Freiherr-vom-Stein-Schule : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Ferienzeit! In unserer Sommerreihe „Zwischen den Schuljahren“ bilanzieren Schulleiterinnen und Schulleiter das Schuljahr. Heute im zweiten Teil: Olaf Hubert, stellvertretender Schulleiter der Freiherr-vom-Stein-Schule Neumünster, und Stefanie Grams, Schulsozialarbeiterin.

Online-Redaktion: Herr Hubert, was war für Sie im zu Ende gehenden Schuljahr besonders wichtig?

Olaf Hubert: Wir sind mit unserer vierten Bewerbung beim Deutschen Schulpreis erfolgreich gewesen und unter die besten 15 Schulen gekommen. Damit ist insbesondere unser fächer- und jahrgangsübergreifendes individuelles Lernen gewürdigt worden. Jetzt warten wir gespannt auf die dezidierte Rückmeldung der Jury, die uns im Januar aufgesucht hatte. Hätten wir uns eine fachliche Evaluation solcher Güte ins Haus bestellt, wären wir sicherlich rund 15.000 Euro losgeworden.

Online-Redaktion: Frau Grams, Ihre Schule hat ein neues Medienkonzept initiiert?

Stefanie Grams: Das geht zurück auf einen Antrag der Schülerkonferenz vor etwa zwei Jahren, MP3-Player in der Schule benutzen zu dürfen und ein besseres WLAN-Netz an der Schule zu etablieren. Es bildete sich ein Medienausschuss aus Schülerinnen und Schülern, Eltern, Lehrkräften und Schulsozialarbeit.

Schnell weitete sich der Blick auf das gesamte digitale Medienspektrum. Zu den regelmäßigen Treffen kam Henning Fietze vom Offenen Kanal Schleswig-Holstein hinzu. Uns war wichtig, einen Experten von der Produktionsseite zu hören. Durch die Diskussionen wurde uns bewusst, dass die Schule nicht die letzte Bastion gegen Smartphones und andere digitale Medien bilden kann, sozusagen eine Insel in einer digitalisierten Welt. Wir haben dann in den Klassen Umfragen durchführen lassen, was sich die Jugendlichen in Bezug auf Mediengeräte wünschen.

Online-Redaktion: Was ergab die Umfrage?

Grams: Die Schülerinnen und Schüler wünschten sich einen freieren Umgang mit Handys und Smartphones in der Schule, betonten aber gleichzeitig, dass sie Missbrauch wie Cybermobbing unterbinden wollen. Die Wünsche sind in Regeln übertragen worden. Diese wurde in sämtlichen schulischen Gremien vom Unterstufenrat über die Schülervertretung bis zum Elternbeirat beraten. Es gab Diskussionen und Änderungswünsche. Die Endfassung wurde in die Schulkonferenz eingebracht und beschlossen. Im kommenden Schuljahr werden diese Regeln greifen. Das Konzept beinhaltet übrigens auch die Fortbildung der Schülerinnen und Schüler, der Eltern und der Lehrkräfte.

Uns ist bei all den Diskussionen bewusst geworden, dass wir nicht nur einfach neue Regeln aufstellen können, sondern dass der ganze Prozess des liberaleren Umgangs mit den neuen Medien kontinuierlich fachlich begleitet werden sollte. Unterstützt wird das zum Beispiel durch den Offenen Kanal oder die Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz. Im Netzwerk „Lernen im digitalen Alltag“ der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung können wir uns mit fünf anderen Ganztagsschulen austauschen, wie digitale Medien im Unterricht eingesetzt werden. Und schließlich stehen wir im Kontakt mit der Universität Flensburg, um unser Konzept evaluieren zu lassen.

Online-Redaktion: Welche Unterschiede zum bisherigen Zustand werden die neuen Medienregeln bringen?

Hubert: Bisher waren Smartphones und andere Geräte im Unterricht zugelassen, wenn die Lehrerin oder der Lehrer es zu Unterrichtszwecken erlaubte. Ansonsten wurden Handys konfisziert und in der Schule verwahrt, bis die Eltern sie abholten. Inzwischen ist so ein Handy oder Smartphone aber mehr als ein Kommunikationsmittel. Uns wurde bewusst, dass, wenn wir den Jugendlichen diese Geräte wegnehmen, wir sie regelrecht sozial entkoppeln. Deshalb wuchs die Opposition gegenüber unseren Maßnahmen auch so stark.

Wir haben entschieden, nicht mehr mit Verboten zu arbeiten, sondern stattdessen die Geräte verstärkt in den Unterricht einzubinden. Jetzt dürfen die Schülerinnen und Schüler auch in den Pausen telefonieren, etwas auf Facebook posten, Mama eine SMS schreiben oder der Freundin eine WhatsApp-Nachricht. Auch MP3-Player sind jetzt erlaubt. Spielkonsolen bleiben verboten. Die Jugendlichen sollen lernen, dass sie gezielt mit diesen Geräten umgehen.

Online-Redaktion: Gibt es Grenzen?

Grams: Wir haben medienfreie Räume definiert, in denen der Gebrauch tabu ist. Das sind die Mensa, die Toiletten, die Umkleidekabinen, die Sporthalle und der Sportplatz. Im Unterricht ist maßgeblich, was die Lehrerin oder der Lehrer mit den Schülerinnen und Schülern abspricht. Sehen die, dass ein Medieneinsatz beim Lernprozess nicht weiterhilft, wird der Einsatz beendet. Das kann dann ja auch pädagogisch aufgearbeitet werden. Da die Verbote nicht mehr so rigide sind, werden die Grenzen fließender, und umso mehr sind Aushandlungsprozesse nötig. Wir sind gespannt, wie es sich im kommenden Schuljahr entwickeln wird.

Hubert: Die Crux am Verbotssystem besteht darin, dass sich die Schülerinnen und Schüler, um die Verbote zu umgehen, bisher mit den Handys und Smartphones genau in solche sensiblen Zonen zurückgezogen haben. Das wollen wir in Zukunft vermeiden. Die Sanktionen bei Nichtbefolgen der Regeln haben die Schülerinnen und Schülern im Mittelstufenrat selbst erarbeitet und beschlossen.

Online-Redaktion: Was bedeutet das konkret für den Unterricht?

Hubert: Für uns ist aus dieser Diskussion ein pädagogischer Auftrag entstanden. Die Geräte gehören zur Alltagswelt, und die Schule muss darauf reagieren. Medien unterstützen auch den individualisierten Unterricht. Wir arbeiten jahrgangsübergreifend. Die heterogenen Lerngruppen benötigen individuelle Lernwege und Lernziele, und das geht gar nicht mehr ohne moderne Medien. So viel Papieraufwand kann man ja gar nicht mehr treiben, um jedem einzelnen Kind mit individuell zusammengestellten Lernmaterialien gerecht zu werden.
 
Online-Redaktion: Wann werden Sie das erste Mal Bilanz ziehen, ob sich das neue System bewährt hat?

Hubert: Der Medienausschuss wird sich vier Wochen, nachdem die neuen Regeln eingeführt worden sind, treffen. So gehen wir bei allen Veränderungsprozessen vor. Es gibt verantwortliche Gremien, die sich ansehen, an welchen Punkten eventueller Änderungsbedarf besteht, und dann schnell nachjustieren können.

Wir hoffen, wie gesagt, dass die Universität Flensburg mit vielleicht dann halbjährlichen Befragungen einen Blick von außen auf diesen Prozess werfen kann, um uns aufzuzeigen, wie sich das Konzept an unserer Schule entwickelt.

Online-Redaktion: Welche Projekte werden an Ihrer Schule außerdem stattfinden?

Grams: Wir sind nun auch in das Netzwerk „Kultur.Forscher!“ aufgenommen worden und wollen das künstlerische und ästhetische Lernen noch stärker akzentuieren. Das soll auch mit den Neuen Medien verbunden und für kreatives Lernen im Unterricht genutzt werden.

Die Freiherr-vom-Stein-Schule ist eine Gemeinschaftsschule, die sich aus einer Realschule entwickelt hat. Das Dock.24 koordiniert seit Beginn des Schuljahres 2010/11, als Kinder und Jugendeinrichtung der Stadt Neumünster, den Offenen Ganztagsbereich. Die Angebote stehen den Schülerinnen und Schülern in der Regel von Montag bis Mittwoch in der Zeit von 11:00 bis 16:00 Uhr und am Donnerstag von 11:00 bis 14:00 Uhr offen. Seit Januar 2012 gehört die Schulsozialarbeit zum Angebot der „Freiherr-vom-Stein“-Schule.

Weitere Teile unserer Sommerreihe finden Sie hier.

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