Evangelische Montessori-Grundschule Plauen. Interview mit Schulleiterin Sabine Kreßner : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Online-Redaktion: Frau Kreßner, wieso ist aus Ihrer Schule eine Ganztagsschule geworden?

Sabine Kreßner: Wir wollten unseren Kindern nicht nur Unterricht, sondern den ganzen Tag über sinnvolle Angebote bieten. Deshalb schrieben wir ein pädagogisches Konzept und beantragten Fördermittel aus dem Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung", die wir auch erhalten haben. Dadurch ist es uns seit zwei Jahren möglich, viele Dinge zu verwirklichen, die wir uns schon lange vorgenommen hatten.

Online-Redaktion: War in der Lehrerschaft der Wunsch vorhanden, etwas anders zu machen?

Kreßner: Auf jeden Fall. Die Lehrerinnen und Lehrer, die seit der Schulgründung 2001 bei uns arbeiten, hatten von Beginn an den Wunsch, den Kindern mehr Möglichkeiten zu bieten. Jetzt arbeitet das Kollegium ganz eng mit den Erzieherinnen und Erziehern zusammen. Die Erzieherinnen und Erzieher sind vormittags in den Unterricht eingebunden. Während der Freiarbeitszeit stehen den Kindern dann bereits zwei Pädagogen zur Verfügung. Dadurch wissen diese natürlich wunderbar Bescheid, was die Kinder machen und was von den Lehrern im Unterricht gefordert worden ist. Dieses Wissen können sie dann in der Hausaufgabenbetreuung nutzen.

Online-Redaktion: Was war Ihnen bei den Baumaßnahmen besonders wichtig?

Kreßner: Wir wollten vor allem ausreichenden Platz für die Kinder. Jetzt stehen uns pro Klasse zwei große Zimmer, die sowohl am Vor- als auch am Nachmittag genutzt werden, sowie ein kleinerer Computerraum zur Verfügung. Jede Klasse bleibt die gesamte Schulzeit von vier Jahren über in ihren Räumen. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich wohlfühlen und ihre Räume als ihr Zuhause in der Schule annehmen. Dazu gehört auch, dass es auf jeder Etage Toiletten und Waschräume gibt - damit sich die Kinder zum Beispiel nach dem Mittagessen die Zähne putzen können. Wir benötigten auch einen größeren Speisesaal und neue Werkräume. Zuletzt haben wir noch einen Snoezel-Raum eingerichtet.

In diesem Sommer wird unser Außengelände fertig gestellt. Hier ist alles neu gestaltet, wir haben neue Spielgeräte aufgebaut und neue Pflaster gelegt, damit die Schülerinnen und Schüler Inline skaten können. Es wird auch einen Fußballplatz und einen Schulgarten geben, der vor- wie nachmittags genutzt werden kann.

Online-Redaktion: Arbeiten Sie mit festen Klassenverbänden?

Kreßner: Wir arbeiten mit festen Klassen ohne Jahrgangsmischung. Wenn allerdings einzelne Schülerinnen und Schüler in bestimmten Bereichen sehr weit fortgeschritten sind, schicken wir sie auch schon mal zur Freiarbeit in eine höhere Klasse. Unsere Integrativkinder wiederum werden zu bestimmten Zeiten von einem Förderschullehrer unterrichtet.

Online-Redaktion: Wie muss man sich den Unterricht an Ihrer Schule vorstellen?

Kreßner: Mit dem herkömmlichen Frontalunterricht hat er nicht mehr viel gemein. Ein klein wenig erinnert unsere so genannte Gruppenstunde noch an den Frontalunterricht. Diese nutzen die Lehrerinnen und Lehrer, um allen Kindern gemeinsam etwas zu erklären oder neues Material einzuführen. So etwas kann auch mal auf dem Teppich sitzend geschehen. Der größte Teil der Zeit ist der Freiarbeit gewidmet. Die Schülerinnen und Schüler haben nicht die Wahl, ob sie lernen wollen oder nicht. Aber sie können bestimmen, an welchem Arbeitsplatz sie lernen, ob sie allein oder in der Gruppe arbeiten wollen, mit wem sie lernen wollen und vor allem womit sie beginnen.

In den unteren Klassen gibt es Wochen-, in den oberen Klassen Monatspläne. In diesen Plänen stehen Pflichtaufgaben, die die Schülerinnen und Schüler in einem bestimmten Zeitraum erfüllen müssen. Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit, sich mit dem benötigten Material zu versorgen, um ihr Wissen zu vertiefen und sich neues Wissen anzueignen. Es gibt auch Computerarbeitsplätze, die sie nutzen können.

Die Pausenklingel haben wir abgeschafft. Der morgendliche Anfang ist gleitend, die Klassen können beginnen, wie sie es für richtig halten.

Online-Redaktion: Was zeichnet Ihre Schule noch aus?

Kreßner: Wir sind eine umweltgerechte Schule mit einem EMAS-Gütesiegel (EMAS= Europäisches Umwelt-Audit-System). Uns ist wichtig, dass die Kinder umweltgerechtes Verhalten verinnerlichen. Daher sind sie dafür verantwortlich, dass der Müll getrennt wird, das Licht ausgemacht wird, das Wasser nicht unnötig läuft und im Winter nicht bei geöffneten Fenstern geheizt wird. Unsere Kinder achten selbstständig auf solche Dinge, das läuft ganz automatisch über das ganze Jahr.

Online-Redaktion: Ist die Teilnahme am Ganztagsangebot verpflichtend?

Kreßner: Jedes Kind, das unsere Schule besucht, ist auch für den Hort angemeldet. Das bedeutet nicht, dass alle bis 17 Uhr bleiben müssen. Aber viele Schülerinnen und Schüler sind einfach gerne hier. Wir hatten schon Fälle, dass die Eltern, die ihre Kinder abholen wollten, wieder gehen mussten, weil diese nicht mit nach Hause wollten.

Online-Redaktion: Wie sieht die Nachmittagsgestaltung aus?

Kreßner: Ab Klasse 2 können die Kinder selber entscheiden, was sie nach dem Unterricht zuerst tun wollen: Gehe ich zuerst Mittagessen oder will ich mich erst ausruhen und spielen? Oder möchte ich als erstes die Hausaufgaben erledigen? Jedes Kind ist da ein bisschen anders, und es kommt ihnen sehr entgegen, dass sie nicht alle das Gleiche machen müssen, sondern sich frei entscheiden können. Für alle drei Bereiche gibt es Aufsichtspersonal, sodass wir gewährleisten können, dass jedes Kind auch wirklich Mittag gegessen hat.

Danach gibt es verschiedene Kreativangebote: Zum Beispiel Schach, Darstellendes Spiel, Töpfern, Chor, Backen, Kreatives Gestalten, Basteln mit Holz oder Tanzen. Die Schülerinnen und Schüler entscheiden, welche AG sie besuchen, und melden sich verpflichtend für ein Schuljahr an. Sollte sich aber mal jemand völlig verwählt haben, kann er oder sie natürlich noch den Kurs wechseln. Das ist aber die Ausnahme, denn die Kinder sollen ja auch lernen, an einer Sache dranzubleiben. Ab dem kommenden Schuljahr bieten wir zusätzlich noch offene Angebote an, bei denen sich die Kinder auch tageweise für Kurse entscheiden können.

Online-Redaktion: Gestalten auch Lehrerinnen und Lehrer den Nachmittagsbereich?

Kreßner: Relativ wenig. Den Nachmittagsbereich decken die Erzieherinnen und Erzieher und unsere sehr engagierte Elternschaft ab.

Online-Redaktion: Wie sieht es mit außerschulischen Partnern aus?

Kreßner: Die Musikschule engagiert sich bei uns. Diese schließt mit den Eltern einen Extra-Vertrag ab. Die gängigsten Instrumente wie Flöte, Gitarre und Keyboard sind in unserem Haus vorhanden. Daneben wird noch Ergotherapie angeboten. Für die Eltern und Kinder haben beide Angebote jeweils den Vorteil, dass man am späten Nachmittag nicht noch mal extra los muss.

Online-Redaktion: Veranstaltet Ihre Schule ein Ferienprogramm?

Kreßner: Bis auf eine Schließwoche haben wir die ganzen Ferien über geöffnet. Es wird keine bloße Betreuung, sondern eine Feriengestaltung geben. Die Schülerinnen und Schüler unternehmen jeden Tag etwas Interessantes. Beispielsweise werden sie einen Ausflug zu einem Bienenzüchter in Jarnitz machen, das Kinderland besuchen, wo es um Indianer und Fotografie gehen wird, zur Drachenhöhle nach Syrau fahren, und eine Dampferfahrt an der Talsperre Pöhl machen. Es wird immer was los sein.

Online-Redaktion: Haben Sie das Gefühl, nach zwei Jahren Ganztagsschule Ihrem Ziel nahe gekommen zu sein, den Kindern mehr Möglichkeiten zu bieten?

Kreßner: Wir sind auf jeden Fall auf einem guten Weg. Es gilt aber, sich auf dem Erreichten nicht einfach auszuruhen, sondern zum Bewährten immer wieder neue Ideen hinzuzufügen. Deshalb haben wir alle Ohren und Augen geöffnet - beim Besuch an anderen Schulen oder auch einfach nur im Bekanntenkreis.

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