Besser essen – besser lernen : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke

Gesunde Ernährung ist für alle wichtig. Das Bewusstsein dafür kann schon in der Schule geschärft werden. Beim Hessischen Tag der Schulverpflegung wurde die Bedeutung des Themas von vielen Seiten beleuchtet.

Mittagessen in der Schule
© Britta Hüning

Bundesweit rücken in diesen Wochen die „Vernetzungsstellen Schulverpflegung“ Essen und Trinken und alles was damit zusammenhängt in den Fokus des Interesses. Sie zeigen in zentralen und dezentralen Veranstaltungen und Workshops Wege des nachhaltigen Wirtschaftens, erläutern Bestell- und Abrechnungssysteme, diskutieren Möglichkeiten, das Thema Ernährung im Unterricht aufzugreifen und sensibilisieren für Eltern- und Schülerpartizipation. Vor allem aber steht immer wieder die Qualität dessen im Mittelpunkt, was täglich in deutschen Ganztagsschul-Mensen auf den Tisch kommt. So geschehen auch beim Hessischen Tag der Schulverpflegung, der am Mittwoch, 10.10.2012, auf dem Marktplatz im Ökohaus Frankfurt, in der Landeshauptstadt Wiesbaden und in vielen dezentralen Veranstaltungen in den Schulen stattfand. Wenn Schulen das Bewusstsein für gesunde Ernährung schärfen wollen, müssen sie selbst glaubwürdig sein. Darauf machten die Fachleute in Frankfurt aufmerksam. „Es macht keinen Sinn, im Unterricht dafür zu werben, nicht zuviel Fleisch zu essen und dann ist am Schulkiosk das Schnitzelbrötchen der Renner“, meinte einer von ihnen.

Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung

Kaum eine Rolle spielte in den zahlreichen Gesprächen und Veranstaltungen die durch aus China importierte Erdbeeren ausgelöste Erkrankung, von der tausende von Schülerinnen und Schülern betroffen waren. Dr. Katja Schneider von der „Vernetzungsstelle Schulverpflegung“ in Hessen wertet das allerdings nicht als Desinteresse der Eltern im Land. Zwar konnte sie keine erhöhte „Alarmbereitschaft“ bei ihnen und in Schulen feststellen, doch den Grund dafür sieht sie darin, dass „es in Hessen keine Krankheitsfälle“ gab. Grundsätzlich gebe es drei Gruppen von Eltern. Da seien die, die sich sehr für die Schulverpflegung interessierten. Andere sähen das ganz pragmatisch – Hauptsache, das Kind sei versorgt. Und dann gebe es natürlich auch eine große Gruppe, der das Thema völlig egal sei. Jenen Mütter und Väter, denen das Thema wichtig ist, empfiehlt sie, sich durchaus in die Essensplanung einzumischen. „Aber nie allein und auch nicht gegen die Schule“, rät sie. Sinnvoll sei, sich mit Gleichgesinnten zusammenzuschließen und gemeinsam mit der Schule, möglichst sogar mit dem Schulträger einen Mensa-Arbeitskreis einzurichten.

Köchin beim Brotschneiden in der Küche
© Britta Hüning

Wie gesunde Ernährung in der Schule zusammengestellt werden soll, können Schulen, aber auch Eltern in den offiziellen Standards der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nachlesen. Ausgewogenheit wird dabei besonders groß geschrieben. Sie ist unter anderem gewährleistet, wenn zweimal wöchentlich Fleisch, regelmäßig Vollkornprodukte, täglich Obst und Gemüse sowie einmal wöchentlich Fisch auf dem Speiseplan stehen. Als Getränke werden Wasser, aber auch ungesüßte Kräuter- oder Früchtetees empfohlen. Und noch eine Empfehlung spricht die DGE aus: Die von den Schulen ausgewählten Caterer sollten auf regionale und saisonal erhältliche Produkte setzen – Erdbeeren aus China gehören wohl  nicht dazu.

Einen breiten Raum nahm am Hessischen Tag der Schulverpflegung auch das Trinken ein. Katja Schneider und ihre Kolleginnen sprechen sich dafür aus, auch während des Unterrichts Gelegenheiten zu schaffen, Flüssigkeit aufzunehmen. „Dafür sollten aber Regeln aufgestellt werden, wann und was getrunken werden darf“, meint Schneider. Wasserspender mit auslaufsicheren Flaschen seien eine Möglichkeit, die Einrichtung von Trinkecken eine andere. In einigen Schulen sind während der Schulstunden kleine Zeitfenster für das Trinken reserviert, berichten die Beraterinnen und Berater.

Schülerinnen und Schüler einbeziehen

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, Schülerinnen und Schüler in die Essens- und Mensenplanung einzubeziehen. „Da Kinder und Jugendliche durchaus andere Vorstellungen von der Gestaltung eines Raumes haben als Erwachsene, ist ihre Einbindung in die Planung der Mensa sinnvoll. Sie sollen sich ja dort auch wohlfühlen“, betont Katja Schneider. Kunst-Arbeitsgemeinschaften und -Kurse könnten sich der optischen Gestaltung widmen. Auch für die Entscheidung, was es zu essen gibt,  sollten nach ihrer Ansicht die Schülerinnen und Schüler eine „eigene Stimme“ haben. Sie denkt an Feedback-Möglichkeiten, an Meinungsumfragen oder die Beteiligung an einer „Essenszeitung“. Nach Ansicht der Vernetzungsstelle ist es auch denkbar und wünschenswert, die Schüler in die Herstellung des Essens und die Bewirtung einzubeziehen. „Bei guter Planung und Begleitung können etwa die Salattheke oder Kioskangebote in ihre Verantwortung gegeben werden“, sagt Katja Schneider. Neben Kompetenzen der Essenszubereitung könnten und müssten dabei gleichzeitig hygienische Grundlagen erworben und vor allem angewendet werden. Aber die Themen Ernährung und Mensa müssen auch vor dem Einzug in andere schulische Fachbereiche nicht halt machen. „Im Mathematik- oder Informatikunterricht können Abrechnungswesen, Kalkulation oder einfach die Auswertung von Schülerbefragungen zum Essen behandelt werden“, sagt Katja Schneider. Schülerfirmen, beispielsweise für einen Kiosk, böten zudem die Gelegenheit, die Inhalte Ernährung und Wirtschaft sinnvoll miteinander zu verknüpfen.

Köchinnen und Koch in der Schulküche
© Britta Hüning

Wichtig ist der Ernährungswissenschaftlerin die Berücksichtigung kulturspezifischer, religiöser und regionaler Essgewohnheiten. Das regelmäßige Angebot von Gerichten unterschiedlicher regionaler und internationaler Küchen ermögliche auch das Ausprobieren neuer Lebensmittel und Mahlzeiten. Als wertvoller Nebeneffekt wird das so gewonnene Verständnis für andere Kulturen einkalkuliert.

Caterer am Hessischen Tag der Schulverpflegung ausgezeichnet

Der Hessische Tag der Schulverpflegung wurde auch genutzt, um drei Wiesbadener Caterer auszuzeichnen. Sie haben sich im Rahmen des 2008 gestarteten Modellprojekts „Besser Essen – Besser Lernen – Besser Drauf“ den kritischen Blicken zweier Ernährungswissenschaftlerinnen gestellt. Diese besuchen wöchentlich unangekündigt die am Projekt beteiligten Schulmensen, probieren und bewerten das Essen. Vier-Wochen-Menupläne werden im Vergleich mit den Qualitätsstandards der DGE ausgewertet. Ihre Erkenntnisse teilen sie den Caterern mit. In allen Schulen wurden Mensakreise initiiert, bestehend aus Schulleitung, Eltern-, Lehrer- und Schülervertretern sowie dem Caterer und den Ernährungswissenschaftlerinnen. Die nun ausgezeichneten Caterer kochen das Essen entweder vor Ort oder bringen es frisch gekocht zur Schule. Der Preis für das Essen liegt für die Schülerinnen und Schüler zwischen 2,30 und 2,50 €. An den beteiligten Schulen ist die Zahl der Essensteilnehmerinnen und -teilnehmer im Laufe des Modellprojekts kontinuierlich gestiegen. Für die beiden die Schulen begleitenden Ernährungswissenschaftlerinnen steht fest: „Die mehrjährigen Erfahrungen zeigen, dass eine individuelle Beratung jeder einzelnen Schule vor Ort enorm wichtig und für die nachhaltige Qualitätssicherung sogar ein ,muss` ist.“

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