Ganztagsschule Friedrichstadt : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

„Zwischen den Schuljahren“ bilanzieren Schulleiterinnen und Schulleiter das Schuljahr. Heute: Schulleiterin Ines Petermann von der Sekundarschule Friedrichstadt in der Lutherstadt Wittenberg (Sachsen-Anhalt).

Online-Redaktion: Frau Petermann, wie lief das Schuljahr 2013/14?

Ines Petermann: Was uns sehr motiviert hat und auch Mut macht, unseren Weg weiterzuverfolgen, war die Bewerbung zum Deutschen Schulpreis. Nachdem die Jury sich in unserer Schule gründlich umgesehen und viele Gespräche mit Schülerinnen, Schülern, Lehrkräften und Eltern geführt hatte, wurden wir als eine der 15 besten Schulen nominiert. Das ist eine tolle Anerkennung unserer Arbeit der letzten Jahre gewesen, die im Juni durch die Reise einer Delegation aus unserer Schule zur Preisverleihung in Berlin gekrönt worden ist. Wertvoll ist die dezidierte Rückmeldung gewesen, die wir so über unsere schulische Arbeit erhalten haben. Darüber hinaus gibt uns das die Chance, in Zukunft spezielle Fortbildungsangebote zu nutzen. Das wird uns bei der Schulentwicklungsplanung für die kommenden Schuljahre helfen.

Online-Redaktion: Sie sind Referenzschule im Netzwerk „Abgucken erwünscht“ und haben oft Gäste, die bei Ihnen hospitieren. Wie stellen Sie den Besucherinnen und Besuchern Ihre Schule vor?

Petermann: Die Sekundarschule Friedrichstadt arbeitet seit 1996 als offene und seit 2001 als gebundene Ganztagsschule. Wir sind immer bestrebt, Schülerinnen und Schüler zu einem Abschluss zu führen, der für sie passgenau ist und auf die Anforderungen der Berufswelt vorbereitet. Das erreichen wir durch vielfältige projekt- und praxisorientierte Arbeitsweisen. Beispielsweise wird in allen Jahrgängen einmal wöchentlich ein projektorientierter Lerntag durchgeführt. Hier werden ganztägig fächerübergreifende Projekte in kleinen Lerngruppen bearbeitet. Über die Themen können die Schülerinnen und Schüler mit entscheiden. Über einen Zeitraum von etwa sechs Wochen wird vielschichtig, prozess- und produktorientiert gearbeitet, es werden Exkursionen durchgeführt, und die Ergebnisse werden präsentiert. Wichtig ist daran, dass die Jugendlichen hier Eigenverantwortlichkeit erfahren und sich wesentlich intensiver und lebensweltbezogener mit einem Thema unter verschiedenen Blickrichtungen befassen können.

Die Berufsorientierung beginnt bereits in der 5. Jahrgangsstufe und endet mit der Begleitung ins Berufsleben. Ausgehend von unseren langjährigen Erfahrungen mit dem Produktiven Lernen wird in Klasse 8 zusätzlich ein praxisorientierter Lerntag durchgeführt. Im Laufe des ersten Halbjahres besuchen die Schülerinnen und Schüler außerschulische Lernorte und machen Erfahrungen in unterschiedlichen Berufsfeldern. Unterstützt werden wir dabei unter anderem vom Bildungszentrum für Beruf und Wirtschaft, vom Berufsbildungszentrum Wittenberg, der Handwerkskammer Halle und vom NABU-Naturschutzbund Deutschland.

Online-Redaktion: Projektlernmethoden erfordern andere Arrangements und Zeitstrukturen als der herkömmliche Unterricht im Klassenverband. Wie sieht die Zeitstruktur an Ihrer Schule aus?

Petermann: Wir arbeiten mit jeweils vier 80-minütigen Unterrichtsblöcken, von denen einer am Nachmittag liegt. Jeden Tag gibt es für die Schülerinnen und Schüler eine eigenverantwortliche Lernzeit von 50 Minuten. Unterrichtsinhalte können fächerübergreifend bearbeitet werden, und es sind auch Partner- und Gruppenarbeit möglich. Individuelle Förderung, die ja für jede Schule eine Herausforderung darstellt, wird hier ebenso wie in den vielfältigen AG-Angeboten praktiziert.

Online-Redaktion: Welche Rolle spielt die Medienbildung an Ihrer Schule?

Petermann: Da gibt es viele verschiedene Aktivitäten. Schülerinnen und Schüler drehen Filme. Sie lernen, Veranstaltungen dokumentarisch im Film festzuhalten oder Interviews zu führen. Dazu arbeiten wir zum Beispiel auch mit dem Offenen Kanal Magdeburg zusammen. Wir haben das MDR-Rundfunkstudio in Dessau oder das Funkhaus in Halle besucht. Diese Dinge, die an einem Halbtagsschultag so gar nicht möglich wären, ergeben sich im Rahmen der Projektarbeit, und wir unterstützen das ganz zielgerichtet. Die Schülerinnen und Schüler erhalten dafür auch Zertifikate zum Kompetenznachweis.

Online-Redaktion: Was haben Sie sich für das kommende Schuljahr vorgenommen?

Petermann: Wir möchten weiter an der Unterrichtsqualität arbeiten und die projekt- und praxisorientierten Angebote stärker mit dem Unterricht verknüpfen. Wir wollen der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler noch besser Rechnung tragen und haben uns dazu verschiedene Ansätze überlegt. Wir möchten die Schülerinnen und Schüler noch kontinuierlicher in die eigene Reflexion und damit in die Lernentwicklung einbeziehen und die Eltern noch stärker als bisher einbinden.

Daneben wollen wir einen neuen Anlauf unternehmen, Gemeinschaftsschule zu werden, nachdem unser Antrag, nachdem wir alle Verfahren im Land durchlaufen hatten, im abgelaufenen Schuljahr vom Kreistag leider abgelehnt worden ist. Wir hatten sehr viel Arbeit in diesen Antrag investiert, wollten hier im Landkreis Wittenberg für die Schülerinnen und Schüler ein völlig neues Bildungsangebot entwickeln und waren entsprechend enttäuscht.

Online-Redaktion: Welche Unterschiede bringt denn für Sie eine Gemeinschaftsschule im Vergleich zur Sekundarschule?

Petermann: Die Schülerinnen und Schüler werden nicht nach Bildungsgängen getrennt, sondern lernen von der Klasse 5 bis 13 alle gemeinsam, sodass auch die Möglichkeit gegeben ist, das Abitur abzulegen, ergänzt um praktische und projektorientierte Grundlagen.

Die Sekundarschule Friedrichstadt ist eine gebundene Ganztagsschule mit sportlichem und künstlerischem Profil. Im Schuljahr 2009/2010 erhielt die Schule das Berufswahlsiegel „Schule mit vorbildlicher Berufswahlorientierung“. 2012 wurde sie Referenzschule des Landes Sachsen-Anhalt im Netzwerk „Abgucken erwünscht - Referenzschulen für kollegiales Lernen“.

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