KITZ.do Dortmund – Forschen im Ganztag : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg
„Neugier macht schlau“. Das Kinder- und Jugendtechnologiezentrum Dortmund ermöglicht Schülerinnen und Schülern, zu forschen und zu experimentieren – in der Schule und an außerschulischen Lernorten.
Am 23. September 2008 fing alles überschaubar an. Auf Initiative der Dortmunder Wirtschaftsförderung und anfangs finanziert durch Thyssen Krupp und die Dortmund Stiftung, einem Zusammenschluss von Unternehmen und Privatpersonen der Ruhrgebietsstadt, gründete sich das Kinder- und Jugendtechnologiezentrum Dortmund (KITZ.do). Gedacht war KITZ.do als ein Weiterbildungsinstrument für Erzieherinnen und Erzieher, um schon in der Frühbildung die Kinder mit wissenschaftlichen Inhalten bekannt zu machen. Früh übt sich – Stärkung im MINT-Bereich von Anfang an. Ein Techniklehrer und eine Erzieherin arbeiteten mit, als Leiterin engagierte man die Geowissenschaftlerin Dr. Ulrike Martin, die zuvor in Bayern ein Schülerlabor geleitet hatte.
Zehn Jahre später. Ulrike Martin ist noch immer Leiterin von KITZ.do. Aber inzwischen arbeiten 14 Festangestellte mit, dazu kommen freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gerade ist mit Sylke Herberholt jemand unter anderem für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eingestellt worden, weil diese sich nicht mehr mal so nebenbei erledigen lässt. Mittlerweile 10.000 Schülerinnen und Schüler nehmen jährlich an Angeboten des KITZ.do teil. Sie kommen in die Labor- und Handwerksräume in die inzwischen schon arg beengten Räumlichkeiten am Rheinlanddamm.
Auch samstags und in den Ferien geöffnet
Oder die Wissenschaftler und Techniker kommen mit ihren Angeboten in die Schulen, darunter die Fichte-Grundschule, die Landgrafenschule, die Liebig-Grundschule und die Petri-Grundschule. Geöffnet ist das KITZ.do auch samstags unter dem Motto „Neugierig am Wochenende“ für Familien und in den Ferien – bis auf die Sommerferien. „Irgendwann müssen meine Leute ja auch mal Urlaub machen“, meint Ulrike Martin.
Das KITZ.do-Team bringt nun seit Jahren erfolgreich Kindern und Jugendlichen – auch über die Dortmunder Stadtgrenzen hinaus – MINT-Inhalte in Forschergruppen, Ferienkursen, Kindergartenprojekten, Grundschulaktionen und Berufsorientierungsprojekten nahe. Die Erzieherinnenausbildung ist geblieben, ebenso wie die von Anfang an vom Team entwickelten Experimentierkästen, mit denen Labor und Handwerk in die Schulen getragen werden können. Beziehungsweise inzwischen auch gefahren: Dank Spenden verfügt KITZ.do jetzt über einen Kleinbus, der die Ausweitung des Angebotes erheblich erleichtert hat. So kann ein Mitarbeiter jeweils einmal in der Woche mit Maschinen oder Experimentierkoffern in die Ganztagsgrundschulen fahren, um in einer Arbeitsgemeinschaft der dritten und vierten Jahrgangsstufe die Schülerinnen und Schüler Experimente durchzuführen zu lassen. Zum Beispiel zum Thema „Wasser“.
Wohin gehen Kinder, die experimentieren möchten?
Die Leiterin hat eine Erklärung für den Erfolg des Angebots: „Wer Sport machen möchte, geht in einen Verein. Wer Musik machen möchte, geht in die Musikschule. Aber wo gehen diejenigen hin, die experimentieren möchten? So etwas gab es nicht, und da sind wir sozusagen in eine Marktlücke gestoßen.“ Und die Nachfrage lässt nicht nach: „Wenn wir unsere Angebote im Internet freigeschaltet haben, ist innerhalb von zwei Wochen alles ausgebucht“, berichtet Sylke Herberholt. „Und wer einmal hier war, möchte wiederkommen.“ Die Decke ist dabei immer zu kurz. „Die Ganztagsgrundschulen würden gerne noch länger am Programm 'MINT begeistert – Forschen im offenen Ganztag' teilnehmen“, weiß die Leiterin. „Aber andere Schulen möchten wir diese Möglichkeit auch geben.“
Drittklässler der vier offenen Ganztagsgrundschulen nehmen derzeit am schulübergreifenden Projekt „Die Schule der Zukunft - IT an Dortmunder Grundschulen“ teil. Hier werden Sachverhalte aus einer Stadt aufgegriffen, die auf informationstechnischen Systemen beruhen: Ampeln, Straßenbeleuchtung, Parkleitsysteme, Alarmanlagen, Flughäfen. Die gewonnenen Kenntnisse können sie dann auf ihre Heimatstadt anwenden. So lernen die Schülerinnen und Schüler "ganz nebenbei" die Welt der IT kennen, selbst zu programmieren und Programme vernetzt anzuwenden. Im ersten Jahr findet das Projekt im Rahmen des Sachunterrichts wöchentlich statt. Im zweiten Projektjahr wird es für interessierte Schülerinnen und Schüler im offenen Ganztag durchgeführt: Sie bauen ihre Stadt der Zukunft dann praktisch als Modell.
Boden- und Klima-Ranger für die Nachhaltigkeit
Ein besonderes Angebot findet einmal in der Woche im Big Tipi im Fredenbaumpark statt. In der KITZ.do-Außenstation „Boden und Klima“ können Kinder alles erforschen, was sich im Boden bewegt. Sie lernen Zusammenhänge zwischen Boden und Klima zu verstehen. Außerdem mikroskopieren und experimentieren die kleinen Forscher, begleitet von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des KITZ.do und von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Erlebniswelt Fredenbaum. Beliebt ist auch die Ausbildung zum Boden- und Klima-Ranger. Die Ranger sind stolz, wenn sie anderen Kindern zeigen können, was es alles zu entdecken gibt, aber auch, wie Natur und Umwelt zu achten sind.
Ins KITZ.do kommen derzeit regelmäßig zehn Kooperationsschulen. Im Grundschulbereich stehen den Kindern drei Module zur Auswahl, darunter die Stromwerkstatt, in der zu Strom geforscht wird. Was ist Strom? Wo kommt er her? Wie entsteht er? Alles wird verknüpft mit dem Thema Nachhaltigkeit: Wie kann man Strom sparen? Was sind erneuerbare Energien? Ab der 8. Klasse öffnet sich das Angebot auf 14 Module, zum Beispiel zur Erforschung verschiedener Arten von Kunststoffen, zur mechanischen, chemischen und biologischen Reinigung von Abwasser, zum Bau eines Computers oder zur Konstruktion einer Dusche, deren Wasser durch Sonnenenergie erwärmt wird. Für die Oberstufe macht KITZ.do derzeit sechs unterschiedliche Angebote, darunter ein Wasserökologisches Praktikum, bei dem es in Gummistiefeln in den Rombergpark geht.
Coole Berufe im Klimawandel erforschen
„Was die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders reizt, ist das eigene Tun“, hat Ulrike Martin beobachtet.
„In der Schule ist es aufgrund der manchmal nicht so prickelnden Ausstattung und der knappen Unterrichtszeit oft schwierig bis unmöglich, aufwendige Experimente durchzuführen. Hier können sie selbst anpacken und begreifen. Sie kommen als kleine Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und werden auch so behandelt.“ Für manche sei es auch gut, einfach mal eine andere Lernumgebung zu erfahren, zumal sie im KITZ.do mit Leuten arbeiten, „die wirklich aus der Wissenschaft und dem Handwerk kommen“.
Ulrike Martin findet es auch „faszinierend, wie sich hier ganz heterogene Gruppen zusammenfinden“. Leistungsstärkere und leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler arbeiten hier in Teams, jeder nach seinem Tempo. „Forschen ist ein Prozess, und der Antrieb der Kinder und Jugendlichen ist ihr natürlicher Forscherdrang, den wir unterstützen. Zu scheitern ist nicht schlimm, sondern wird als Ansporn verstanden, es nochmal zu probieren.“
Ebenso spannend ist für das KITZ.do-Team, mitzuerleben, wie Jugendliche in Berufsorientierungsprojekten wie „CoBiKe – Coole Berufe im Klimawandel erforschen“ neue Qualitäten an sich entdecken und ins Nachdenken kommen, was sie später beruflich machen wollen. „Einige Schülerinnen und Schüler haben Praktika oder Ausbildung bei Firmen begonnen, die sie hier bei uns kennengelernt haben“, erzählt Sylke Herberholt, „andere haben für sich neue Perspektiven erkannt und drücken jetzt wieder die Schulbank, um sich besser zu qualifizieren.“
Sprachbildung im Labor
Mit dem Pilotprojekt „MINTuS – MINT und Sprachbildung“ hat das KITZ.do-Team auch ein eigenes Sprachbildungsprogramm entwickelt. Von 2013 bis 2015 nahmen Schülerinnen und Schüler der 7. bis 10. Klassen von fünf Dortmunder Haupt-, Real- und Gesamtschulen, die sich erst kurz in Deutschland aufhielten, daran teil. Über mehrere Monate forschten sie im KITZ.do-Labor und erlernten dabei Anweisungen und Fachbegriffe wie nebenbei. Einige erhielten im Anschluss sogar Praktikumsplätze. „Wir haben die Methoden und Erfahrungen aus MINTuS in unseren Regelbetrieb aufgenommen“, berichtet Ulrike Martin.
Zehn Jahre KITZ.do. Die Leiterin und ihr Team, die schon mehrfach für ihre Arbeit ausgezeichnet wurden, sind stolz auf das Erreichte. Ulrike Martin wünscht sich für die Zukunft, dass die Finanzierung nicht nur durch das Hangeln von einem Projekt zum nächsten sichergestellt werden muss. „So können wir qualifiziertes Personal nicht lange halten. Gerade der große Enthusiasmus bei unseren engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollte mit Anerkennung und beruflicher Stabilität honoriert werden. Zudem kostet es viel Energie, immer wieder neue Leute in den laufenden Betrieb einzuarbeiten.“ Aus ihrer Sicht könnten sich hier Unternehmen, die stets auf die Bedeutung der MINT-Berufe hinweisen, deutlicher engagieren. Deshalb begrüßt sie sehr den Einstieg des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) als Gesellschafter des Trägervereins als einen Schritt in diese Richtung .
Das KITZ.do wird im September mit der Teilnahme an dem Wissenschaftsfestival „Highlights der Physik“ der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, welches 2018 in Dortmund stattfindet, sein Zehnjähriges feiern.
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