Schülerinnen und Schüler durch Kultur im Ganztag stärken : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke
Kulturelle Bildung wird in Bamberg großgeschrieben. Der KS:BAM, Teil des bayerischen Netzwerks „Kommunen für Kulturelle Bildung“, unterstützt Schulen bei der Einrichtung von Kultur.Klassen. Koordinatorin Anja Hofmann im Interview.
Online-Redaktion: Der Name KS:BAM wirkt geheimnisvoll. Was verbirgt sich dahinter?
Anja Hofmann: Dann ist der Name gut gewählt. KS:BAM ist die Abkürzung für Kultur.Service Bamberg für Schulen und Kitas. So heißt unsere Bildungsinitiative und Koordinierungsstelle der Stadt und des Landkreises Bamberg zur Unterstützung der Kulturellen Bildung in Kitas und Schulen. Sie wurde 2007 ins Leben gerufen. Damals hatte unser damaliger Bürgermeister an der Vorstellung einer ähnlichen Initiative in München teilgenommen. Diese hatte der Kunst- und Kulturpädagoge Wolfgang Zacharias angestoßen. Es blieb nicht bei der Begeisterung. Den Wunsch des Bürgermeisters, einen Kultur.Service auch in unserer Stadt Bamberg zu etablieren, konnten die politischen Gremien nicht verneinen.
Online-Redaktion: Welchen Auftrag hat der Kultur.Service heute?
Hofmann: Es ging und geht darum, Kulturelle Bildung als festen Bestandteil des Bildungsbegriffes zu verankern. Das aber gelingt nur, wenn wir Kitas und Schulen mit Pädagogischen Fach- und Lehrkräften, Kindern und Jugendlichen, aber dadurch auch Eltern die Erfahrung ermöglichen, was Kultur im weiteren Sinne leistet, für jede Einzelne und jeden Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft insgesamt. Konkret lautet unser Auftrag, Bildungseinrichtungen und junge Menschen zueinander zu bringen. Natürlich bedeutet Bildung lebenslanges Lernen. Doch wir konzentrieren uns auf Kitas und Schulen. Entsprechend sind wir personell und finanziell aufgestellt.
Online-Redaktion: Verraten Sie uns doch ein wenig über die Startphase.
Hofmann: Damals war ich selbst noch nicht in der Servicestelle aktiv. Aber ich weiß, dass meine Kollegin Nicole Uthe-Schlosser wahre Gründungsarbeit vollbracht hat. Sie ist mit allen Kitas und Schulen, insgesamt sind es heute über 200, persönlich in Kontakt getreten und hat das Vorhaben vorgestellt. Sie erläuterte, was sich hinter dem Begriff „Kulturelle Bildung“ verbirgt, hat Fragen beantwortet und angeboten, diejenigen zu unterstützen, die in ihrer Bildungseinrichtung diesem Bildungsauftrag mehr Beachtung schenken wollen. Dabei war uns von Beginn an wichtig, dass es nicht darum gehen kann, nur mal punktuell ein Theater oder Museum zu besuchen und dann kommt erst mal nichts mehr. Wir möchten Kultur nachhaltig verankern.
Online-Redaktion: Warum halten Sie das für so wichtig?
Hofmann: Kulturelle Bildung trägt dazu bei, Kinder und Jugendliche in ihrer persönlichen Entwicklung zu stärken. Auch Schülerinnen und Schüler, die vielleicht in den herkömmlichen Fächern nicht so leistungsstark sind, entdecken auf einmal Stärken und Fähigkeiten, die sie sich selbst, die aber auch andere ihnen vielleicht gar nicht zugetraut hätten. In der Kultur können sie sich weitaus freier als im regulären Unterricht bewegen und agieren, hier können sie kreativer und fantasievoller sein.
Online-Redaktion: Auch wenn die Ergebnisse benotet werden?
Hofmann: Noten spielen für uns in der Kulturellen Bildung keine Rolle. Kulturelle Bildungsprojekte im Allgemeinen, auch wenn sie im Unterricht integriert sind, wie es bei den Kultur.Klassen der Fall ist, sollen den Fokus auf das Tun, die Kreativität, den Prozess, die freie Entfaltung legen, weniger auf das Ergebnis und schon gar nicht auf Noten. Mehr Möglichkeit bieten da natürlich auch AGs oder der Ganztag. Wir sind überzeugt, dass sich die Freude und auch der Spaß an der gemeinsamen Gestaltung auch auf den übrigen Lernalltag auswirken. Dabei können die Projekte in den unterschiedlichsten Kultursparten angesiedelt sein: Bildende oder Darstellende Künste, Musik, Literatur, Medien, Spiel, aber auch künstlerische Konzepte für die Förderung sozialer Stärken, etwa Teambildung, oder für das Natur- und Umweltbewusstsein, Stichwort Bildung für nachhaltige Entwicklung. Insgesamt geht es darum, in die Kultur einzutauchen, sich ihr zu öffnen, verschiedene Techniken kennenzulernen etc., und nicht nur um ein einmaliges Erlebnis.
Online-Redaktion: Was bieten Sie Kitas und Schulen an?
Hofmann: Unser größtes Aushängeschild sind mit Sicherheit die sogenannten Kultur.Klassen. Einrichtungen können sich alle vier Jahre bei uns für eine Teilnahme bewerben. 50 Kultur.Klassen können wir aufnehmen. Doch die Zahl der Interessierten ist weit größer. Die teilnehmenden Bildungseinrichtungen müssen selbst einen kleinen finanziellen Beitrag leisten. Wir übernehmen die gesamte Organisation. Wir vermitteln die gewünschten außerschulischen Partnerinnen und Partner, schließen Verträge ab, kümmern uns ums Finanzielle und unterstützen und beraten begleitend. Inzwischen verfügen wir über ein enormes Netzwerk an Kulturakteurinnen und -akteure, vor allem auch aus der freien Szene.
Die Schulen oder Kitas richten dann sogenannte Kultur.Klassen ein. Diese widmen sich in insgesamt 20 Doppelstunden pro Schuljahr kulturellen Themen und Techniken. Dabei sind sie nicht auf eine Sparte festgelegt. Sie können sich beispielsweise an einem Tag den Bildenden Künsten zuwenden, in einer anderen Woche der Darstellenden Kunst und in weiteren Monaten beispielsweise der Fotografie oder einem Zirkusprojekt. Alles ist möglich. Es müssen auch keine Riesenprojekte sein. Wichtig ist uns nur, dass die Kinder und Jugendlichen kulturelle Techniken und die Vielfalt der Kultur kennenlernen und sich ausprobieren können. Wir übernehmen wie gesagt alles Organisatorische. Die Pädagogischen Fach- und Lehrkräfte können sich somit vor allem aufs Inhaltliche konzentrieren.
Online-Redaktion: Was müssen die Bildungseinrichtungen tun, um eine Kultur.Klasse einzurichten?
Hofmann: Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass Kitas und Schulen aller Schulformen, von der Grundschule über die Förderschule, das Gymnasium bis hin zu den beruflichen Schulen, dabei sein können. Es reicht aber nicht, uns eine E-Mail mit dem Hinweis „wir möchten mitmachen“ zu schicken. Aus der Bewerbung soll hervorgehen, warum die Einrichtungen sich bewerben. Es muss plausibel sein, worin das Interesse liegt, was geleistet werden kann und wie Kultur im Kita- und Schulalltag verankert werden soll. Da wir eben keine kurzfristigen Programm- oder Angebotsfüllenden sein möchten, streben wir immer Vereinbarungen über vier Jahre an. Das ist nicht zwingend, aber besser.
Online-Redaktion: Was können jene tun, die nicht zu den 50 glücklichen Ausgewählten zählen?
Hofmann: Basis unserer Angebote ist unsere über die vielen Jahre aufgebaute Projektdatenbank. In ihr finden sich Angebote aus nahezu allen kulturellen Sparten aus Bamberg und der Region. Diese Datenbank können alle nutzen und in Eigeninitiative Vereinbarungen treffen. Für diese Form der Zusammenarbeit können bei uns Förderungen angefragt werden. Darüber hinaus bieten wir immer wieder Fortbildungen und Kulturveranstaltungen an. Und wir unterstützen und initiieren kulturpädagogische Pilotprojekte aus Themenfeldern, die bisher in der Bamberger Bildungslandlandschaft nicht oder nicht ausreichend vertreten sind.
Online-Redaktion: Welche Erfahrungen haben Sie bislang gesammelt?
Hofmann: Durchweg positive. Das Interesse an unseren Angeboten wächst stetig. Von der Corona-Zeit einmal abgesehen, aber die hat neue Herausforderungen geboren. Es gibt im sozialen Bereich teilweise noch immer vieles aufzuarbeiten. Kulturelle Bildung kann dabei wertvolle Unterstützung bieten. Sie kann die Gemeinschaft stärken, Kindern Freude und Kraft schenken. Sie ist halt mehr als „nice to have“.
Online-Redaktion: Woran möchten Sie selbst noch feilen?
Hofmann: Mit den Möglichkeiten des Ganztags möchten und werden wir uns noch intensiver beschäftigen und damit auch der Entwicklung in Bayern Rechnung tragen. In Kitas und Schulen erreichen wir alle Kinder und Jugendlichen, egal, aus welchem sozialen Umfeld sie stammen und ob sie schon offen für Kultur sind. Wir haben das Glück, dass sich Schulen, wie es etwa die Bamberger Heidelstegschule bereits seit 2017 ist, zu „Kultur.Schulen“ weiterentwickeln möchten. Dazu müssen sich die Schulen natürlich noch stärker für die Unterstützung durch externe Partnerinnen und Partner öffnen, ein Arbeiten auf Augenhöhe ermöglichen. Wir sind überzeugt, dass der Bildungsgedanke neu definiert werden muss, indem wir die Kultur im Blick haben. Kultur stärkt Menschen. Starke Menschen können sich in die Gesellschaft einbringen und helfen, die Frage zu beantworten, wie wir als Gemeinschaft künftig zusammenleben möchten, eben auch mit Blick auf die Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Online-Redaktion: Vielen Dank für das Interview!
Kategorien: Ganztag vor Ort - Partizipation
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