Grundschule Alftal: Ganztag in einer „großen Dorfschule“ : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Die Grundschule Alftal im Landkreis Bernkastel-Wittlich überträgt den Schülerinnen und Schülern schon früh Eigenverantwortung beim Lernen. Dass sie auf zwei Standorte verteilt ist, erweist sich gerade als Vorteil.

Wandertag
© Grundschule Alftal

So kann es manchmal gehen. Dass seine Grundschule Alftal auf zwei Standorte in Bausendorf und in Kinderbeuern aufgeteilt ist, würde der Schulleiter früher nicht unbedingt als Vorzug angesehen haben – bis zum März 2020. „Es kam uns zugute, dass wir den Präsenzunterricht an dem einen und die Notbetreuung an dem anderen Standort organisieren und so entzerren konnten“, erzählt Max Keller, der die Schule seit 2016 leitet.

Die offene Ganztagsschule ist eine der größeren in der Verbandsgemeinde Traben-Trabach zwischen Eifel und Hunsrück. 120 Schülerinnen und Schüler besuchen die Ganztagsgrundschule; die Erst- und Zweitklässler am Standort Bausendorf und die Dritt- und Viertklässler den zwei Kilometer entfernten Standort in Kinderbeuern. Die zum Ganztag angemeldeten rund 40 Schülerinnen und Schüler kommen nachmittags ab 12 Uhr beziehungsweise 13 Uhr für das Mittagessen, die Lernzeit und die Arbeitsgemeinschaften alle zum Standort Kinderbeuern.

Die Klassenlehrerinnen und -lehrer erstellten mit Beginn der Schulschließungen im März Wochenpläne, blieben mit den Eltern in Kontakt, und fuhren auch zu den Familien, um Materialien für die Schülerinnen und Schüler vorbeizubringen. Max Keller koordinierte die Einsätze, darunter auch die Notbetreuung für Eltern, die keine anderweitige Möglichkeit zur Betreuung ihrer Kinder sahen. „Das hat alles in allem gut geklappt“, freut sich der Schulleiter.

So konnte er in einem der Elternbriefe auch anerkennend schreiben: „Wir alle wissen, dass es für Sie zu Hause als 'Privatlehrer' gerade eine schwierige und ungewohnte Situation ist. Ich bitte Sie trotzdem weiterhin darum, mit Ihren Kindern gemeinsam die Aufgaben so vorbildlich wie bisher anzugehen. Gleichzeitig möchte ich Ihnen und den Kleinen auch heute wieder meinen Respekt für das Meistern dieser Ausnahmesituation aussprechen!“

Vor- und Nachteile zweier Standorte

Die Grundschule Alftal hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Schülerinnen und Schülern Eigenverantwortung beim Lernen zu übertragen und ihnen Freiraum zum selbstständigen Arbeiten zu geben. Im Unterricht gibt es oftmals differenzierte Angebote, verschiedene Schwierigkeitsgrade und ein „Zusatzangebot für Kinder, die mal mehr Futter brauchen“, wie es Max Keller formuliert. Dies geschieht durch unterschiedliche Materialien und Sozialformen, wenn zum Beispiel leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler ihren Mitschülern helfen.

„Natürlich stößt man auch an Grenzen – man kann nicht in jeder Stunde differenziert arbeiten oder für 15 Schüler 15 verschiedene Schwierigkeitsgrade anbieten.“ Die selbstständige Arbeit mit Lernplänen war den Schülerinnen und Schülern in jedem Fall so bekannt, dass sie damit nahtlos auch zu Hause weiterarbeiten konnten. Ab dem 4. Mai durften dann die Viertklässler zurückkehren – und machten Mut, dass auch unter den Abstands- und Hygieneregeln der Unterricht gut möglich ist.

Besuch vom Förster
Förster Stefan Jungblut zu Gast in der 3a © Grundschule Alftal

„Die Kinder haben sich echt toll an die Regeln gehalten“, lobt Max Keller. So konnten ab dem 25. Mai die Drittklässler wieder in die Schule kommen, und seit dem 8. Juni sind nun auch alle Erst- und Zweitklässler wieder da – und das hat laut dem Schulleiter ebenfalls „gut funktioniert“. Weil die Klassen mit etwa 15 Schülerinnen und Schülern sowieso nur so groß sind wie die vom Land vorgebende Maximalgruppengröße, ist der Unterricht im Klassenverband auch unter Einhaltung der Abstandsregeln wieder möglich.

„Zwei Standorte bringen ganz klar Nachteile mit sich: Die acht Kolleginnen und Kollegen verbringen ihre Pausen mitunter im Auto, vieles muss man doppelt besprechen, und Materialien müssen hin- und herkutschiert werden“, meint Max Keller. „Aber auf der anderen Seite hat es den Vorzug, dass durch die kleinere Zahl von jeweils nur rund 60 Schülerinnen und Schülern an den Standorten die Atmosphäre sehr ruhig ist – wie in einer großen Dorfschule.“

Zähneputzen nicht vergessen!

Bei Einrichtung der Ganztagsschule in Angebotsform erhielt die Grundschule Alftal einen Anbau mit einer Mensa und einem Küchenbereich, in dem das Mittagessen erwärmt und ausgegeben werden kann. Der Schulträger, die Verbandsgemeinde Traben-Trabach, hat eine Mitarbeiterin für die Essensausgabe eingestellt. Dazu kommen noch zwei Betreuerinnen mit einer ganz speziellen Aufgabe: Gemeinsam mit den tatkräftigen FSJlern begleiten sie die Schülerinnen und Schüler nach dem Essen zum Zähneputzen in den eigens dazu eingerichteten Zahnputzraum.

Die Lernzeiten in der Ganztagsschule, in denen die Schülerinnen und Schüler ihre Hausaufgaben erledigen, beaufsichtigen Lehrerinnen und Lehrer. Durch den Schulplaner, in den die Hausaufgaben eingetragen werden, weiß jede Lehrkraft, was zu tun ist. „Wenn ein Kind mal mit den Aufgaben nicht fertig wird, dann soll es nach Möglichkeit nicht noch zuhause daran sitzen, sondern das greifen wir am nächsten Morgen bestmöglich im Unterricht auf“, erläutert der Schulleiter, der selbst in einer 1. Klasse unterrichtet. „Wer umgekehrt schneller fertig wird, für den gibt es weitere Lern- und Spielangebote.“ Mittwochs gibt es keine Hausaufgaben, dafür doppelt so lange Arbeitsgemeinschaften. Das Kollegium nutzt die Zeit derweil für Konferenzen.

Besuch vom Imker
Besuch bei Imker Erich May in Bausendorf © Grundschule Alftal

Honorarkräfte und Lehrkräfte organisieren die AGs, wie „Kunst und Werken“, Schülerzeitung, „Nadel und Faden“, Schulgarten, Fußball oder Tennis, die bis 16 Uhr dauern. „Hier auf dem Land ist es schwieriger, Vereine für die Ganztagsschule als Partner zu gewinnen“, berichtet Max Keller. „Wir arbeiten schon lange mit einzelnen Honorarkräften, auf die man sich verlassen kann. Sie wissen, wie unsere Schule funktioniert.“ Für das kommende Schuljahr haben bereits alle ihre weitere Mitarbeit zugesagt.

Digitalisierung: Kolleginnen und Kollegen mitnehmen

Der Kontakt zwischen den außerschulischen Fachkräften läuft über mehrere Kanäle. Die beiden beim Mittagessen eingesetzten Betreuerinnen können Vorfälle oder Beobachtungen in einem „Betreuungsbuch“ notieren und dann mit dem Schulleiter oder Lehrkräften darüber in Kontakt treten. Letztes Jahr ist eine Steuergruppe eingerichtet worden, in der Max Keller und Kollegin Stephanie Schiffmann regelmäßig mit den Ganztagskräften zusammenkommen und alles Anliegende besprechen.

Der Schwerpunkt der Schulentwicklung hat zuletzt auf der Digitalisierung gelegen. „Natürlich ist es schön, wenn sich eine Schule breit aufstellt“, erklärt der Schulleiter. „Aber mir ist es lieber, wir konzentrieren uns auf eine Sache richtig, statt fünf bis sechs Projekte im Sande verlaufen zu lassen.“ Zur Förderung der Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler hat die Grundschule Alftal einen Tablet-Koffer mit 16 Tablets für den Standort Kinderbeuern angeschafft.

„Die Arbeit mit den Tablets hat sich sehr gut entwickelt“, berichtet der Schulleiter. In den Klassenräumen gibt es Beamer und Leinwände, und inzwischen ist auch schnelles Internet samt WLAN vorhanden, so dass sich gut mit den digitalen Medien lernen lässt. Es gibt einen Computerraum, den unter anderem auch die Schülerzeitungs-AG nutzt. Und am Ende des 4. Schuljahres erwerben die Schülerinnen und Schüler einen schuleigenen Medienkompass. Am Standort Bausendorf muss eine digitale Infrastruktur erst noch aufgebaut werden.

„Wenn man etwas Neues einführt wie die Digitalisierung, ist es besonders wichtig, dass die Kolleginnen und Kollegen mitgenommen werden und sich fortbilden können“, betont der Schulleiter. „Da müssen Ressourcen reingesteckt werden. Wir können natürlich viele neue digitale Geräte anschaffen, aber wenn sie dann nicht genutzt werden, weil niemand weiß, wie man damit umgeht, ist das sinnlos.“

„Spielen und Lernen sind keine Gegensätze“

An anderer Stelle ist die Grundschule Alftal seit einem Jahr buchstäblich Baustelle. Der Keller des Schulstandorts Kinderbeuern, in dem sich AG-Räume befanden, musste kernsaniert werden. Die Arbeiten werden seit einem Jahr zur Modernisierung genutzt und sind noch nicht abgeschlossen. Die Schulgemeinschaft freut sich, dass sie bald einen neuen Werkraum, einen weiteren AG-Raum und einen neuen Computerraum erhält.

Floßbau
Floßbau auf der Klassenfahrt nach Manderscheid © Grundschule Alftal

Bereits freuen durfte sich die Schulgemeinschaft im vergangenen Jahr als Preisträgerschule der Initiative „Spielen macht Schule‟ über einen großen Spielgewinn. „Auch in Zeiten der digitalen Medien wollen wir das gemeinsame Spielen nicht aus den Augen verlieren“, so der Schulleiter. „Spielen und Lernen sind keine Gegensätze, sondern im Spiel wird auf motivierende Weise gelernt. Die Kinder sollen spielen, sie sollen gewinnen und auch verlieren lernen, das ist auch soziales Lernen.“ In der Ganztagsschule werden ebenfalls Gesellschaftsspiele gespielt.

„Das Schöne als Schulleiter ist, dass man etwas gestalten und Prozesse ankurbeln kann“, beschreibt Max Keller. „Es macht Spaß, etwas im Team zu entwickeln. Wenn ich dann bei Ideen, bei denen ich mich vorher gefragt habe, ob sie überhaupt realisierbar sind, sehe, wie sie sich zum Positiven entwickeln, dann ist das einfach wunderbar.“

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