Janosch-Grundschule: Ganztag aus dem Bilderbuch : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Ein Name verpflichtet: Die Janosch-Grundschule in Troisdorf verfügt nicht nur über eine preisgekrönte Leseförderung in den Farben der Tigerente. Die Druck-AG druckt in der Schuldruckerei auch eigene Bücher.

Das einzige Bilderbuchmuseum Europas liegt in Troisdorf. Die Stadt im Rhein-Sieg-Kreis zeigt auf der Burg Wissem Illustrationen historischer und moderner Bücher. 1999 überließ Janosch dem Museum viele seiner Illustrationen als Dauerleihgabe. Das Bilderbuchmuseum verfügt dadurch über die weltweit größte Sammlung von Janosch-Originalzeichnungen.

Der Vorsitzende der Museumsstiftung und zugleich Schulleiter der früheren Magdalenenstraße-Schule war Rolf Möller. Seine Verbindungen in die Literaturszene bescherten der Grundschule im Ortsteil Oberlar nicht nur Autorenlesungen, sondern auch den Namenswechsel – und damit einen echten Clou.

Lesehaltestelle im Foyer

Lesehaltestelle
Lesegelegenheiten und Leseanreize überall. © Online-Redaktion

Der Name ist mehr als nur Schmuck. Janosch hinterlässt im ganzen Gebäude seine schwarzgelben Tigerentenspuren. Für die Grundschülerinnen und Grundschüler bieten die Geschichten um Kleiner Bär, Kleiner Tiger und die Tigerente natürlich ideale Lesegelegenheiten und schaffen Leseanreize. Die Janosch-Grundschule wird ihrem Namensgeber mehr als gerecht: Die Förderung der Lese- und Schreibkultur ist ein Schwerpunkt des Schulprogramms und ebenso allgegenwärtig.

Wer die Schule betritt, stoppt sofort an der „Lesehaltestelle“: Hinter Glas ist ein aufgeschlagenes Buch ausgestellt, das jeden Tag von den Viertklässlern eine Seite weitergeblättert wird. Es soll die Schülerinnen und Schüler in den Pausen immer wieder motivieren, weiterzulesen. Auf dem Schulhof sind „Lesestelen“ aufgestellt, an denen die Kinder neue Texte während vor oder nach dem Unterricht und in den Pausen lesen können. In allen Klassen gibt es Lesetipps für Kinder und Eltern. Einmal im Jahr findet die Lesewoche statt, in der die Schülerinnen und Schüler sich mit einem Buch beschäftigen, zu dem dann auch eine Autorenlesung stattfindet.

Die Schülerinnen und Schüler lesen nicht nur fleißig – sie drucken Bücher, Plakate und Bilder auch selbst. Im Keller befindet sich die Druckerei. Deren Grundstock bildeten einst Drucklettern und andere Utensilien einer Zeitung der belgischen Streitkräfte, die bis 2002 im Ortsteil Altenrathaus stationiert waren. Lehrerin Juliane Neuhausen sicherte sie in den 1980er Jahren für die Schule und besuchte extra einen Fachkurs zum klassischen Drucken an der PH Ludwigsburg, wie eine Broschüre des Troisdorfer Heimat- und Geschichtsvereins verrät.

Fest eingebunden ist die Druck-AG im Ganztag, die Gottfried Schmitz, ein pensionierter Schriftsetzer und Drucker, ehrenamtlich unterstützt. Die Schülerinnen und Schüler lernen drucken und gestalten sogar Radierungen. Sie entwickeln eine Geschichte, und über mehrere Jahre entsteht schließlich ein ganzes Buch. Inzwischen sind bereits drei Bücher im Bilderbuchmuseum präsentiert worden – Originalexemplare, die nicht vervielfältigt wurden. In der Schule sind sie hinter Glas ausgestellt. 

Unterstützung im „Lernstudio“

Jessica Giebel, die seit 2013 die Janosch-Grundschule leitet, freut sich: „Momentan arbeiten die Kinder an einem Buch für die Erstklässler mit den Buchstaben des Alphabets, die jeweils mit einem Bild illustriert werden.“ Das soll dann auch im Offsetdruck vervielfältigt werden. So viel Engagement ist nicht unbemerkt geblieben: 2019 hat die Schule beim Deutschen Lesepreis der Stiftung Lesen den 2. Platz in der Kategorie „Herausragende Leseförderung an Schulen“ erreicht.

Schulleiterin Jessica Giebel
Schulleiterin Jessica Giebel © Online-Redaktion

230 Schülerinnen und Schüler besuchen die Schule im Schuljahr 2020/2021, das eine Neuerung mit sich bringt: Die Janosch-Grundschule ist nun auch Schule für gemeinsames Lernen, und das Kollegium – 14 Lehrerinnen und ein Lehrer sowie acht Erzieherinnen und Erzieher – erhält Verstärkung durch eine sonderpädagogisch ausgebildete Lehrerin. „Gefühlt sind wir schon immer inklusiv gewesen“, meint Jessica Giebel, „aber nun freuen wir uns auf die Unterstützung der Kollegin aus Berlin“.

Unterstützung leistet bereits jetzt die Sozialpädagogin Sarah Weg. Sie war schon an der Grundschule tätig, als es noch eine Vorschulklasse gab und fördert im „Lernstudio“ der Schuleingangsphase die Kinder der Klassen 1 und 2. Die Schulleiterin berichtet: „Wir beobachten die neuen Schülerinnen und Schüler, auch durch Hospitationen in den Klassen. Wenn wir Förderbedarf in Deutsch und Mathematik und basalen Grundfertigkeiten wie Konzentration, Ausdauer und Wahrnehmungsfähigkeit sehen, bekommen sie Unterstützung durch Frau Weg. Und die Kinder finden das toll, dort zu sein. Weil dort nur wenige Mitschülerinnen und Mitschüler sitzen, fühlt es sich für sie besonders und so etwas wie eine Auszeichnung an.“

Trogata Troisdorf: „Wir sind Ganztag“

„Wir haben je eine Ganztagsklasse in jedem Jahrgang gebildet“, berichtet Jessica Giebel. „Alle 120 angemeldeten Schülerinnen und Schüler sind hier versammelt und bleiben bis 15 Uhr in der Schule. Das ermöglicht uns eine Entzerrung des Unterrichts. Die Lernzeit kann dann auch mal am Vormittag liegen, wir können Pausen flexibler gestalten und auch am Nachmittag Sport, Kunst und Förderangebote platzieren.“ Die Ganztagsklassen haben für den Nachmittag ein eigenes Gebäude mit Spiel- und Freizeiträumen. Obwohl der gebundene Ganztag im Primarbereich in Nordrhein-Westfalen bisher nicht vorgesehen ist – die Janosch-Grundschule verwirklicht ihn auf ihre Weise bereits.

Weil die Ganztagsklassen als Gemeinschaft stärker zusammenwachsen ließen und sie auch dem Miteinander im Kollegium förderlich seien, ist Jessica Giebel „sehr froh, dass wir den Ganztag haben“. Es gibt feste Lehrerin-Erzieherin-Teams, die teilweise auch im Unterricht eingesetzt sind. „An unserer Schule ist es nicht so, dass wir die Schülerinnen und Schüler mittags abgeben und noch nicht mal wissen, wie die Leute da drüben heißen. Ich merke, dass auch die Erzieherinnen und Erzieher die Arbeit in einer festen Gruppe schätzen.“

Zwerge
© Janosch-Grundschule

Die Erzieherinnen und Erzieher des offenen Ganztags sind beim Jugendamt Troisdorf, der alle zwölf Grundschulen der Stadt betreut, angestellt. Einmal im Jahr findet eine ganztägige Konferenz mit allen Beteiligten über ein Thema von gemeinsamem Interesse statt. Was jetzt nur noch fehlt, sind eigene Arbeitsplätze für die Kolleginnen und Kollegen. Sie sind beim Schulträger, der Stadt, beantragt, und die Schulleiterin ist „guter Hoffnung, denn die Stadt ist immer engagiert, wenn es um Schule geht.“

Der Stadt Troisdorf – die sich selbst den Beinamen „Eine Familienangelegenheit“ gibt – liegt das Miteinander der Professionen am Herzen. Seit 2007, als mit einem Schlag alle Grundschulen der Stadt in offene Ganztagsschulen umgewandelt wurden und die Trogata, die Ganztagsbetreuung für Troisdorfer Grundschulkinder, startete, investiert die Stadt kontinuierlich. Unter der Überschrift „Wir sind Ganztag“ legte sie eine Fortbildungsreihe für Lehrkräfte und außerschulische Fachkräfte auf. Die Stadt sorgt auch für Ferienprogramme in allen Ferien, mit Ausnahme der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr.

Garten-AG mit „Gewinnergold“

Den Ganztag und das Schulleben gestaltet die Janosch-Grundschule auch mit Kooperationspartnern. Die Musikschule Troisdorf, eine kommunale Einrichtung, nutzt Räumlichkeiten der Schule. Theaterpädagogin Dr. Anne Krichel wird durch den Förderverein der Schule finanziert und leitet die Theater-AG, die jährlich ein Stück zur Aufführung bringt. „Man merkt schon, dass sie ein Profi ist. Sie hat eine Ruhe, einen anderen Anspruch und eine andere Ansprache“, lobt die Schulleiterin.

Im Schuljahr 2014/2015 ist die OGS mit dem Programm „Klasse 2000“ zur Gesundheitsförderung, Sucht- und Gewaltvorbeugung im Grundschulalter gestartet. „Klasse 2000“ fördert Lebenskompetenzen und eine positive Einstellung zur Gesundheit über vier Grundschuljahre. Zur Gesundheitsförderung gehört auch das Mittagessen, an dem – wie in allen Grundschulen der Stadt – alle im Ganztag angemeldeten Kinder teilnehmen. Der Schulgarten trägt sein Scherflein zum Obst- und Gemüse-Programm der Schule bei.

Buch
Schülerinnen und Schüler entwickeln ihr eigenes Buch. © Online-Redaktion

Jule Wunderlich, eine Lehrerin mit dem grünen Daumen, hat den Schulgarten aufgebaut und leitet die Garten-AG für Dritt- und Viertklässler. In einem neuen Konzept erhält jedes Schuljahr ein eigenes Hochbeet. Auch das ist preiswürdig. Erst kürzlich gab es „Gewinnergold“ im bundesweiten Schulwettbewerb „Echt kuh-l!“, dessen Thema diesmal lautete: „Klima. Wandel. Landwirtschaft. – Du entscheidest!“.

Die Schülerinnen und Schüler hatten zu Nachhaltigkeit und Bodenschutz recherchiert und einen Film zur Müllvermeidung in der Schule produziert. Langfristiges Ziel der Garten-AG ist es, den Boden des Schulgartens natürlich und nährstoffreich zu halten. Der große symbolische Gewinnerscheck ist im Flur ausgestellt, und das Preisgeld möchte die Schule in ein grünes Klassenzimmer investieren.

Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte als Ideenschmiede

Schülerbeteiligung ist in der Janosch-Grundschule selbstverständlich. Die Schülerinnen und Schüler können über das Schülerparlament und die Klassenräte mitbestimmen und übernehmen auch Verantwortung in der Schulgemeinschaft: mit dem Haus- und Hofdienst, als Pausenhelfer und als Streitschlichter. Dass das Häuschen mit der Spieleausgabe für die Pause den Namen „Ausleih-Bar“ trägt, geht auf die Idee der Kinder zurück.

Bei der Auswahl des Spielgeräts für den Schulhof konnten die Schülerinnen und Schüler über die Klassenräte ihre Wünsche äußern – die dann allesamt verwirklicht wurden. Für Begeisterung sorgt regelmäßig der Film, der die Schulregeln verdeutlicht: Darin machen die Lehrkräfte „alles falsch“, und die Kinder korrigieren sie. Schließlich werden die Schülerinnen und Schüler auch noch am Ende der 4. Klasse gefragt, wie sie ihre vier Jahre Grundschulzeit erlebt haben.

Pausenhelfer
© Janosch-Grundschule

Die vergangenen Monate hat das Kollegium genutzt, die Arbeitspläne aller Fächer zu überarbeiten. „Es ist wichtig, dass die Kinder erfahren, dass der Unterricht bei der einen Kollegin so ist wie bei den anderen und keine komplett neue Welt“, erläutert die Schulleiterin. „Das gibt auch den Eltern ein gutes Gefühl, dass es nicht darauf ankommt, bei welcher Lehrerin ihr Kind gelandet ist.“ Das gilt bis zu Schulausflügen, sodass „jede Klasse das erlebt, was die andere auch macht – beispielsweise in den Zoo oder ins Theater zu gehen“.

Für Jessica Giebel ist ihr engagiertes Kollegium der Stützpfeiler der Schule. „Das Beste ist immer, wenn Ideen von Kolleginnen und Kollegen kommen. Dann spitze ich immer die Ohren, und wir diskutieren in den Steuergruppen, wie sich etwas verwirklichen lässt. Jede Kollegin und jeder Kollege hat besondere Stärken, die Projekten, Unterricht und Arbeitsgemeinschaften zugute kommen.“ Dabei gilt es, die Balance zu finden, „gute Traditionen zu bewahren und mit Neuem zu verbinden“. Etwa bei der Digitalisierung. Die Schule ist inzwischen mit WLAN ausgestattet. Über einen Spendenlauf wurden Tablets finanziert, die für die Kinder „ein Highlight“ sind.

 

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