Auf die Ganztagsschule gut vorbereitet: Regionale Schule Dassow : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Immer mehr Schulen werden Ganztagsschulen. Viele von ihnen haben sich schon lange darauf vorbereitet. In unserer Sommerreihe heute: Regionale Schule mit Grundschule Dassow (Mecklenburg-Vorpommern).

Schülerinnen und Schüler bei enem Umzug
© Regionale Schule mit Grundschule Dassow

Im Schuljahr 2015/2016 ist es für viele Schulen endlich soweit: Sie können sich auf den Weg zur Ganztagsschule machen. Wir möchten wissen, wie so ein Umgestaltungsprozess in der Praxis verläuft. Was ist zu bedenken? Womit beginnen sie? Und wie überwinden sie die Anfangsschwierigkeiten? In unserer Sommerreihe „Auf den Ganztag gut vorbereitet“ fragen wir Schulleitungen nach ihren Erfahrungen.

Online-Redaktion: Frau Kurda, was zeichnet die Regionale Schule mit Grundschule Dassow aus?

Sabine Kurda: Wir haben uns als Ziel gesetzt, dass unsere Schule immer mehr zu einem Lern- und Lebensort werden soll. Vor allem möchten wir durch gezielte Nachmittagsangebote mehr Zeit und individuelle Förderung sowohl für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler als auch für diejenigen mit Lernproblemen erreichen. Aus diesem Grund hatten wir schon seit vielen Jahren den Wunsch, Ganztagsschule zu werden.

Dazu mussten aber zunächst bauliche Voraussetzungen erfüllt werden. Im Februar 2012 konnten wir dann einen Erweiterungsbau beziehen. Ein Jahr später kamen Sportaußenanlagen hinzu, sodass wir räumlich jetzt sehr gut ausgestattet sind.

Online-Redaktion: Wie haben Sie sich auf die Ganztagsschule vorbereitet?

Kurda: 2010/2011 sind die Grundschule und die Regionale Schule, die auch einen Außenstandort in Selmsdorf hat, fusioniert. Als wir den Erweiterungsbau bekamen, haben wir sofort im September 2012 den ersten Antrag zur Einrichtung der Ganztagsschule beim Land gestellt. In den Antrag flossen unsere Ideen der ganztägigen Angebote ein, die wir bereits bei der Fusion der Grundschule und der Regionalen Schule in unser Schulprogramm aufgenommen hatten. Einige Elemente hatten wir auch schon hier und da umgesetzt, wie Arbeitsgemeinschaften und außerunterrichtliche Angebote.

Bereits im Schuljahr 2013/14 haben wir aus eigenen Mitteln mit zusätzlichen Angeboten für die Klassenstufen 5 und 6 begonnen. Im darauffolgenden Jahr weiteten wir das auf die 7. Klasse aus. In unserem Antrag haben wir deshalb erklärt, dass wir gleich in die Vollen gehen und sofort komplett als gebundene Ganztagsschule starten wollen.

Schülerinnen und Schüler mit selbstzubereiteten Speisen
© Regionale Schule mit Grundschule Dassow

Wir sehen in der Ganztagsschule die Chance für ein vielfältigeres Angebot für unsere Schülerinnen und Schüler, welches man innerhalb der regulären Unterrichtszeit nicht vorhalten kann. Leider mussten wir uns aus haushaltstechnischen Gründen in Geduld üben. In diesem Jahr haben wir mit unserem dritten Antrag endlich Erfolg gehabt. Die Freude war natürlich sehr groß.

Online-Redaktion: Haben alle Beteiligten die Entscheidung von Anfang an mitgetragen?

Kurda: Absolut. Schon für unseren Erstantrag hatten wir eine Elternbefragung durchgeführt und mit den Schülerinnen und Schülern gesprochen. Bei beiden Gruppen sind wir auf positive Resonanz gestoßen. Auch die Stadt Dassow und die Gemeinde Selmsdorf unterstützen uns. Das Kollegium ist sowieso dafür, nicht zuletzt, weil die Schulen in unserer Nachbarschaft längst Ganztagsschulen sind. Wir besitzen nun den Vorteil, von den Erfahrungen dieser Schulen profitieren zu können.

Online-Redaktion: Wie werden Sie den Tag strukturieren?

Kurda: Unsere Schule beginnt um 7.30 Uhr mit dem Unterricht. Davor gibt es schon eine offene Eingangsphase ab 7.15 Uhr, in der die Kinder in Ruhe ankommen und auch schon mal die Lehrerinnen und Lehrer ansprechen können. Der Unterricht ist dann in mehrere große Blöcke aufgeteilt. Zwischendurch gibt es zwei längere und kurze Pausen. Das Mittagessen erhalten wir sowohl in Selmsdorf als auch in Dassow von Anbietern aus der Region. Am Standort in Dassow wird zusätzlich eine Versorgung in der Frühstückspause angeboten.

In Dassow endet der offizielle Ganztag bereits um 14.15 Uhr, was sich wegen der Schulbuszeiten nicht anders regeln lässt. In Selmsdorf, wo die Busse später fahren, gibt es darüber hinaus eine Hausaufgabenbetreuung bis 15.15 Uhr.
Die Schülerinnen und Schüler können aber auch außerschulische Angebote nutzen, die teilweise in den Räumlichkeiten der Schule stattfinden. So arbeiten wir mit Eltern, Sportvereinen, mit der Freiwilligen Feuerwehr und der Musikschule Fröhlich und der Kreismusikschule „Carl Orff“ zusammen.

Blick in den Computerraum
© Regionale Schule mit Grundschule Dassow

Wir arbeiten auch gerne in fächerübergreifenden Projekten. So haben wir im vergangenen Jahr das Projekt „Alles is(s)t gut“ durchgeführt. Dort wurde das Thema Ernährung altersgemäß aufbereitet. Im Jahr davor hatten wir ein Umwelt-Thema, es ging um das Thema Müll. Die Projekte enden dann jeweils mit einem Tag der offenen Tür, an dem die Schülerinnen und Schüler ihre Ergebnisse präsentieren.

Online-Redaktion: Wie werden Sie es als gebundene Ganztagsschule mit den Hausaufgaben halten?

Kurda: Als Übungsaufgaben spielen sie in unserem Konzept des individualisierten Lernens eine Rolle. Wir möchten, dass unsere Schülerinnen und Schüler immer mehr befähigt werden, selbstständig und selbstreguliert zu lernen. Dazu haben wir individuelle Lernzeiten eingerichtet. Sie umfassen insgesamt drei Wochenstunden in den Kernfächern Deutsch, Englisch und Mathematik. Hier lernen und üben die Schülerinnen und Schüler in ihrem jeweiligen Tempo.

Die individuellen Lernzeiten finden in Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit statt. Die Kinder arbeiten mit einem Wochenplan, der Pflicht- und Wahlaufgaben enthält. Regelmäßige Selbsteinschätzungen der Schülerinnen und Schüler oder auch Auswertungen im Team und durch den Fachlehrer geben den Schülerinnen und Schülern im Anschluss ein Feedback über ihre erreichten Ergebnisse bzw. wichtige Hinweise für die weitere Arbeit.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Schülerinnen und Schüler zunächst Lernstrategien brauchen, um auch wirklich selbstständig arbeiten zu können. Schon im letzten Schuljahr haben wir dazu eine Kompetenzstunde eingerichtet, in der wir intensiv verschiedene Lernmethoden vermitteln und festigen. Das ist sehr positiv eingeschlagen, sodass wir das beibehalten und bis Klasse 10 durchziehen werden.

Online-Redaktion: Wie arbeiten Sie an der Weiterentwicklung des Ganztagsschulkonzepts?

Schülerinnen und Schüler machen auf dem Schulhof eine Polonaise
Polonaise am letzten Schultag © Regionale Schule mit Grundschule Dassow

Kurda: Zur Umsetzung unseres Schulprogramms, in dem die Ganztagsschule verankert ist, haben wir eine Steuergruppe und verschiedene Arbeitskreise gebildet. Entwicklungstendenzen und Anregungen werden hier aufgenommen, diskutiert und entsprechend weitergeleitet. Im kommenden Jahr wollen wir schwerpunktmäßig ein Förderkonzept entwickeln. Um den vielfältigen Aufgaben effektiv gerecht zu werden, richteten wir auch hierfür verschiedene Arbeitsgruppen ein. So können sich die Kollegen bei der Erarbeitung des Konzeptes auf vorher mit dem Gesamtkollegium festgelegte Schwerpunkte konzentrieren.

Online-Redaktion: Gibt es schon etwas, auf das Sie sich im kommenden Schuljahr speziell freuen?

Kurda: Ich freue mich auf jedes Schuljahr! Ich bin einfach gespannt, wie es anläuft, wie die Schülerinnen und Schüler auf die Angebote reagieren und wofür sie sich entscheiden.

Dassow, „das Tor zur Ostsee“, liegt im Landkreis Nordwestmecklenburg. Schulträger ist das Amt Schönberger Land. Rund 340 Schülerinnen und Schüler werden im Schuljahr 2015/16 die Regionale Schule mit Grundschule Dassow besuchen. 26 Lehrerinnen und Lehrer arbeiten an der Schule. Die Schule ging im Schuljahr 2010/2011 aus der Fusion der Regionalen Schule Dassow mit Außenstelle Selmsdorf und der Grundschule Dassow hervor. Sie arbeitet weiter an den zwei Standorten Dassow (Grundschule, Klassen 5 bis 10) und Selmsdorf (Klassen 5 und 6). Die Schule kooperiert außerdem mit der Förderschule Schönberg. Seit 2013 gibt es in den Klassen 5 und 6 ganzheitliche Angebote. Ein Schwerpunkt ist auch die Berufsorientierung. Zum Schuljahr 2015/16 erhielt die Schule vom Land Mecklenburg-Vorpommern die Genehmigung, Ganztagsschule zu werden.

Der Erlass des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur „ Errichtung und Betrieb von vollen Halbtagsschulen und Ganztagsschulen in Mecklenburg-Vorpommern (PDF, 1MB, nicht barrierefrei)“ vom 14. April 2014 regelt die Einrichtung von Ganztagsschulen.

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