Thomas-Morus-Gymnasium Daun: G8GTS : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Es klingt wie eine geheimnisvolle Chiffre: G8GTS. Das Thomas-Morus-Gymnasium Daun praktiziert das rheinland-pfälzische Modell des G8-Gymnasiums, ganztägig und rhythmisiert.

Die Entscheidung des Thomas-Morus-Gymnasiums, zum Schuljahr 2009/2010 als gebundenes G8-Ganztagsgymnasium zu starten, lag noch vor dem Dienstantritt von Christoph Susewind, der erst 2011 an die Schule kam. Wer den Schulleiter über die Kombination von G8 und gebundenem Ganztag, die in Rheinland-Pfalz obligatorisch ist, sprechen hört, hat keinen Zweifel, dass er genauso entschieden hätte.

„Beim Thema G8 wird viel dummes Zeug geredet“, findet er. „Es ist bundesweit selten vom rheinland-pfälzischen Modell in der Kombination mit der Ganztagsschule die Rede, das ich für ideal halte“, meint Susewind. „Wir sind inzwischen bis zur 10. Klasse hochgewachsen, und das sieht bisher sehr gut aus.“ Die Entscheidung fiel damals auch, um den Schulstandort zu sichern. In der ländlichen Region wollte das Thomas-Morus-Gymnasium durch ein anderes Profil punkten. „Da es ein G9-Gymnasium in unmittelbarer Nähe gibt, war es der Schule möglich, G8 zu werden“, berichtet der Schulleiter. „Denn für die Eltern muss Wahlfreiheit gewährleistet sein.“

Die Schule machte sich die Entscheidung nicht leicht und diskutierte mit Elternvertretung und Schulträger das Pro und Contra. Dann begann „eine spannende Phase“: Wie viele Eltern und Kinder würden das Ganztagsgymnasium wählen? Es ließ sich gut an. Das Gymnasium startete gleich dreizügig mit rund 80 Schülerinnen und Schülern. Im Jahr darauf waren es aber nur noch 50....

„Alle Freunde sind in der Schule“

Als Christoph Susewind 2011 an die Schule kam, war eine seiner wichtigsten Aufgaben, erstmal zuzuhören: „Das Problem war weniger G8 als die Ganztagsschule, der man hier auf dem Lande noch abwartend gegenüberstand. Die langen Tage in der Schule haben viele Eltern abgeschreckt.“ Doch zwei Entwicklungen, die sich dann gegenseitig bestärkten, sorgten dafür, dass sich die Anmeldezahlen stetig nach oben entwickelten.

Zum einen konnte das Ganztagsgymnasium durch seine tägliche praktische Arbeit die Angst der Eltern vor einer Überforderung ihrer Kinder zerstreuen. Die Schülerinnen und Schüler kommen montags bis donnerstags gut durch den Tag bis 15.50 Uhr. Es gibt jeweils am Vor- und am Nachmittag längere Pausen und ein „Mittagsband“ von 95 Minuten, also ausreichend Zeiten zum Ausruhen und Entspannen. Zudem sind die Unterrichtszeiten selbst noch einmal rhythmisiert. Zum anderen wollen auch die Schülerinnen und Schüler selbst gerne auf die Ganztagsschule. „Wenn man die Kinder bei uns heute fragt, warum sie die Ganztagsschule besuchen“, sagt Christoph Susewind, „dann hört man oft: ‚Meine Freunde sind doch alle in der Schule’.“

Derzeit lernen 520 Schülerinnen und Schüler am Thomas-Morus-Gymnasium. „Es hat ein bisschen gedauert, bis die Ganztagsschule in unserer sehr zersiedelten, ländlichen Region angekommen ist“, bilanziert der Schulleiter. Die Einstellung der Eltern habe sich nach und nach geändert, was der Schulleiter auch auf die guten Erfahrungen der Eltern und Kinder mit der Schule zurückführt. Die Akzeptanz sei schließlich stark gestiegen.

G8 und AG-Angebot – kein Widerspruch

Das lässt sich an den jährlichen Elterninformationsabenden und den Tagen der offenen Tür ablesen: Hier nimmt der Besuch kontinuierlich zu. Zuletzt waren es Eltern von rund 80 Kindern, die sich ein Bild vom Ganztagsgymnasium machen wollten. Und was das Kollegium zu diesen Anlässen zu hören bekommt, ist „sehr schön“, wie Christoph Susewind findet.

„Die Eltern betonen, wie freundlich wir mit den Kindern hier umgehen. Das hat nichts mit Kumpelhaftigkeit zu tun, sondern damit, dass wir uns hier um den einzelnen Schüler, die einzelne Schülerin kümmern können.“ Lob findet auch das umfangreiche AG-Angebot der Schule: Badminton, Boxen, Handball, Tanz und Windsurfen, Kunst, Orchester und Theater, Philosophie und Multimedia, nicht zuletzt die Kopp-AG: Regelmäßig fahren Schülerinnen und Schüler in die Westeifel-Werkstätten nach Gerolstein, wo sie Menschen mit Behinderungen treffen und mit ihnen Zeit verbringen.

Die Schülerzeitung „Der Klecks“, die schon 49 Jahre in einer AG produziert wird, hat längst überregionale Berühmtheit erlangt. Gerade wurde sie wieder für erste und zweite Plätze in bundesweiten Schülerzeitungswettbewerben geehrt. Susewind schmunzelt: „Dass das G8-Ganztagsgymnasium den Tod der Arbeitsgemeinschaften bedeutet, wie manche geunkt haben, können wir hier wohl eindrucksvoll widerlegen.“

Etwas Hektik rausnehmen

Es ist vor allem auch ein Ort, der zu mehr Ruhe gekommen ist. Die Schule hat die Fächer „epochalisiert“, das heißt, Einzelstunden wurden zusammengeführt. Dadurch reduziert sich die Zahl der Fächer pro Tag. „Wir arbeiten weitgehend mit Doppelstunden, was auch wieder ein gutes Stück Hektik rausnimmt. Die Lehrkräfte bestätigen mir, dass die Zeit effektiver genutzt werden kann“, erläutert der Schulleiter. In einer Doppelstunde können wiederum kleine Pausen eingeschoben werden.

Nach dem Vormittag folgt das Mittagsband. Die Schülerinnen und Schüler können selbst entscheiden, wann sie essen gehen. Parallel gibt es Arbeitsgemeinschaften, Lernzeit und Förderangebote. Das Mittagessen läuft Christoph Susewind zufolge sehr gut, derzeit gehen pro Tag 280 Essen heraus. „Wir können niemand zum Essen zwingen, aber wir kommunizieren, dass es wünschenswert ist, dass alle essen.“ Die Schülerinnen und Schüler haben einen Mensarat gebildet und die Schulleitung ist im ständigen Kontakt mit dem Caterer.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat die Schule mit dem Qualitätssiegel „Schule + Essen = Note 1“ ausgezeichnet. Diese Zertifizierung hat sich der Schulträger im wahrsten Sinne etwas kosten lassen. Um das Siegel zu erhalten, muss das Essen ausgewogen sein, und die Schule muss es außerdem mit einem Bewegungsangebot und einem rhythmisierten Schultag ergänzen. „An der Rhythmisierung arbeiten wir ständig“, sagt Susewind. „Bisher können wir das Mittagsband nur von dienstags bis donnerstags anbieten. Die Stunden müssen wir noch so organisieren, dass auch der Montag dazu kommt.“

Kommunikation in Klassenteams

Die Konferenz der G8-Schulen in Rheinland-Pfalz hat beschlossen, dass es Hausaufgaben in G8 weitestgehend nicht mehr gibt. Die Schülerinnen und Schüler erledigen nun „Aufgaben“ in den mindestens zweimal in der Woche stattfindenden Lernzeiten beziehungsweise in den Stunden der Hauptfächer, die in G8-Ganztagsschulen als eine Art "Sonderzuweisung" existieren. Hausaufgaben werden nur noch für das Wochenende aufgegeben und das auch nur in den Hauptfächern. Das hat zu allgemeiner Zufriedenheit geführt.

Um die epochalisierten Fächer zu fördern, gibt es Wochenpläne und Lernzeitplaner. Ein besonderes Förderangebot sind die Einheiten zur Verbesserung der Rechtschreib- und Lesekompetenzen sowie der mathematischen Grundkompetenzen.

Damit es für die Schülerinnen und Schüler nicht zu viel wird, braucht es Absprachen unter den Lehrerinnen und Lehrern. „Die Kollegen müssen ständig im Gespräch bleiben“, so Susewind. „Diese Kommunikation ist bei uns durch die Klassenteams aus je zwei Hauptfach- und Nebenfachlehrkräften gewährleistet.“

Alles in Bewegung

Eines der immer noch größten Probleme für den Ganztag ist die Busanbindung. „Wir fürchten, dass manche Kinder, die am Rande unseres Kreises wohnen, bei uns nicht angemeldet werden, weil den Eltern die Fahrten zu lang sind“, meint Christoph Susewind. „Ich habe auch schon entsprechende Schreiben von Eltern erhalten. Deshalb würde ich mir wünschen, dass die Schulen ein Mitspracherecht bei den Busfahrzeiten haben. Wir brauchen  Flexibilität. Wenn der Bus nur zweimal am Tag fährt, schränkt das ja unseren Schulbetrieb erheblich ein. Der Ganztagsbetrieb dürfte eigentlich nicht mehr durch solche Halbtagsschulgepflogenheiten erschwert werden. Ich kann die Situation unseres nicht gerade finanzstarken Kreises verstehen. Aber noch besser kann und muss ich unsere Situation verstehen. Es ist ein Dilemma, für das man noch Lösungen braucht.“ Diese Erfahrungen machen Ganztagsschulen fast überall in ländlichen Räumen. Der demografische Wandel stellt die Landkreise vor große Herausforderungen.

Aber Christoph Susewind schaut nach vorn: Die Schule profitiert auch von ihrem schönen, weitläufigen Außengelände. In einer Projektwoche haben Schülerinnen und Schüler gerade den Schulgarten neu gestaltet. Der „Freundeskreis“ der Schule baut derzeit ein Offenes Klassenzimmer. Das Außengelände soll noch weiter ausgebaut werden, um dem Bewegungsdrang der Kinder und Jugendlichen besser gerecht zu werden. Ein Klettergerüst und ein Teich für den Schulgarten sind vorgesehen. „Unsere Schule ist ein Ort, an den man gerne kommt“, findet der Schulleiter.

 

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