In der Ganztags-AG den ökologischen Fußabdruck messen : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg
Das Projekt „Einfach ganz ANDERS“ bietet seit 2009 Qualifizierungen zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an, vor allem auch für Ganztagsschulen. Projektleiterin Maike Bannick zieht im Interview nun Bilanz.
Online-Redaktion: Frau Bannick, Ihr Projekt endet in diesem Jahr nach fast zehn Jahren. Haben die „Fridays for Future“ die Nachfrage nach Ihren Angeboten noch einmal angekurbelt?
Maike Bannick: Ja, in den vergangenen Monaten sind die Anfragen von Schulen und außerschulischen Akteuren gestiegen, so zum Beispiel nach unserem neu ausgearbeiteten Bildungsangebot zur Klimaflucht. Kürzlich haben die „Parents for Future“ nach Infomaterialien gefragt. Es ist deutlich spürbar, dass gerade ein großes Interesse und ein hoher Bedarf bestehen, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen, und vor allem danach, eine Handlungskompetenz zu entwickeln.
Online-Redaktion: Was haben Sie im Laufe der Jahre mit Ihren Fortbildungen erreicht?
Bannick: Mit unseren Bildungsangeboten wollen wir junge Menschen für globale Nachhaltigkeitsthemen sensibilisieren. Wir wollen sie animieren, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und die Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Schülerinnen und Schüler konnten in unseren Workshops selbst aktiv werden und eigene Aktionsideen umsetzen. Gemeinsam mit unseren Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und vielen ehrenamtlichen Unterstützerinnen und Unterstützern haben wir bei der BUNDjugend zusammen mit dem Eine Welt Netz NRW viel erreicht.
Im Laufe des Projekts haben wir für die „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ in Schulen solche Themen wie „Klima & Konsum“, „Boden & Ernährung“, „Wasser“, „Werde Aktivist*in“, „Klimaflucht“ und „Gesellschaft gestalten“ bearbeitet. Wir haben vier Lernreihen, neun didaktisch-methodische Leitfäden, eine Handreichung und drei Aktionshefte entwickelt. Insgesamt sind daraus zehn Fortbildungsreihen und 33 Workshops für Lehrkräfte, Lehramtsstudierende und Akteurinnen und Akteure der außerschulischen Bildungsarbeit erwachsen.
Insgesamt sind fast 500 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Bildung für nachhaltige Entwicklung, kurz: BNE, von uns fortgebildet und mit BNE-Themen und Bildungsmaterialien vertraut gemacht worden. Die Multiplikatoren haben wir landesweit für über 600 Tage an Schulen vermittelt. Durch die zahlreichen Kooperationen, Vernetzungstreffen, Fachgespräche und das Engagement vieler Mitwirkender haben wir dazu beigetragen, Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Bildungslandschaft von Nordrhein-Westfalen zu bringen.
Online-Redaktion: Begonnen haben Sie mit Angeboten für Ganztagsschulen: für Projekttage, Projektwochen oder Arbeitsgemeinschaften. Welches Format hat sich besonders bewährt?
Bannick: Besonders wirkungsvoll sind AGs, weil man hier über einen längeren Zeitraum mit den Schülerinnen und Schülern arbeiten kann und sie die Themen und die Methoden mitgestalten können, also die Methoden sehr partizipativ sind. Die meisten Anfragen kamen aber für Projekttage und Workshops, in denen unsere Multiplikatorinnen und Multiplikatoren die Angebote umsetzen. Auch drei- bis fünftägige Projektwochen wurden gebucht.
Online-Redaktion: Was ist inhaltlich besonders nachgefragt?
Bannick: Die Smoothie-Bar ist besonders gut nachgefragt. Da geht es um die Themen Ernährung, Lebensmittelverschwendung und den Anbau von Lebensmitteln. Es werden die ökologischen ebenso wie die ökonomischen Aspekte beleuchtet, aber auch die sozialen Bedingungen der Arbeit. Am Ende stellen wir Smoothies her, um zu zeigen, was sich alles aus sogenannten Lebensmittelresten herstellen lässt. Wir versuchen bei unseren Angeboten immer am Ende jeweils eine Aktion zu entwickeln. Es ist wichtig, von der Sensibilisierung für ein Thema auch ins Handeln zu kommen. Und jeder kann seine eigene Rolle wahrnehmen.
Beliebt ist bei Kindern und Jugendlichen auch die Kleidertauschparty, die ebenfalls sehr handlungsorientiert ist. Hier betrachten wir Kleidung in globalen Zusammenhängen und die Handlungsalternative des Kleidertausches. Am Ende der Projektwoche organisieren die Schülerinnen und Schüler selbst eine Kleidertauschparty, das macht natürlich auch Spaß. Die Handlungsorientierung motiviert sie, ihren eigenen Konsum kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Online-Redaktion: In Ihren Fortbildungen weiten Sie den Blick über Natur- und Umweltfragen auf weitere gesellschaftliche Themen aus, wie globale Teilhabe. Wie hat sich das entwickelt?
Bannick: Wir haben uns beim Thema Klimaflucht überlegt, welche Bausteine wichtig sind für Menschen, die dazu Bildungsarbeit leisten. Welche Haltung und Sensibilität sind dafür nötig? Wenn es sich um Fragen der globalen Gerechtigkeit dreht, ist es beispielsweise wichtig, auch das Erbe des Kolonialismus zu erkennen. Deshalb haben wir in die aktuelle neuntägige Fortbildungsreihe einen Tag aufgenommen, an dem wir uns intensiver mit diesen Themen beschäftigen. Wir möchten zumindest einen Impuls setzen, sich damit auseinanderzusetzen.
Online-Redaktion: Zum Abschluss des Projekts haben sie kürzlich Methodenworkshops in Essen und in Dortmund durchgeführt. Was waren deren Ziele und Inhalte?
Bannick: Wir haben dort die Bildungsangebote, die wir im Projekt zu den Themenkomplexen „Klima & Konsum“, „Ernährung, „Wasser“, „Klimaflucht“ und „Gesellschaft gestalten“ entwickelt haben, weiteren Akteurinnen und Akteuren in der Bildungslandschaft bekannt gemacht. Denn uns ist wichtig, dass diese Themen nach dem Projektende noch weitergetragen werden. Die Teilnehmenden konnten verschiedene Methoden kennenlernen, gemeinsam ausprobieren und sich darüber austauschen.
Online-Redaktion: Was sind das für Methoden?
Bannick: Beim Thema „Wenn's zu heiß wird – dem Fluchtgrund Klima auf der Spur“ haben wir zum Beispiel das „Weltverteilungsspiel“ vorgestellt. Hier geht es darum, sich mit dem Thema Flucht im Kontext der Ungleichverteilung von Reichtum und Klimawandel zu befassen. Die Teilnehmenden schätzen Bevölkerungszahlen und Reichtum der Kontinente, werden dann mit den realen Zahlen konfrontiert und diskutieren darüber. Beim „Privilegiencheck“ versetzen sich die Teilnehmenden in bestimmte Rollen und müssen sich Aussagen wie „Wenn ich krank bin, kann ich mir sicher sein, medizinische Versorgung zu erhalten“ oder „Ich kann mir den Ort, an dem ich lebe, aussuchen“ zuordnen. Hier wird nach und nach deutlich, dass viele Menschen, die am wenigsten zu den Ursachen des Klimawandels beitragen, seine Auswirkungen am stärksten zu spüren bekommen. Mit dem ökologischen Fußabdruck wird ein direkter Bezug zum eigenen Leben hergestellt – und dann kann man darüber diskutieren, was man selbst ändern kann.
Online-Redaktion: Wird es Folgeprojekte von „Einfach ganz ANDERS“ geben oder Elemente, an die Sie anknüpfen werden?
Bannick: Die BUNDjugend NRW und das Eine Welt Netz NRW werden weiterhin als Kontakt für Schulen und auch für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Wir haben einen Newsletter erstellt, den wir weiterhin verschicken werden, um über passende Veranstaltungen und Aktivitäten zu informieren. Wir überlegen auch, einzelne Bestandteile weiterzudenken und anzubieten.
Online-Redaktion: Vielen Dank für das Interview!
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