 gibt es in unserem Landkreis außerdem die Jugendberufsagentur der Bundesagentur für Arbeit.
Online-Redaktion: Stehen Sie auch mit den Schulen in Kontakt?
Greiser: Wir führen regelmäßig Dienstberatungen mit den Schulleiterinnen und Schulleitern durch. Da geht es zum Beispiel um Theaterbesuche, Berufsorientierung und naturwissenschaftliche Ausbildungen. Wir haben selbst eine Evaluation durchgeführt, um den Bedarf von Schulsozialarbeit an den einzelnen Schulstandorten zu ermitteln. Vom Land gibt es eine Fördermöglichkeit für den Einsatz von Schulsozialarbeitern, die wir nutzen.
Online-Redaktion: Welche Wünsche haben Sie für die Bildung in Ihrem Landkreis?
Greiser: Ich bin ganz klar für die ganztägige Bildung. Ich würde mir daher wünschen, dass wir über mehr Gemeinschaftsschulen das längere gemeinsame Lernen noch stärker organisieren. Da spreche ich vom Zeitraum der Grundschule bis zur Mittleren Reife oder zumindest von der 5. Klasse bis zum Gymnasium, sodass die Entscheidung eines jungen Menschen, ob er sich auf den Weg zur Mittleren Reife oder zum Abitur aufmacht, nicht schon in der 4. Klasse erfolgen muss. Ich vertrete gegenüber dem Land aber auch meine Meinung, dass es in Sachen Ganztag stringentere Strukturen braucht.
Online-Redaktion: Vielen Dank für das Interview!
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