Kirche geht in die (Ganztags-)Schule : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg
Im Bistum Eichstätt engagiert sich die Katholische Kirche in zehn Ganztagsschulen mit unterschiedlichen Angeboten. Marianne Oettl, die Fachreferentin für Ganztagsschule, berichtet, wie kirchliche Jugendarbeit in die Schule geht.
Online-Redaktion: Frau Oettl, wie ist es um die Ganztagsschulen in der Diözese Eichstätt bestellt?
Marianne Oettl: Wir von der Schulabteilung der Diözese Eichstätt beobachten den Ausbau und Entwicklung der Ganztagsschulen und reagieren darauf mit einem Personalangebot, indem Religionslehrer und Religionslehrerinnen kirchliches Engagement in den Ganztagsschulen zeigen.
Online-Redaktion: Wie ist die Diözese an das Thema Ganztagsschule herangetreten?
Oettl: Kirche ist per se durch den Religionsunterricht in den Schulen präsent. Und als sich die Schullandschaft veränderte, indem sie Anrechnungsstunden für Religionslehrkräfte zur Verfügung gestellt hat. Parallel dazu wurde der Arbeitskreis „Ganztags-Klasse!“ gegründet. Federführend waren dabei Frau Barbara Buckl, die als Schulrätin in unserem Hause tätig ist, und Diakon Peter Nothaft, Leiter der Schulabteilung.
Online-Reaktion: Wer organisiert den Arbeitskreis?
Oettl: Das Netzwerk organisiere ich als Fachreferentin für kirchliches Engagement in der Ganztagsschule.
Online-Redaktion: Wie arbeiten Ihre Mitarbeiterinnen in den Ganztagsschulen?
Oettl: Sie leiten an den Schulen, an denen sie Katholische Religionslehre unterrichten, in der Regel eine Arbeitsgemeinschaft, beispielweise im musischen Bereich wie Schülerchöre oder Flötengruppen. Die AGs gestalten ihre Klassenzimmer oder Schulgebäude, eine Kollegin hat mit ihren Schülerinnen und Schülern einen „Raum der Stille“ eingerichtet. Schwerpunkte sind zum Beispiel die Förderungen der sozialen Kompetenzen wie das Vermitteln von Benimmregeln oder die Auseinandersetzung mit dem gemeinsamen Zusammenleben. Ein Blick über unseren Tellerrand fördert die AG Eine-Welt. Es gibt philosophische Gesprächskreise, und eine Kollegin geht mit ihrer Schülergruppe in ein nahegelegenes Seniorenheim, wo die Schülerinnen und Schüler alten Menschen begegnen.
Online-Redaktion: Konzipieren Sie die Angebote, oder bestimmen die Schulen, was den Schülerinnen und Schülern angeboten wird?
Oettl: Die Angebote entwickeln sich vor Ort. Meine Mitarbeiterinnen sprechen sich dazu mit den Schulleitungen ab. Von Schule zu Schule ist es unterschiedlich, ob die AGs ihr Angebot für ein halbes Jahr oder das ganze Schuljahr unterbreiten.
Online-Redaktion: Sorgt Ihr Netzwerk für einen Austausch der Mitarbeiterinnen untereinander?
Oettl: Ich bin personell für die Mitarbeiterinnen da, berate und betreue sie. Dabei findet auch untereinander ein Austausch statt, der im Laufe der Jahre für ein schönes „Wir“-Gefühl gesorgt hat. Hier regen wir uns gegenseitig an und tauschen Informationen aus. Dabei ist hilfreich, dass wir über die Jahre eine hohe personelle Kontinuität haben.
Pro Schuljahr finden verpflichtend zwei Arbeitskreise statt, einer zum Schuljahrsbeginn und einer zum Schuljahresende, bei denen ich in Absprache mit den Mitarbeiterinnen Themen anbiete, zu denen wir dann diskutieren. Wir beschäftigten uns beispielsweise mit den Themen "Sexualisierte Gewalt", "Land Art" und "Geocaching". Daneben sind die Mitarbeiterinnen auch zu weiteren Fortbildungen verpflichtet. Hier geht es um eine Qualitätssicherung der Arbeit.
Online-Redaktion: Was melden Ihre Mitarbeiterinnen über die Zusammenarbeit mit den Ganztagsschulen zurück?
Oettl: Ein großes Thema sind die räumlichen Bedingungen. Es gibt Schulen, die über Kapazitäten verfügen, sodass es eine Kleinigkeit ist, einen „Raum der Stille“ einzurichten. Aber es gibt auch Schulen, die sehr beengt sind, was die Arbeit mühsam macht. Eine große Herausforderung ist es auch an manchen Nachmittagen, wenn die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler nachlässt und man mit den teilweise sehr heterogenen Gruppen umgehen muss.
Online-Redaktion: Melden Sie Verbesserungsbedarf an Verwaltung und Politik zurück?
Oettl: Ich besuche meine Mitarbeiterinnen innerhalb von drei Jahren einmal vor Ort, um mir ein Bild zu machen, und führe ein Gespräch mit der Schulleitung. Auf Landesebene gibt es den Arbeitskreis „GTS Bayern“, zu dem sich alle Fachreferentinnen und -referenten der bayerischen Diözesen treffen, um sich über schulpolitische Fragen zu verständigen und miteinander für Qualitätssicherung des kirchlichen Engagements Verantwortung tragen.
Online-Redaktion: Welchen Effekt sehen Sie bei den Schülerinnen und Schülern, um die es ja primär geht?
Oettl: Unser Motto „Kirche geht in die Schule“ ist wunderschön, denn da wo Menschen sind, hat die Kirche ihren Auftrag. Wenn den Schülerinnen und Schülern solche Angebote gemacht werden, dann findet Begegnung statt, dann findet Achtsamkeit und schlicht und ergreifend Wertschätzung statt. Und ich denke, dass das für unsere Jugendlichen das A und O ist.
Online-Redaktion: Was wird ein Thema in Ihren nächsten Arbeitskreis sein?
Oettl: Ich möchte den Bereich „Spielen in der Schule“ einbringen und ein Angebot der Caritas, zum Thema „Häusliche Gewalt“.
Online Redaktion: Haben Sie ein Anliegen?
Oettl: Der Wandel der Schullandschaft wirkt sich auch auf die Pfarrgemeinden aus. Wenn eine Ganztagsschule in der Gemeinde entsteht, könnte man in den Pfarrgemeinden fragen: „Wie können wir hier tätig werden?“ Diesen Blick gilt es noch zu schärfen – auch aus Eigeninteresse, denn durch die verlängerte Schulzeit macht sich ein Rückgang in der kirchlichen Jugendarbeit bemerkbar. Daher wünsche ich mir, dass die Pfarrgemeinden die Schulen noch mehr als pastoralen Ort entdecken.
Kategorien: Forschung - Internationale Entwicklungen
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