Geschwister-Scholl-Schule Konstanz: „We Have a Dream“ : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Persönlichkeiten zu stärken, ist das Ziel der Geschwister-Scholl-Schule in Konstanz, ob im Unterricht oder im offenen Ganztagsbereich.

20.000 Kilometer Luftlinie hin und zurück beträgt die Entfernung zwischen Konstanz und Balgüe in Nicaragua. Eben diese Kilometerzahl wollte die Geschwister-Scholl-Schule in diesem Jahr mit ihrem Benefizlauf für ihre Partnerschule in Nicaragua, das Instituto Nacional Jaime Marzá, erlaufen. Seit 2005 besteht die Zusammenarbeit der beiden Schulen. Der Schulverbund aus Gymnasium, Realschule und Werkrealschule unterstützt die Partnerschule auch materiell, damit diese Reparaturen am Schulgebäude erledigen sowie Schulkleidung und Arbeitsmaterialien anschaffen kann. Dazu werden noch zwei Stipendien finanziert.

Ein Projekt der Geschwister-Scholl-Schule ist der 26-Stunden-Nicaragua-Lauf, der kürzlich bereits zum dritten Mal stattgefunden hat. Für jede zurückgelegte Runde erhielten die Läuferinnen und Läufer – nicht nur Mitglieder der Schulgemeinschaft, sondern auch die anderer Schulen und der Öffentlichkeit – eine bestimmte, vorher festgelegte Summe, die sie mit einem von ihnen gefundenen Sponsor vereinbart hatten. Während der 26 Stunden war in diesem Jahr immer jemand auf der Strecke, auch nachts liefen mindestens vier Läufer. Die nach 15.640 Kilometern erlaufene Summe ist mit rund 30.000 Euro so hoch wie nie.

Für Eva Weitbrecht, Leiterin der Orientierungsstufe und Ganztagskoordinatorin, ist der Nicaragua-Lauf ein Beispiel für die Verpflichtung, die der Name der Geschwister Scholl für die offene Ganztagsschule mit sich bringt: „Wir wollen Zeichen setzen für Mitmenschlichkeit und den Einsatz füreinander. Beim Lauf macht die ganze Schule mit – Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer. Hier erlebt man Schule als Ganzes, das ist einzigartig. Auch die 350 Bewohner der benachbarten Leichtbauhalle für Flüchtlinge haben wir eingeladen mitzumachen.“

Die Persönlichkeit bilden

Mitmenschlichkeit symbolisiert auch die 30 Meter lange Kunst-Collage „We have a dream“, die sich im Foyer über die Schließfächer der Schülerinnen und Schüler erstreckt. Sie besteht in Anlehnung an die berühmte Rede des US-Bürgerrechtlers Martin Luther King aus 3.000 individuell gestalteten Stickern, die die über 1.400 Schülerinnen und Schüler während der „Internationalen Woche gegen Rassismus“ 2014 gestaltet haben.

Schülerinnen bekleben ihre Spinde mit Stickern
© Kulturagenten für kreative Schulen

Unterricht und den Ganztagsbereich für die Klassen 5 bis 10 stellt Eva Weitbrecht ebenfalls in diesen Zusammenhang: „Wir möchten aus den Schülerinnen und Schüler starke Persönlichkeiten machen. Die Persönlichkeitsbildung ist wichtig und auch eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Das ist nicht nur eine Kopfsache, sondern es geht auch um die Bereitschaft, Neues zu lernen und flexibel zu sein.“ Fast alle Eltern seien heute berufstätig, und die Jugendlichen benötigten ein zusätzliches Angebot.

„Die Schule kann nicht alles ersetzen, aber sie kann einen Beitrag leisten.“ Die offene Ganztagsschule helfe mit vielfältigen Angeboten wie Hausaufgabenbetreuung, Wahlfächern und Arbeitsgemeinschaften, Lernwerkstätten und Lernatelier, dass sich alle Schülerinnen und Schüler nach ihren Talenten und Bedürfnissen entfalten können. „Wer es will und braucht, findet bis 16.20 Uhr eine Betreuung vor und Orte, an denen man arbeiten kann“, so Eva Weitbrecht.

Stärken ausbauen

Die Hausaufgabenbetreuung von 14 bis 15 Uhr begleiten eine Lehrkraft und Studierende der Universität Konstanz, die über das Jugendbegleiter-Programm des Landes in die Schule vermittelt worden sind. Die Schule verfolgt mit der Hausaufgabenbetreuung ein weiteres Ziel: Gemeinsam mit den Jugendlichen entwickeln die Lernbegleiter einen Wochenarbeitsplan. Mit dessen Hilfe sollen die Schülerinnen und Schüler mittelfristig ein Lerntagebuch führen lernen, um noch effektiver zu arbeiten und nachhaltig zu lernen. Die Hausaufgabenbetreuung kann ohne Anmeldung flexibel besucht werden. Anschließend folgt eine halbstündige Ruhe- und Spielphase, in der das große Außengelände und das Schulgebäude genutzt werden können.

Falls notwendig, kann danach weiter gelernt werden. So gibt es an zwei Tagen die Lernwerkstatt, ein Förderangebot in Deutsch, Englisch, Französisch, Latein und Mathematik. Hier melden sich die Schülerinnen und Schüler freiwillig, aber verbindlich an; die Anwesenheit wird kontrolliert, und das Fehlen bedarf einer schriftlichen Entschuldigung.

„In der Lernwerkstatt arbeiten die Schülerinnen und Schüler an ihren Defiziten. Sie können sich aber auch neuen Herausforderungen stellen und ihre eigenen Stärken ausbauen“, erläutert Eva Weitbrecht. Gelernt wird hier in Kleingruppen von maximal fünf Schülern, ebenfalls unterstützt von Fachlehrkräften und Lehramtsstudierenden der jeweiligen Fachrichtung. „Die Kinder gehen gerne in die Lernwerkstatt, was uns eine Evaluation bestätigt hat. Und sie bewerten die Wirksamkeit als hoch.“

Individuell lernen und entspannen

Das Lernatelier, das räumlich mit der Schulbibliothek verbunden ist, kann jederzeit von 8 Uhr bis 15.30 Uhr aufgesucht werden. Hier lernen die Schülerinnen und Schüler selbstorganisiert und individuell, nutzen Lehr- und Arbeitsmaterialien, Übungssoftware sowie Bibliothek- und Internetrecherche und bereiten zum Beispiel Präsentationen vor. Lehrkräfte gehen mit ihren Schülerinnen und Schülern ins Lernatelier, um projektbasiert zu arbeiten. Eltern beaufsichtigen und verwalten das Lernatelier.

„Die Verknüpfung mit der Bücherei bietet den Kindern die Möglichkeit, sich auch mal mit einem Buch, einem Comic oder einer Zeitschrift zu entspannen oder ein Spiel zu spielen“, meint die Ganztagskoordinatorin. Mit der Stadtbibliothek Konstanz besteht eine Kooperation. „Besonders für die kleineren Schülerinnen und Schüler ist die Bücherei ein wichtiger Rückzugsort in der Mittagspause. Sie können sich in die Sitzsäcke und die Sitzecken verkrümeln.“

In der einstündigen Mittagspause können die Schülerinnen und Schüler auch in der hellen und ansprechend gestalteten Mensa essen. Hier besteht die Auswahl zwischen zwei Gerichten, die das Klinikum Konstanz anliefert. „Viele Schülerinnen und Schüler nutzen die Mensa aber auch schon am Morgen das Morgencafé, um dort zu frühstücken, zu schwatzen oder ihre Hausaufgaben zu machen“, erzählt Eva Weitbrecht. Die Mensa ist durchgehend von 7 bis 14 Uhr geöffnet.

„Eine Schule, die lebt, wird gerne besucht“

Schließlich kommt auch das außerunterrichtliche Programm nicht zu kurz: Einmal pro Woche nehmen die Schülerinnen und Schüler an einem Wahlfach teil, das sie halbjährlich anwählen und das in der Regel mittwochs von 14 Uhr bis 15.30 Uhr stattfindet. In diesem Schulhalbjahr standen rund 20 Angebote zur Auswahl, von „Chemischen Experimenten“ über Street Art, Chor und Bläser-Ensemble bis zum Kochen und der Gaukler-AG. Der Schule gehört auch ein eigenes Ruderboot für die Ruder-AG.

„Die Wahlfächer werden nicht nur von unseren Kolleginnen und Kollegen angeboten, sondern auch von außerschulischen Experten aus Sportvereinen, Jugendinstitutionen und anderen Bildungspartnern aus Konstanz organisiert“, erzählt Eva Weitbrecht. Mit dem Max-Planck-Institut für Ornithologie besteht eine Kooperation, bei der die Schülerinnen und Schüler beispielsweise im Rahmen der „Jugend forscht“-AG die Vogelberingungsstation besuchen. „Die verschiedenen Qualifikationen, die die Kinder in den Wahlfächern erwerben, bekommen sie zertifiziert. Dadurch wollen wir auch etwas mehr Verbindlichkeit erreichen“, erklärt die Leiterin des Ganztagsbereichs.

„Eine Schule, die lebt, wird gerne von den Kindern besucht“, befindet Eva Weitbrecht. Um die Qualität des Unterrichts und der Angebote sicherzustellen, „wird bei uns der Austausch der Kollegen und der Fachschaften untereinander groß geschrieben“. Hohe Akzeptanz finde im Kollegium auch die Mitarbeit von Sonderpädagogen und Sozialarbeitern.

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