Auf den Ganztag gut vorbereitet: Grundschule Wasserliesch : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Immer mehr Schulen werden Ganztagsschulen. Viele von ihnen haben sich schon lange darauf vorbereitet. In unserer Sommerreihe heute: Grundschule St. Marien Wasserliesch (Rheinland-Pfalz).

Im Schuljahr 2015/2016 ist es für viele Schulen endlich soweit: Sie können sich auf den Weg zur Ganztagsschule machen. Wir möchten wissen, wie so ein Umgestaltungsprozess in der Praxis verläuft. Was ist zu bedenken? Womit beginnen sie? Und wie überwinden sie die Anfangsschwierigkeiten? In unserer Sommerreihe „Auf den Ganztag gut vorbereitet“ fragen wir Schulleitungen nach ihren Erfahrungen.

Online-Redaktion: Frau Löwenbrück, warum haben Sie sich entschlossen, Ganztagsschule zu werden?

Adelheid Löwenbrück: Ich bin seit vier Jahren hier Schulleiterin. Es gab schon damals eine kleine Betreuung bis 14 Uhr, aber dann zeigte sich, dass der Bedarf bei den Eltern immer stärker zunahm und Stimmen für eine Ganztagsschule laut wurden. Wir mussten unsere Schulentwicklung insgesamt vorantreiben und haben uns als erstes die Ganztagsbetreuung vorgenommen. Gemeinsam mit der ADD, der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion – das ist unsere Schulverwaltung – und der Verbandsgemeinde Konz haben wir entschieden, den Antrag zur Einrichtung einer Ganztagsschule zu stellen.

Online-Redaktion: Ihre Schule zeichnet aber auch etwas Anderes aus...

Löwenbrück: Ja, unser Ort liegt nicht weit von der französischen Grenze. Vor drei Jahren haben wir uns entschlossen, beim Bildungsministerium einen Antrag auf Einrichtung eines bilingualen Zweigs zu stellen. Dem wurde stattgegeben, sodass wir im kommenden Schuljahr bereits die dritte Jahrgangsstufe mit dem bilingualen Zweig Französisch haben. Die Voraussetzung dafür ist, dass wir immer mindestens zweizügig sind, damit die Wahlfreiheit der Eltern gewährleistet ist.

Seit letztem Jahr ist es so, dass es so viele Anmeldungen für den französischen Zweig gibt, dass wir auf Vorgabe des Ministeriums mit dem Schulelternbeirat die Plätze verlosen müssen. Da wir zum Glück aber zusätzlich noch eine Austauschlehrerin aus Frankreich haben, können wir auch im nicht-bilingualen Zweig zwei Stunden Französisch anbieten. Für alle Schülerinnen und Schüler gibt es zudem noch den deutsch-französischen Schulchor.

Online-Redaktion: Traf der Elternwunsch nach der Ganztagsschule auf offene Ohren in Ihrem Kollegium?

Löwenbrück: Wir haben den Konferenzbeschluss einstimmig getroffen. Es bringt ja nichts, wenn ich so eine Entscheidung von oben diktiere, da müssen alle im Boot sein. Wir wissen natürlich noch nicht, wie sich jetzt die Ganztagsschule anlassen wird, aber beim bilingualen Zweig ist es wirklich gut angelaufen. Den hatten wir auch einstimmig beschlossen.

Online-Redaktion: Wie haben Sie die Ideen für die Gestaltung des Ganztags entwickelt?

Löwenbrück: Es gibt in Rheinland-Pfalz für angehende Ganztagsschulen eine gute Veranstaltung des Pädagogischen Landesinstituts in Bad Kreuznach. Unsere Kollegin Anna Hoffmann, die sich für den Aufbau der Ganztagsschule sehr engagiert, und ich sind dorthin gefahren, haben mit Ganztagsschulberatern gesprochen und dann auch einen Termin mit einem Berater vereinbart. Der hat uns sehr gute Empfehlungen gegeben. Ich war natürlich an zahlreichen benachbarten Schulen, um mir anzuschauen, wie es dort gemacht wird. Die Schulleiterkollegen haben mich beraten, sie haben mir gesagt, welche Fehler man nicht machen sollte, was sie selbst verworfen haben und was sich bewährt hat. In diesem Dreivierteljahr haben wir viele Eindrücke gesammelt. Zusammen mit unserem Ganztags-Berater und dem Kollegium haben wir unser Konzept dann auf den Punkt gebracht. Ich hoffe, dass wir nun ein qualitativ hochwertiges Angebot machen können, das von den Kindern gut angenommen wird.

Online-Redaktion: Gibt es ein Beispiel für einen Fehler, den Sie ohne die Beratung möglicherweise begangen hätten?

Löwenbrück: Ich hätte wohl eine pädagogische Fachkraft eingestellt. Aber Kollegen haben mir geraten, trotz des zwar großzügig bemessenen Budgets für eine kleine Ganztagsschule darauf zu verzichten, weil das so viel vom Budget nimmt, dass man dann größere Gruppen bilden müsste. Wir haben uns stattdessen für Honorarkräfte, die wir schon von ihrer ehrenamtlichen Arbeit an unserer Schule kennen oder die bereits in der Ganztagsbetreuung bis 14 Uhr tätig waren, entschieden. Ich kann mir sicher sein, dass ich da kleinere Gruppen bilden kann und gleichzeitig qualitativ hochwertige Arbeit bekomme.

Online-Redaktion: Werden auch Lehrerinnen und Lehrer am Nachmittag tätig sein?

Löwenbrück: Die vom Land geforderte Untergrenze für den Lehrkräfteeinsatz in der Ganztagsschule liegt bei 50 Prozent Lehrerwochenstunden. Wir werden sogar bei 62 Prozent Einsatz liegen. Mir ist es wichtig, dass gerade die Lern- und Förderzeiten von unseren Kolleginnen und Kollegen begleitet werden. In jeder Lerngruppe wird eine Lehrerin oder ein Lehrer eingesetzt. Diese werden durch FSJ-ler unterstützt. Dazu kommen noch täglich Lernpaten von der Konzer Doktor Bürgerstiftung. Sie unterstützen lernschwächere Schülerinnen und Schüler in der Lernförderzeit, was eine Riesenentlastung für unsere Kolleginnen und Kollegen darstellt.

Online-Redaktion: Sind die Lerngruppen altersgemischt?

Schüler vor einem Bücherregal
Die Schulbücherei ist mittwochs und freitags in der ersten Großen Pause geöffnet © Grundschule St. Marien

Löwenbrück: Wir bilden drei Gruppen, wobei die Dritt- und Viertklässler zusammen lernen. Dort ist die Gruppe sehr klein, weil das kommende vierte Schuljahr noch einzügig ist. Das ist der Jahrgang, in dem einige Eltern abgewandert sind, weil wir noch keine Ganztagsschule gewesen sind. Es ist uns wichtig, dass in den Arbeitsgemeinschaften altersgemischte Gruppen zusammen sind. Teilweise lernen hier Kinder von den Jahrgangsstufen 1 bis 4 gemeinsam. Wir erhoffen uns, dass die älteren Schülerinnen und Schüler die jüngeren unterstützen.

Online-Redaktion: Welche Arbeitsgemeinschaften werden Sie anbieten?

Löwenbrück: Es war ein Tipp meiner Schulleitungskolleginnen und -kollegen, an jedem Tag mindestens ein Sport- und Bewegungsangebot zu machen. Das ist uns auch gelungen. Dazu gibt es noch Schach, eine Lese-AG, eine Computer-AG, eine Kunst-AG, Handarbeiten, Knobelaufgaben und Wald und Natur. Für jeden sollte was dabei sein.

Online-Redaktion: Wie organisieren Sie das Mittagessen?

Löwenbrück: Das kommt von der Nachbarschule St. Johann hier in Konz. Wir haben eine Ausgabeküche und auch eine Angestellte, die sich um das Mittagessen kümmert. Das war sowieso ein Vorteil für unsere Ganztagsschulgenehmigung, dass bei uns baulich nichts mehr investiert werden musste. Beim Mittagessen wird immer eine Lehrkraft dabei sein, außerdem unterstützen uns auch hier die FSJ-ler.

Online-Redaktion: Und wie sieht es mit der Ausstattung der Schule für den Ganztag aus?

Löwenbrück: Jede Ganztagsschule erhält eine Anschubfinanzierung. Das Kollegium hat sich entschieden, dies für die Einrichtung der Flure einzusetzen. Im Winter oder wenn das Wetter schlecht ist, können sich die Schülerinnen und Schüler dann an kleine Tischgruppen setzen. In einer Schulversammlung habe ich den Kindern mitgeteilt, dass ein Teil des Geldes auch für neue Spielsachen und -geräte verwendet werden sollte und sie mitentscheiden können, was angeschafft wird. Im Flur konnten die Mädchen und Jungen daraufhin an einer Litfaßsäule ihre Wünsche hinterlassen. Wir haben versucht, das Meiste zu berücksichtigen. Natürlich sind da auch immer ein paar unrealistische Wünsche dabei, wie ein kleines Motorrad oder ein Swimming Pool.

Online-Redaktion: Gehen Sie mit einem guten Gefühl in das kommende Schuljahr?

Löwenbrück: Der Plan steht, das Interesse an den Arbeitsgemeinschaften ist abgefragt, sodass wir es noch vor den Ferien geschafft haben, die Einteilungen vorzunehmen. Die Verträge mit den Honorarkräften sind alle unterschrieben. Was in den Ferien noch ansteht, ist das Bearbeiten der Lieferungen, wir müssen alles einräumen und sortieren. Es gibt noch tausend kleine Details zu klären, die für einen geregelten Ablauf sorgen. Wir müssen uns zum Beispiel überlegen, wie wir die Ausgabe der Spielsachen organisieren. Aber insgesamt bin ich froh, dass der Großteil bereits steht. Gerade in den ersten Monaten werden wir uns öfter zusammensetzen, um zu reflektieren, was gut läuft und was weniger gut funktioniert.

In der Grundschule St. Marien lernen rund 120 Schülerinnen und Schüler. Die derzeit elf Lehrkräfte werden durch sieben weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ganztag unterstützt. Schulelternbeirat und Förderverein gestalten das Schulleben aktiv mit. Seit dem Schuljahr 2013/14 gibt es an der Grundschule eine bilinguale Französisch-Klasse, die in den Fächern Sport, Kunst, Musik, Sachunterricht und Mathematik von einer deutschen und einer französisch sprechenden Lehrkraft unterrichtet wird. Zusätzlich wurde der deutsch-französische Wali-O-Bili-Chor für alle Klassen gegründet

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