Qualität im Ganztag – gemeinsam mit der Schulaufsicht : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Im Programm „LiGa – Lernen im Ganztag“ wollen Ganztagsschulen in fünf Bundesländern ihr Potenzial besser entfalten – mit der Schulaufsicht im Boot.

Die Erich-Kästner-Schule aus Bochum macht mit, „um gemeinsam mit anderen Schulen ein sinnvolles Lernzeitenkonzept zu entwickeln und die Schülerinnen und Schüler besser individuell fördern zu können“, so Schulleiter Dr. Ludgar Jonischeit. „Dazu arbeiten wir in einem Netzwerk mit neun Schulen und der Schulaufsicht eng zusammen. Herauskommen soll für uns ein passendes Konzept für das Lernen im Ganztag.“ Jennifer Lach, die Didaktische Leiterin der Werner-von-Siemens-Gesamtschule Unna, führt den neuen Hausaufgabenerlass in Nordrhein-Westfalen an, wonach Hausaufgaben „in das Gesamtkonzept des Ganztags zu integrieren sind: „Daran wollen wir in diesem Projekt weiterarbeiten.“

Schülerinnen in der Schulbibliothek
Leseclubs und Lesenächte: Sommerprogramm der Bibliotheken © Britta Hüning

Die Gesamtschule Schloss Holte-Stutenbrock hat sich angeschlossen, weil sie in Kooperation mit anderen Schulen das individualisierte Lernen weiterentwickeln möchte. Ähnlich ist die Motivation für die Sekundarschule Höxter. Die Erich Kästner Schule Silberstedt aus Schleswig-Holstein hat sich beworben, „weil unsere Teilnehmerzahlen der offenen Ganztagsschule noch unter unseren Ressourcen liegen“, wie Schulleiter Peter Witt berichtet. „Die Verbindung von unterrichtlichen Inhalten mit Praxisanteilen und die Vernetzung in der Bildungslandschaft gehören zu unseren Zielen in diesem Projekt.“

Auch die Gemeinschaftsschule Harksheide und die Grund- und Gemeinschaftsschule Bootstedt in Schleswig-Holstein möchten mehr Schülerinnen und Schüler für den Ganztag gewinnen. Der Gesamtschule Hungen aus Hessen „fehlen nur wenige Bausteine, die in unserem pädagogischen Konzepte noch umgesetzt werden müssen“. Sie wolle „mit professioneller Unterstützung dem Ziel näher kommen“, sagt Ganztagskoordinatorin Britta Eichelmann.

„Die Teilnahme an diesem Projekt wird für die Entwicklung unserer Schule sehr wichtig sein“, erklärt Bernhard Manemann-Kallabis, Schulleiter der Gesamtschule Gescher. „Durch den Austausch können wir unsere guten Konzepte anderen Schulen vorstellen und gleichzeitig neue Impulse aufnehmen.“ Und für die Gesamtschule Nettetal am Niederrhein bilanziert der Didaktische Leiter Gérard Terfloth: „Der Ganztag ist noch eine Baustelle, die qualitativ verbessert werden kann. Wir sind nun in einem Netzwerk, in dem wir uns austauschen und sicher von innovativen Ideen und Lösungen profitieren können.“ Seine Kollegin Andrea Hammerbach findet: „Dass unsere Gesamtschule in diesem Netzwerk für eine so lange Zeit vertreten ist, das ist einfach eine sehr große Chance.“

Unterstützung und Vernetzung für 300 Ganztagsschulen

Dies sind Stimmen von insgesamt 300 Ganztagsschulen in den Bundesländern Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein, die am länderübergreifenden Programm „Lernen im Ganztag“ (LiGa) der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Stiftung Mercator teilnehmen. Sie eint, dass sie die Qualität des Ganztags weiterentwickeln möchten.

Das Programm, das von September 2015 bis Dezember 2019 läuft und mit diesem Schuljahr in die Praxisphase gestartet ist, bietet Unterstützung, Qualifizierungen und organisiert Austausch und Vernetzung. In Kooperation mit den Landesministerien und der Bildungsverwaltung arbeiten Schulleitungen und Schulaufsicht in regionalen Schulnetzwerken zusammen. Länderübergreifende Veranstaltungen unterstützen den Transfer des Programms in weitere Ganztagsschulen.

Britta Hüning
© Britta Hüning

Programmleiter Christian Hahn erläutert: „Das ist das erste Mal, dass in einem Programm das Thema systematisch angegangen wird: Welche Rolle spielt Steuerung für die Qualitätsentwicklung der Ganztagsschule? Was befördert und was behindert sie?“ Die Schulaufsicht befindet sich seit Längerem im Wandel – weg von der Kontrolle, hin zu mehr Beratung und Qualitätsprozessen. Sie ist Hahn zufolge auf der Suche nach ihrer Rolle, auch danach, wie sie die Steuerung der Qualitätsentwicklung – bei einer enormen Arbeitsbelastung – schultern kann.

„Das ist kein einfacher Weg. Sie bleibt natürlich in ihrer Rolle als Aufsicht“, meint Hahn. „Wege zu finden, wie man tatsächlich auf der Steuerungsebene die Qualitätsentwicklung der einzelnen Schule fördern kann, ist noch kaum bearbeitet.“ In allen fünf LiGa-Ländern habe man die Unterstützung der Ministerien.

Schleswig-Holstein: Zehn Schulämter im Boot

Im Fokus von LiGa steht auch die Verbesserung der Chancengleichheit für die Schülerinnen und Schüler. „Hierzu können gerade die Ganztagsangebote an den Schulen einen wichtigen Beitrag leisten“, betonte Petra Strähle, die Projektmanagerin der Stiftung Mercator. „Besondere Relevanz erhält das Thema Chancengleichheit noch einmal vor dem Hintergrund der wachsenden Zahl von Schülerinnen und Schülern aus Flüchtlingsfamilien.“

Schülerinnen auf dem Schulhof
© Britta Hüning

Maren Wichmann, Programmleiterin bei der DKJS, beschreibt am Beispiel von Schleswig-Holstein, wie „LiGa“ im letzten Jahr etabliert worden ist: „Seit September 2015 haben das Schulministerium, die Schulaufsicht, die DKJS und die Stiftung Mercator gemeinsam die Konzeption entwickelt. Im Frühjahr 2016 haben wir das Programm für Schulen und Schulämter ausgeschrieben. Bis zum Sommer bewarben sich zehn Schulämter, das entspricht 60 Prozent, und 30 Schulen. Im September haben sich diese Schulen und Schulämter auf einer Veranstaltung mit Ministerin Britta Ernst in drei Netzwerken konstituiert und für die nächsten zweieinhalb Jahre alles genau durchgeplant: mit welchen Themen sie sich beschäftigen und wann sie sich treffen werden.“

Berlin: Inklusion und Kooperation

In Berlin fand Ende November der LiGa-Landesauftakt statt. „Von zwölf Schulämtern machen elf bei dem Programm mit, das ist eine tolle Entwicklung“, freute sich Daniela Wellner-Petsch von der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Berlin. Bei den Schulen sind schon 21 der 30 vorhandenen Plätze besetzt. In der Hauptstadt werden die Handlungsfelder „Inklusive Lern- und Schulkultur“, „Kooperation zum individuellen Lernen“ und „Beschulung von Flüchtlingen“ im Mittelpunkt stehen.

In regionalen Werkstätten nehmen in den kommenden Monaten die Schulämter und Schulleitungen unter externer Begleitung eine Ist-Analyse vor und klären ihre Ziele. Im Februar starten dann die schulischen Entwicklungsnetzwerke aus multiprofessionellen Schulteams und der Schulaufsicht.

Neben den Werkstätten und drei Entwicklungsnetzwerken à zehn Schulen mit zwei Treffen pro Schuljahr gibt es mit der „Akademie“ ein drittes Austauschgremium, das sich ebenfalls zweimal pro Schuljahr treffen wird. Hier wird der Fokus auf der Qualitätsentwicklung der Ganztagsschule liegen, die durch Qualifizierung, Arbeit an eigenen Fragestellungen, kollegialen Austausch, Coaching und Exkursionen sichergestellt werden soll. Der Prozess wird über den gesamten Zeitraum bis 2019 mit Hilfe von Interviews und Online-Befragungen des Zentrums für Qualitätssicherung und -entwicklung an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz evaluiert.

„Systematisch gemeinsame Sache machen“

Torsten Klieme, früherer Leiter des Landesschulamts Sachsen-Anhalt, lobt den Ansatz des Programms: „Hier geht es in vielfältiger Weise um Neues. Neu ist, dass das Programm einen Rahmen und Unterstützung bietet, dass Lehrkräfte und Schulleitungen über einen längeren Zeitraum kontinuierlich an ihrem Projekt zur Individualisierung von Lernprozessen arbeiten können. Neu ist, dass es über den gesamten Zeitraum hinweg regionale Netzwerke geben wird, die professionell geführt, organisiert und moderiert werden. Neu ist, dass wir in diesem Projekt von Anfang an und ganz systematisch 'gemeinsame Sache' machen wollen: Schulleitungen und Schulaufsicht arbeiten zusammen an inhaltlichen Projekten.“

Maren Wichmann freut, dass die Beteiligten zum Teil ganz euphorisch vom bundesweiten Auftakttreffen in Berlin zurückgekommen seien. „Die Tatsache, dass sich so viele Schulräte im Programm engagieren, bietet eine gute Gewähr, dass wirksame Steuerungsansätze für die Qualitätsentwicklung von Ganztagsschulen auch nach Ende des Programms langfristig implementiert bleiben.“

 

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