Dresden: Ganztagsangebot im bewährten Schulsystem : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke
Kommunen sind Impulsgeber beim Ausbau von Ganztagsangeboten. Die Landeshauptstadt Dresden lässt sich Bildung viel kosten und sei „vorbildlich“ aufgestellt, so Bildungsbürgermeister Jan Donhauser im Interview.
Online-Redaktion: Sie sind Bildungsbürgermeister der Landeshauptstadt. Wie würden Sie die Dresdner Schullandschaft knapp beschreiben?
Jan Donhauser: Vorbildlich. Was nicht heißt, alles ist perfekt. Es liegt noch eine Menge Arbeit vor uns. In den vergangenen sieben Jahren konnten wir über 800 Millionen Euro in den Schulhausbau investieren. Bis 2032 benötige ich immerhin eine weitere Milliarde Euro, um alle circa 150 Schulen auf den Stand der Zeit gebracht zu haben.
Online-Redaktion: Sie waren selbst lange Lehrer und Schulleiter und anschließend im Kultusministerium tätig. Wie hat das Ihren Blick auf die Schulentwicklung beeinflusst?
Donhauser: Es hatte den großen Vorteil, aus verschiedenen Perspektiven Schulentwicklung mitzugestalten – in der Schule ganz konkret mit den unmittelbaren Konsequenzen und auch mit der Möglichkeit, schnell Korrekturen herbeizuführen. Im Ministerium habe ich wiederum die Möglichkeit, schulpolitische Richtungsentscheidungen mit vorzubereiten. Andererseits ist erfolgreiche Bildungspolitik nicht möglich, ohne die Schulen auf dem Weg mitzunehmen. Beides sind Erfahrungen, die mir heute sehr helfen.
Online-Redaktion: Sachsen hat zahlenmäßig Ganztagsangebote in Schulen und Teilnahmezahlen, von denen andere Bundesländer träumen. Gilt das auch für Dresden?
Donhauser: Ja, das gilt auch für Dresden und über alle Schularten hinweg. Traditionell trifft dies besonders für unsere Grund- und Förderschulen mit dem flächendeckenden Hortangebot zu. Aber auch die weiterführenden Schularten haben in den vergangenen Jahren enorme Sprünge nach vorn gemacht. Dazu kommen natürlich auch die vielen Schulen in freier Trägerschaft.
Online-Redaktion: Welche Bedeutung haben Ganztagsangebote?
Donhauser: Die zweifellos hohe Bedeutung eines Ganztagsangebotes ist sicherlich vergleichbar mit allen anderen Kommunen in Deutschland: Sie bieten Kindern und Jugendlichen, vor allem aus Familien, die sich nicht die notwendige Zeit nehmen können oder wollen, die Chance für ihren Bildungserfolg. Im öffentlichen Schulbereich setzen wir auf das bewährte sächsische Schulsystem mit seinen Schularten. Dazu kommen neu die Gemeinschaftsschulen. Als erste sächsische Kommune haben wir seit Schuljahresbeginn 2022 zwei Schulen am Netz, das heißt: wir halten sowohl am Bewährten fest, gehen aber auch neue Wege und reagieren damit auf Bedarfe bei unseren Dresdnern.
Online-Redaktion: Wie wichtig ist für Sie Bildungsgerechtigkeit?
Donhauser: Bildungsgerechtigkeit ist zuallererst eine Frage der Haltung. Und die muss unbestritten vorhanden sein. Wenn nicht, wären Verantwortungsträger in meiner Position fehl am Platz. In Dresden versuchen wir mit Hilfe unserer Bildungsstrategie, die die Bereiche Kita, Schulen und Jugendhilfe umfasst, die Bildungseinrichtungen zu unterstützen und das in enger Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium. Hier müssen wir dranbleiben und auch dafür sorgen, die notwendigen Haushaltsmittel dauerhaft zu sichern. Die größten Herausforderungen derzeit sind in Dresden die Einrichtungen, die in Stadtteilen mit besonderen sozialen Einflüssen konfrontiert sind. Ein Ansatz, den wir in den kommenden Jahren noch verstärkter in den Fokus nehmen, ist die Einbeziehung der Eltern, denen es nicht so leicht gelingt, ihre Kinder beim Lernen zu unterstützen.
Online-Redaktion: Dresden ist als Kulturstadt weltberühmt. Welchen Stellenwert hat die kulturelle Bildung in den Schulen?
Donhauser: Das Angebot, Kultur und Schule zu verbinden, ist in unserer Stadt nicht nur sehr hoch, sondern auch sehr breit aufgestellt. Fast alle Schulen nutzen zum Beispiel das Theater Junge Generation, für Besuche und Kooperationsprojekte und auch für die Vermittlung von Lehrplaninhalten. Ebenso werden die Dresdner Schulkonzerte mit ihrer über 100-jährigen Tradition sehr gut angenommen. Es würde zu weit führen, alles aufzuzählen, das wäre ein extra Interview wert. Aber kulturelle Bildung ist ein fester Bestandteil der Dresdner Schulen, auch im Ganztagsangebot.
Online-Redaktion: Welchen Bedarf hat Dresden im Schulbau?
Donhauser: Den finanziellen Bedarf nannte ich schon. Es gibt aber auch den Bedarf an pädagogischen und klimaneutralen Innovationen im Schulhausbau. Im pädagogischen Sinne wollen wir überall, wo es möglich ist, weg von der Flurschule hin zur Clusterschule oder zumindest zu Lösungen in dieser Richtung. Bei der Klimaneutralität sind für uns Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, hybride Bauweise, Gründächer und Photovoltaikanlagen entscheidende Stichwörter.
Online-Redaktion: Bei der sächsischen Schulbaukonferenz ging es auch um kreative Nutzungskonzepte, wie in Chemnitz, wo eine ehemalige Fabrik zur Schule wurde. Wie sieht es in Dresden aus?
Donhauser: Mit solchen Beispielen haben wir uns in Dresden noch nicht befasst. Was die Nutzung der Schulen über den Unterricht hinaus angeht, haben wir jedoch zur Öffnung von Schulen bereits mehrere Prozesse angeschoben. Das wird aber nur gelingen, wenn wir die Schulgemeinschaften auf den Weg der Öffnung mitnehmen. Ohne die Akzeptanz der Schulen dafür würden wir scheitern.
Online-Redaktion: Vielen Dank für das Interview!
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