In Europa zu Hause: Regelschule „Georg Kresse“ : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Die Öffnung nach Europa ist für die Staatliche Regelschule „Georg Kresse“ Triebes in Thüringen, eine UNESCO-Projektschule und teilgebundene Ganztagsschule, selbstverständlich.

Wer bei einem Besuch in Triebes dem Eingang der Regelschule „Georg Kresse“ zustrebt, kommt nicht umhin, den Grundstein zu bemerken, der auf dem Schulhof steht. Das Datum der Grundsteinlegung weckt Erinnerungen: 10. November 1989. Es waren spannende, aber auch ungewisse Zeiten für die damalige Polytechnische Oberschule Triebes, einer Schule von Klasse 1 bis 10, die aus Raumnot gerade einen Neubau erhalten sollte. Als der 1991 bezogen wurde, waren indes mit der neuen Schulstruktur aus einer Schule zwei geworden: die Grundschule und die Regelschule für die Sekundarstufe I, die mit Peter Wild seit August 1990 einen neuen Schulleiter hatte.

Schulgebäude
© Redaktion www.ganztagsschulen.org

Undine Schröder, seit 2013 Rektorin der Regelschule, erinnert sich, dass ihr Vorgänger vor allem einen Wunsch hatte: „Er wollte die Schule öffnen und vor allem den Blick der Schülerinnen und Schüler über den Tellerrand unseres Tals hinaus lenken.“ Kaum im Amt, hatte er sich deshalb mit der Schule im Oktober 1990 als UNESCO-Projektschule beworben. Seit 1996 ist die Regelschule eine von elf in Thüringen, wovon eine Plakette stolz am Eingang zeugt.

Schon vor 1996 entstanden Schulpartnerschaften mit Schulen in ganz Europa. Im Laufe der Jahre sind über 1.000 Schülerinnen und Schüler bei Reisen zu den Partnerschulen mit Kultur, Land und Leuten bekannt geworden. Aktuell bestehen Verbindungen zu Schulen in Südtirol, in Österreich, in Ungarn und in Frankreich. Gemeinsam arbeiteten die Schulen in internationalen Teams zu Themen wie Klimaschutz, Migration, Bildung und Ausbildung.

„Schritt zur Ganztagsschule war notwendig“

„Wir planen, die Schulpartnerschaften zu intensivieren, indem wir die neuen Medien nutzen“, berichtet Schulleiterin Schröder. „Heute ist es mit Skype oder Whatsapp möglich, im Kontakt zu bleiben, ohne dass man direkt vor Ort reisen muss.“ Das galt auch für die Schulpartnerschaften im abgeschlossenen Comenius-Projekt mit Schulen in England, Estland, Zypern und Rheinland-Pfalz. Im Erasmus-Programm trafen sich Triebeser Lehrerinnen mit europäischen Kollegen vor zwei Jahren in Portugal und letztes Jahr auf Teneriffa zu internationalen Konferenzen.

Der Öffnung nach außen entsprechen die Veränderungen, die die Schule vor über zehn Jahren im Innern vornahm und zu denen 2006 auch die Umwandlung zur teilgebundenen Ganztagsschule gehörte. Mit dem 5. Jahrgang startete die Schule und ließ den Ganztag aufwachsen. Undine Schröder und ihre Kolleginnen und Kollegen hatten sich bei Fortbildungsangeboten der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ informiert. „Wir schauen uns erstmal Schulen an!“, sagten sich die Triebeser und besuchten Ganztagsschulen in Thüringen und in Nordrhein-Westfalen.

„Der Schritt zur Ganztagsschule war notwendig“, erzählt Lehrerin Astrid Dittrich. „Mit einem reinen Frontalunterricht erreichen wir die Kinder immer weniger. Wir wollten mehr Zeit, um das im Unterricht Gelernte zu vertiefen und anzuwenden und um sowohl leistungsschwache als auch begabte Schülerinnen und Schüler besser fördern zu können.“

Bewegungspause und Freizeitblock

Bei der Konzeptarbeit band die Schule die Eltern ein, die immer häufiger den Bedarf an einer Hausaufgabenbetreuung und einem längeren Schultag geäußert hatten. Die Regelschule bildete ein Team, das unter dem Motto „Mehr Zeit für die Kinder – von der Stundenschule zur Ganztagsschule“ arbeitete. Es ging, so Undine Schröder, um eine „völlige Neuorientierung des Schulbetriebes“.

Für die Ganztagsschule musste ein ausgewogener Stundenplan entworfen werden: mit einem Wechsel von Spannung und Entspannung, einer Hausaufgabenbetreuung, nachmittäglichen Angeboten, die in einem konzeptionellen Zusammenhang zum Vormittagsunterricht stehen, und nicht zuletzt Freizeitaktivitäten. Zur Begleitung der Ganztagsschule bildeten sich dann drei Teams, die sich noch heute regelmäßig wöchentlich treffen, um mögliche Probleme und neue Ideen zu diskutieren.

An vier Wochentagen lernen die Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 7 von 7.30 bis 14.35 Uhr. In der ländlichen Umgebung kommen viele der 135 Kinder und Jugendlichen mit dem Bus, sodass die Fahrzeiten des Öffentlichen Nahverkehrs den Stundenplan mitgestalten. Für den Schulschluss ist gewährleistet, dass alle Schülerinnen und Schüler auch in der „dunklen Jahreszeit“ vor Anbruch der Finsternis zu Hause sind, was manchen Eltern besonders wichtig gewesen ist.

Schüler im Werkunterricht
© Regionale Schule "Georg Kresse"

Die Regionale Schule erhält vom Land zehn Lehrerwochenstunden für den Ganztag. Genutzt wird diese Zeit für Wochenplanarbeit, in welche die Hausaufgaben integriert sind, für Lernförderstunden in Deutsch, Englisch und Mathematik sowie für den Freizeitblock und Angebote am Nachmittag. „Ich habe nichts dagegen, wenn sich die Kinder mal einfach hinsetzen und erzählen“, bricht Undine Schröder eine Lanze für „ungelenkte“ Freizeitaktivitäten in der Mittagszeit. Die Schülerinnen und Schüler können auch mit einem großen Schachspiel auf dem Schulhof oder Fußball oder Basketball spielen. „Die Bewegung ist wichtig, daher haben wir eine Bewegungspause zwischen die 5. Stunde und das Mittagessen gelegt“, so die Schulleiterin.

Lernen lernen

„Wir haben viele engagierte Eltern“, freut sich Astrid Dittrich. Die Schule sieht die Eltern als wichtige Partner, was bereits am ersten Elternabend deutlich werde, wenn sie aufgefordert sind, miteinander zu diskutieren, was sie von der Schule erwarten und wie sie sich selbst einbringen können. Besonders wichtig ist den Eltern die Förderung ihrer Kinder.

Anliegen der Lehrkräfte ist es, durch kompetenzorientiertes Arbeiten und vielfältige Unterrichtsmethoden jede Schülerin und jeden Schüler entsprechend ihren beziehungsweise seinen Fähigkeiten zu fördern. Dazu hat das Kollegium schulinterne Lehrpläne entwickelt, und die Fachlehrkräfte haben Wochenplanaufgaben in zwei Leistungsniveaus konzipiert. Jede Woche erhalten die Schülerinnen und Schüler einen neuen Plan für die drei Wochenplanstunden, die sie in Stillarbeit eigenständig lösen und dann mit Hilfe von Lösungsblättern auch selbst kontrollieren.

Für die Arbeit können sich die Kinder und Jugendlichen auf den Flur zurückziehen oder einen zweiten Raum nutzen. „Sie sollen das Lernen lernen und ihre Arbeit selbst organisieren“, meint Konrektorin Gabriele Hempel. In den Lernförderstunden arbeiten Fachlehrkräfte mit einigen Schülerinnen und Schülern parallel gezielt in Deutsch, Englisch und Mathematik. „Auch hier sind wir dabei, die Aufgaben zu differenzieren“, berichtet Gabriele Hempel. „Da sind die Teamberatungen wichtig.“

Lehrerkooperation ist auch in den Projekten geboten, die in jedem Jahrgang fächerübergreifend zu unterschiedlichen Themen stattfinden, 2015/2016 beispielsweise zu den Themen „Der Weg eines Unternehmens vom HO-Versorgungsbetrieb zum Großhandelsunternehmen“ oder zur „Geschichte des Konzentrationslagers
Buchenwald / Weimar“. Die Projekte sind fast immer mit Exkursionen verbunden.

Niveau halten und Traditionen bewahren

Dienstag und Mittwoch sind die IG-Tage (Interessengemeinschaften). Die Angebote haben sich zum Teil aus der ehemaligen Schuljugendarbeit entwickelt. Das Landesprogramm „Schuljugendarbeit“ hat in Thüringen den Ausbau ganztägiger Angebote in der Sekundarstufe I unterstützt. An der Regelschule „Georg Kresse“ besteht eine Kooperation mit der Arbeiterwohlfahrt und zahlreichen Betrieben im Ort und in der Umgebung.

„All dies ist über die Jahre gewachsen“, meint Konrektorin Gabriele Hempel. „Wir sind sehr stolz auf unsere vielen Kooperationen, besonders den hervorragenden Kontakt mit den Betrieben und dem Berufsbildungszentrum in Zeulenroda, das unsere Berufsorientierung schon ab der 7. Klasse ermöglicht. Nun möchten wir unseren Standard halten und unsere Traditionen bewahren.“ Aus ihrer Sicht – „und das sage ich als Naturwissenschaftslehrerin“ – wäre es wünschenswert, wenn die Schule zusätzliche Möglichkeiten und Mittel hätte, auch sprachliche, musikalische und künstlerische Werte noch mehr zu fördern.

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