Stadtteilschule Niendorf: Abwechslung den ganzen Tag : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

15 Stadtteilschulen öffneten zu den ersten Hamburger Schulbesuchstagen ihre Türen. Die Stadtteilschule Niendorf ist seit 2009 gebundene Ganztagsschule.

Die Idee schnappte der Hamburger Gesamtschulverband in Berlin auf, wie sich Annegret Volkmann vom Landesvorstand erinnert: „Dass Schulen für ein paar Tage ihre Tore für andere Schulen öffnen, hielten wir für eine prima Idee, und beschlossen, auch über unseren Verband so etwas zu organisieren.“ Gesagt, getan. 15 Hamburger Stadtteilschulen erklärten sich bereit, vom 13. bis 15. April 2015 ihre Schulkonzepte mit unterschiedlichen Schwerpunkten vorzustellen.

Gruppenfoto des Lehrerkollegiums
Das Kollegium der Stadtteilschule © Stadtteilschule Niendorf

So konnten sich Interessierte zum Beispiel über die Lernwerkstatt an der Stadtteilschule Bergedorf informieren, an der Fritz-Schumacher-Schule in Langenhorn ging es um das Berufsorientierungskonzept, während die Stadtteilschule Maretstraße in Heimfeld ein Angebot zu inklusivem Unterricht in altersgemischten Gruppen machte.

Rund 80 Lehrerinnen und Lehrer, aber auch außerschulische Pädagoginnen und Pädagogen nutzten die Möglichkeit, sich neue Impulse zu holen, Fragen zu stellen und einmal über den Tellerrand zu schauen. „Man spricht im Kollegium immer wieder davon, dass man mal an anderen Schulen hospitieren müsste, aber dann bleibt es doch bei der Idee“, erzählte eine Teilnehmerin. „Deshalb ist es toll, dass jetzt so eine Möglichkeit eröffnet wird.“

Die Ganztagskoordinatorin: „Ein Glücksfall für die Schule“

Seit dem Jahr 2009 arbeitet die Stadtteilschule Niendorf im Norden der Hansestadt als vollgebundene Ganztagsschule. 750 Schülerinnen und Schüler lernen hier. Acht Sozialpädagogen für den Ganztag mit jeweils 40-Prozent-Stellen und Honorarkräfte helfen dabei, die einstündige Mittagspause und die Ganztagskurse zu gestalten. Als Ganztagskoordinatorin behält Schulsozialpädagogin Babette Gottschick den Überblick.

Babette Gottschick ist laut Schulleiter Ingo Kangarlou „ein Glücksfall für unsere Schule. In jedem Halbjahr stellt sie immer wieder ein tolles Ganztagskursangebot auf die Beine“. Dieses wird jeweils in Broschüren ausführlich vorgestellt und enthält Angebote von American Football über „Tüfteln, bis der Kopf qualmt“, Häkeln und Stricken bis zu Yoga.

„Ich entlaste sicherlich auch die Schulleitung“, berichtet Babette Gottschick. „Ich führe die Einstellungsgespräche und mache die Personalplanung. Die Honorarkräfte sind gut bei uns eingebunden, sodass wir uns über einzelne Kinder absprechen können. Dreimal jährlich findet ein freiwilliges Kursleitertreffen für den Austausch, Informationen, Kritik und Organisatorisches statt. Ich habe Glück, dass ich an unserer Schule gut gestellt bin. Im Netzwerk der Ganztagskoordinatoren sehe ich, wie unterschiedlich die Ressourcenausstattung ist. Wir besitzen einen eigenen Raum für die Ganztagshonorarkräfte, arbeiten sehr gut im Team zusammen, haben viele Freiheiten in der Organisation unserer Arbeit und sind bei der Schulleitung gut anerkannt.“

Lernphasen und Pausen wechseln über den ganzen Tag

Zwei bis dreimal pro Halbjahr finden Konzeptgruppentreffen mit der Schulleitung, Lehrkräften, Eltern und Schülern statt. Hier entwickeln die Beteiligten den Ganztagsbereich weiter. „Derzeit wollen wir die Mittagspausenzeit verbessern“, verrät Babette Gottschick. „Wir evaluieren die Angebote und besprechen Anregungen aus der Schulgemeinschaft für das Ganztagskonzept.“ Die Neuerungen stellt die Koordinatorin regelmäßig in der Lehrerkonferenz vor.

Schülerinnen und Schüler während der Projektarbeit
Steinzeit" am außerschulischen Lernort Helmsmuseum in Hamburg-Harburg © Stadtteilschule Niendorf

Montags bis donnerstags findet die Schule von 8.00 bis 16 Uhr, freitags bis 12.40 Uhr statt. Die Randbetreuung vor und nach dem Unterricht führen Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen durch.

Die Unterrichtszeiten sind in der Stadtteilschule Niendorf hauptsächlich als Doppelstunden organisiert. Die Philosophie der Stadtteilschule kann man dabei auf die Formel bringen: Erfolgreiches Lernen braucht Abwechslung. Das bezieht sich ebenso auf den differenzierten und individualisierten Unterricht, als auch auf die unterschiedlichen Räume wie den Spieleraum mit Billardtisch und Kickertischen, den Ruheraum zum Ausspannen, die Bibliothek mit Computerarbeitsplätzen und den Pausenhof mit der „Spielekiste“. Das bunte Mittagsprogramm lädt zum Bewegen und Entspannen an. Lernphasen und Pausen wechseln sich über den ganzen Tag ab.

Studienzeit mit Logbuch zum selbstständigen Lernen

Während der Unterrichtszeit finden zwei bis vier Stunden Studienzeit nach einem verbindlichen Orientierungsrahmen statt. Das Konzept entwickelte das Kollegium nach einer Fortbildung. Hier arbeiten die Schülerinnen und Schüler - unter anderem mit Wochenplänen - an individualisierten Aufgaben aus den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik. Und sie unterstützen sich auch gegenseitig. Die Aufsicht hat ein Tutor oder eine Fachlehrerin, aber auch die Ganztagshonorarkräfte kommen hier zum Einsatz.

Für die Studienzeiten setzt die Ganztagsschule ein Logbuch als Kommunikations- und Feedback-Instrument ein. Hier tragen die Jugendlichen ein, was sie sich am Tag vornehmen und was sie erreicht haben. Das Logbuch ermöglicht den Eltern, auch ohne Hausaufgaben nachzuvollziehen, was ihre Kinder in der Schule lernen. „Wir konnten die Eltern von unserem Konzept überzeugen“, berichtet Schulleiter Kangarlou. „Sie können anhand des Logbuchs sehen, was los ist, und auch Kommentare in das Buch schreiben. Uns geht es allerdings bei der Studienzeit nicht um Hausaufgabenersatz, sondern besonders darum, dass die Schülerinnen und Schüler stärker selbstständig lernen.“

Dennoch ist die Schule bei der Studienzeit noch nicht dort, wo sie hin will: „Unsere Abschlusszahlen sind auch ohne Hausaufgaben überzeugend. Aber nachdem nun unser erster Ganztagsjahrgang von 2009 unsere Schule voll durchlaufen hat, müssen wir uns eingestehen, dass unsere Schüler mit dem selbstständigen Lernen noch nicht so weit sind, wie wir uns das gewünscht haben“, meint Kangarlou. „Wir überlegen noch, wie wir da etwas verbessern können.“ Für solche konzeptionelle Arbeit hat die Stadtteilschule Teams für die Unterrichtsentwicklung gebildet, die das schulinterne Fach- und Methodencurriculum für alle Jahrgänge und Fächer fortlaufend überarbeiten und ergänzen.

Außerschulische Impulse und schulformübergreifende Ferienbetreuung

Ingo Kangarlou hält die Ganztagskurse, die von 14.30 bis 16.00 Uhr stattfinden, für einen elementaren Bereich der Ganztagsschule. Denn hier würden die Aktivitäten der Kinder nicht bewertet. Die Schülerinnen und Schüler wählen ihre Kurse für ein halbes Jahr - über eine Internet-Maske -, und Babette Gottschick stellt dann das Programm zusammen. Es ist auch der Bereich, mit dem sich die Schule für außerschulische Impulse öffnet, denn die Kurse werden hauptsächlich von externen Partnern angeboten. Wichtige institutionelle Kooperationspartner sind das Haus der Jugend, der Arbeitersamariterbund und die Kirche, die Lernen auch an außerschulischen Lernorten ermöglichen.

Flyer der Schule zum Tag der Offenen Tür im Januar 2014
© Stadtteilschule Niendorf

Seit 2014 ist über eine Kooperation mit dem Sportverein Eidelstedt eine Ferienbetreuung eingerichtet, die als Stadtteilprojekt mit allen weiterführenden Schulen Niendorfs durchgeführt wird und laut Kangerlou „hervorragend läuft und sehr gut angenommen wird“. Ganztagskoordinatorin Gottschick gefällt besonders, dass diese Zusammenarbeit „schulformübergreifend ist“.

Beim Rundgang durch die Stadtteilschule Niendorf, der auch ein Mittagessen mit Salatbuffet in der Mensa einschloss, fiel der Hospitationsgruppe die ruhige Atmosphäre in den Gängen und Räumen und auf dem Schulhof auf. Durch das vielfältige Angebot verteilen sich die Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler in der Mittagszeit auch räumlich.

Am Schluss kam man überein, dass sich ein erneuter Besuch im Jahr 2017 lohnen dürfte, denn dann wird die Stadtteilschule nicht wiederzuerkennen sein. Derzeit werden die in die Jahre gekommenen Bauten bei laufendem Betrieb nach und nach abgerissen und durch Neubauten ersetzt. „Beim Planungsprozess sind wir sehr gut und konstruktiv eingebunden worden“, berichtete Babette Gottschick. Nun freut sich die Schulleitung, den Schülerinnen und Schülern in einigen Jahren noch mehr und noch passgenaueren Platz für den Ganztag anbieten zu können.

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