Die 15-Minuten-Verwaltung : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Viele Schulleitungen beklagen, dass in Schulen zu viel Zeit für den Verwaltungsaufwand benötigt wird - vom Bestellen und Abrechnen des Essens bis zur Bezahlung der Betreuungskräfte. Zeit, die dann für die Schülerinnen und Schüler fehlt. Die Volksschule Deining in der Oberpfalz kennt dank eines Computersystems solche Probleme nicht. Dort reichen täglich 15 Minuten, um die Abrechnungsvorgänge zu verwalten - der Rest geschieht vollautomatisch.

"Ich fühle mich als Ersatz-Finanzamt überfordert!" Die Klage eines Schulleiters dürfte als Stoßseufzer in so mancher Ganztagsschule ausgestoßen werden. Mit dem Verwalten und Berechnen der Essens- und Betreuungsgelder ist in mancher Schule eine Sekretärin voll beschäftigt. Damit ist es dann oft nicht getan: Immer häufiger laufen Ganztagsschulen den Eltern hinterher, die das Essensgeld nicht bezahlt haben. Diese Zeit für den Verwaltungsaufwand würde so manche Schule lieber in Unterricht und Betreuung der Kinder und Jugendlichen investieren.

An der Volksschule Deining haben Schulleitung und Kollegium diese Probleme nicht. Hier reichen etwa 15 Minuten täglich, die eine Betreuerin für die Verwaltung der Essens- und Betreuungsgelder aufwenden muss. "Wir wollten die Lehrerinnen und Lehrer, die sich in der ganztägigen Betreuung engagieren, nicht noch dadurch bestrafen, dass sie sich mit Verwaltungskram herumschlagen müssen", erklärt Rektor Heinz Lang.

An der Schule in der oberpfälzischen Kleinstadt ist zum Schuljahr 2004/2005 die Ganztagsbetreuung eingeführt worden. Von den rund 360 Grund- und Hauptschülerinnen und -schülern nimmt rund ein Drittel daran teil. Die Unterrichts- und Betreuungszeit reicht von 7.30 bis 16.45 Uhr. Ein Mittagessen gehört zwingend dazu. "Wenn das Essen passt, ist schon sehr viel gewonnen", ist sich Rektor Lang sicher. Daher sei es das Bestreben der Schule gewesen, den Kindern und Jugendlichen Auswahlmöglichkeiten, eine ansprechende Qualität wie auch eine angenehme Atmosphäre bei den Mahlzeiten zu sichern.

Abstimmung mit dem Essbesteck

Anlieferung und Essensausgabe in der Volksschule Deining
Anlieferung und Essensausgabe in der Volksschule Deining

Mit Hilfe von 450.000 Euro aus dem Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung" (IZBB) des Bundes wurden an der Volksschule Deining in dieser Woche neue Räume fertig gestellt: Eine qualitativ hochwertige Küche, Speiseräume, ein Hausaufgabenraum, zwei Freizeiträume und die "Oase", ein Ruheraum.

Die Atmosphäre ist also geschaffen. Für Qualität und Auswahlmöglichkeiten beim Essen sorgt das Klinikum Neumarkt. Täglich von Montag bis Donnerstag - am Freitag endet der Unterricht bereits um 13.30 Uhr - liefert das Klinikum rund 60 Essen. Anfänglich war mit 40 Portionen gerechnet worden. Die Nachfrage ist steigend - die Abstimmung mit dem Essbesteck spricht für die Qualität. Die Kinder und Jugendlichen können unter drei verschiedenen Essen auswählen - eins davon vegetarisch. Im Preis von 2,90 Euro ist ein Fruchtsaftgetränk inbegriffen. "Die gesunde Ernährung ist uns wichtig, und die wird durch das Klinikum gewährleistet. Dort gibt es einen innovativen Chefkoch, der im Vorfeld der Zusammenarbeit auch oft bei uns gewesen ist", erläutert Lang. "Dem örtlichen Metzger, der auch Interesse gehabt hätte, habe ich abgesagt, da ich Sorge vor zu fleischlastiger Ernährung hatte."

Doch wichtig war auch, das Bestellen des Essens gerade für die Grundschülerinnen und -schüler so einfach und flexibel wie möglich zu machen. Gleichzeitig sollten die Lehrerinnen und Lehrer mit diesem Vorgang so wenig wie möglich belastet werden. "Es sollte keine Sammlungen wie im Schullandheim geben und eine möglichst bargeldlose Bezahlung, damit die Kinder nicht mit Geld rumlaufen müssten", berichtet Heinz Lang. Zunächst habe man ein System einführen wollen, wie es an Universitätsmensen geläufig ist - doch die Hardware kostete im Minimum 20.000 Euro. Als das Kultusministerium mitteilte, dass es dafür keine Fördermittel gebe, hatte sich diese Variante erledigt.

Jeder hat jederzeit Zugriff

Es bestanden allerdings schon länger Kontakte zu der Firma Schwarz Computer Systeme GmbH in Neumarkt, die im April 2004 intensiviert wurden. Die Schule wollte nun in Eigenregie ein Abrechnungssystem entwickeln, das den gewünschten Anforderungen entsprach. "Wir haben ein Pflichtenheft geschrieben, was viel Arbeit gemacht hat", erzählt der Rektor. Schwarz Computer Systeme GmbH programmierte und lieferte zu Schuljahrsbeginn im September das System i-NET-menue zu einem Preis von rund 2.000 Euro. Für die Schwarz Computer Systeme GmbH ist dies eine Investition in die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Schule. Man hofft, die hohen Entwicklungskosten durch die Multiplikation des Systems wieder hereinzubekommen.

Dreh- und Angelpunkt ist die Verfügbarkeit von i-NET-menue im Internet. Online können die Schülerinnen und Schüler sowie ihre Eltern, die Schule, der Schulträger und die Klinikumsküche jederzeit darauf zugreifen. Die Eltern haben die Möglichkeit, über die interaktive Seite das Essen zu bestellen oder zu stornieren, falls am nächsten Tag der Sprössling mal zu Hause essen kann. Sie überweisen eine Summe, die dann Tag für Tag pro Essensteilnahme aufgezehrt wird. Sie können einen Blick auf ihr Konto werfen und alles nachvollziehen - zum Beispiel, ob das Kind ein Essen gewählt hat.

Die Schule hat den Überblick, wie viele Kinder und Jugendliche teilnehmen. Die Betreuer können nachschauen, welcher Schüler nicht anwesend ist. Der Träger kann die aktuellen Kontostände vom Essen bis zum Nachhilfeunterricht einsehen, die Betreuerinnen und Betreuer können ihre Stundenzettel kontrollieren und erkunden, ob noch Geld für Projekte und Unternehmungen da ist. Die Klinikumsküche kann sehen, wie viele Portionen von welchem Essen geordert worden sind. Die Echtzeit des Verfahrens ermöglicht es, dass noch bis zehn Uhr das Essen für den Tag bestellt werden kann. Bei anderen Caterern müssen sich die Schülerinnen und Schüler eine Woche im Voraus festlegen.

Säumige Zahler lässt das System nicht zu

Optional - und dafür hat sich die Volksschule Deining entschieden - kann in der Schule zusätzlich ein Bestellterminal installiert werden, bei dem die Kinder und Jugendlichen per touch-screen-Verfahren ihr Essen auswählen oder stornieren können. "Gerade den jungen Grundschülerinnen und -schülern erleichtert es die Auswahl durch die Bilder auf dem Bildschirm", erläutert Manfred Schwarz, Geschäftsführer der Firma Schwarz. Als "Ausweis" für die Kinder und Jugendlichen am Terminal dienen die Chips von ec-Karten. "Die Kinder können ein kostenloses Konto bei der Bank eröffnen und bekommen die Karte. Wir wollten zunächst mit Krankenkassen zusammenarbeiten, die aber dafür kein Budget zur Verfügung hatten", erzählt Schwarz.

Das Essensterminal in der Volksschule Deining
Das Essensterminal in der Volksschule Deining

Säumige Zahler gibt es in diesem System nicht, denn wenn das von den Eltern überwiesene Geld aufgebraucht ist, können die Schülerinnen und Schüler kein Essen mehr bestellen. Dazu ist i-NET-menue sehr flexibel: Kurzfristiges An- oder Abmelden ist kein Problem, die finanziellen Auswirkungen von Teilnahme oder Nichtteilnahme vollzieht das System sofort nach. Wenn eine Schule wollte, könnte sie auch absolut nichts mit dem Vorgang zu tun haben. Der Essenslieferant regelt dann die Abrechnungen direkt mit den Eltern. "Das System hat bisher problemlos funktioniert", vermeldet Rektor Lang.

Was bleibt der Schule zu tun? Alle wichtigen Angaben zu den Schülerinnen und Schülern hat die Sekretärin im Schulcomputer ja bereits erfasst. Diese werden genutzt, wenn eine Schülerin oder ein Schüler für den Ganztagsbetrieb angemeldet wird. Also müssen einmalig nur die Betreuungstage und die Betreuungswünsche festgelegt werden. Wenn die Eltern Geld eingezahlt haben, gibt es keine Probleme mehr: Jeden Tag am frühen Nachmittag setzt sich eine Betreuerin an den Computer und geht ins Internet. Der Computer holt sich nach Aufforderung selbstständig über das Internet die Daten darüber, wer am Tag gegessen hat und ob Geld überwiesen worden ist. Dann beantwortet die Betreuerin ein paar Fragen: Wer fehlt heute? Wer ist heute entschuldigt? Stimmen die Angaben zur Betreuung? Stimmen heute die Betreuungszeiten, oder fällt etwas aus? Nach Aufforderung schickt der Computer diese Informationen wieder an den Server, der vollautomatisch die Buchungen bei den Elternkonten veranlasst. Damit sind dann alle Verwaltungstätigkeiten erledigt.

"Ganztagsbetreuung sichert nicht nur den Bestand unserer Schule"

Das Beispiel zeigt, dass die Schule auch das Errechnen der Betreuungsgelder an den Computer delegiert hat. Sie spart sich dadurch ebenfalls eine Menge an Verwaltungsaufwand: Sonst müssten bis zu 70 Ganztagsschülerinnen und -schüler auf Listen eingetragen und in ihre neun verschiedenen Hausaufgabengruppen eingeteilt werden. Von den Eltern wären unterschiedlich hohe Beiträge für die Betreuung zu kassieren, denn in einer Kleingruppe oder in Einzelnachhilfe muss mehr bezahlt werden als in einer großen Gruppe. Den Schülern, die zum Beispiel mit ihrer Klasse im Betriebspraktikum oder im Schullandheim sind, müssten die Betreuungskosten ganz erlassen und von krank gemeldeten Schülern nur die Hälfte einkassiert werden. Außerdem verlangen die Zuschussrichtlinien in Bayern, dass Fördergelder nur an Familien gegeben werden, deren Kinder am Essen in der Schule teilnehmen. Schülerinnen und Schüler, die nicht essen, erhalten keinen Zuschuss.

Die tägliche Arbeitszeit der Betreuer müsste in Listen eintragen und zusammengezählt werden. Für die Betreuer wären Kontrollausdrucke zu erstellen. Am Monatsende müssten die geleisteten Stunden zur Gehaltsabrechnung aufbereitet, mit den Stundenlöhnen multipliziert und der Überweisungsbetrag festgelegt werden. Die anteilige Lohnsteuer sowie die Beiträge für Berufsgenossenschaft beziehungsweise Versicherungen wären zu ermitteln. Überstunden oder Minderstunden von Betreuern sind im Auge zu behalten und auf den nächsten Monat zu übertragen. Zu beachten wäre, bei welchem Betreuungsangebot die kalkulierten Elternbeiträge für die Bezahlung der Betreuer nicht ausreichen oder zu hoch sind. Das i-NET-menue erkennt dies alles selbstständig und rechnet automatisch richtig ab.

Nach den Berichten über die Einführung des interaktiven Abrechnungssystems in der lokalen Presse hat inzwischen auch die benachbarte Volksschule Velburg das System eingeführt. Einen weiteren Effekt hat die Ganztagsbetreuung für die Klinikumsküche. Dort entfallen bereits ein Viertel der gekochten Essen auf die Schulen. "Dadurch konnten Arbeitsplätze gerettet werden, die ansonsten wohl durch den Trend ,outsourcing' verloren gegangen wären", ist sich Heinz Lang sicher. "Die Ganztagsbetreuung sichert nicht nur den Bestand unserer Schule."

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