Lehrkräftepreis 2023: „... denn Sie lieben, was Sie tun“ : Datum: Autor: Autor/in: Claudia Pittelkow
„Ein Tag mit Ihrem Unterricht kann kein schlechter Tag sein", schrieb ihm eine Schülerin. In diesem Jahr erhielt Dr. Jean-Marie Schwarzkopf vom Gymnasium Eppendorf für seinen Unterricht den Deutschen Lehrkräftepreis 2023.
Für viele junge Menschen mag das Fach Wirtschaft und Finanzen erst einmal langweilig klingen. Wer Dr. Jean-Marie Schwarzkopf als Lehrer hat, wird eines Besseren belehrt: Durch seine „zielorientierte und motivierende Art des Unterrichtens“ habe er es geschafft, die „gesamte Klasse für das für die meisten unbekannte und für viele wenig interessant erscheinende Thema zu begeistern“, attestierten ihm seine Schülerinnen und Schüler.
Schwarzkopf gehört zum 70-köpfigen Kollegium des Gymnasiums Eppendorf in Hamburg um Schulleiterin Dr. Maike Languth, das seit über zehn Jahren auch Ganztagsgymnasium ist – mit freundlich gestalteter Mensa, Ruhe- und Leseraum für den Ganztag, der „Perle“ (Persönliche Lernzeit) und vor allem – in Kooperation mit der ETV Kinder- und Jugendförderung gGmbH – einem vielfältigen Angebot an Kursen, besonders für die Klassen 5 bis 8.
Das Gymnasium Eppendorf zeichnet sich durch ein vielfältiges und modernes Bildungsangebot für seine rund 890 Schülerinnen und Schüler aus: Bilingualität mit verstärktem Englischunterricht, Kultur, Wirtschaft, Naturwissenschaften und einer frühzeitigen Berufsorientierung. Für seinen innovativen Unterricht erhielt Dr. Jean-Marie Schwarzkopf den Deutschen Lehrkräftepreis 2023. Wir haben mit dem Preisträger gesprochen.
Online-Redaktion: Herr Schwarzkopf, warum wollten Sie Lehrer werden?
Dr. Jean-Marie Schwarzkopf: Ich hatte selbst inspirierende Lehrer, die mich geprägt haben. Den entscheidenden Impuls gab mein damaliger Wirtschaftslehrer. Sein Unterricht in Finanzen und Wirtschaft in Verbindung mit Börsenplanspielen weckte in mir eine Faszination für diese Themengebiete, die bis heute anhält. Neben der fachlichen Begeisterung prägte mich mein Lateinlehrer. Seine Methoden und sein Engagement halfen mir, komplexe Sachverhalte zu verstehen und zu behalten. In der Oberstufe habe ich meine Leidenschaft für das Präsentieren vor der Klasse entdeckt. Es gefiel mir, mein Wissen mit anderen zu teilen und komplexe Themen verständlich zu erklären.
Online-Redaktion: Wie haben Sie Ihre eigene Schulzeit insgesamt erlebt?
Schwarzkopf: Meine Schulzeit in Unterfranken war eine prägende Zeit – voller Lernen, Wachstum und schöner Momente mit Freunden und Lehrkräften. Unser Gymnasium mit G9-Jahrgang bot sowohl naturwissenschaftliche als auch wirtschaftliche Schwerpunkte. Die Fächer Wirtschaft und Recht sowie Rechnungswesen haben mich schon in der Mittelstufe begeistert. Mit zwölf Jahren habe ich meinen ersten Aktienfonds gekauft, damals noch in D-Mark. Mit vielen Freunden aus meiner Schulzeit stehe ich bis heute in Kontakt. Natürlich gab es auch Herausforderungen. Hoher Leistungsdruck und Stress durch unangekündigte mündliche und schriftliche Leistungsnachweise waren manchmal sehr belastend.
Online-Redaktion: Wie ist Ihre Lehrerausbildung verlaufen?
Schwarzkopf: An der Universität Bayreuth absolvierte ich mein erstes Staatsexamen in den Fächern Wirtschaft, Recht und Geografie. Das zweijährige Referendariat an der Seminarschule in Nürnberg war eine intensive und lehrreiche Zeit, in der ich meine theoretischen Kenntnisse in der Praxis erproben und weiterentwickeln konnte. Leider musste ich in Bayern planmäßig alle sechs Monate die Schule wechseln, was mit diversen Umzügen verbunden war. Der regelmäßige Ortswechsel war neben der hohen Arbeitsbelastung für alle Referendare sehr anstrengend. Trotzdem hat mir das bayerische Referendariat wertvolle Erfahrungen vermittelt und mich auf die vielfältigen Aufgaben des Schulalltags vorbereitet. In den Einsatzschulen konnte ich bereits 17 Stunden Unterricht geben und viele Erfahrungen im Unterrichten und Klassenmanagement sammeln.
Online-Redaktion: Seit wann sind Sie Lehrer am Gymnasium Eppendorf in Hamburg?
Schwarzkopf: Im August 2015 bin ich vom Freistaat Bayern in die Hansestadt Hamburg gewechselt. Für das Schuljahr 2015/2016 wurde nur zwei von 50 Lehrkräften mit der Fächerkombination Wirtschaft, Recht und Geografie eine Planstelle auf Probe angeboten. Ich habe mich damals sehr gefreut, am Gymnasium Eppendorf in die Lehrerlaufbahn zu starten.
Online-Redaktion: Was gefällt Ihnen am Lehrerberuf am besten?
Schwarzkopf: Als Lehrer erlebe ich jeden Tag Momente von Freude und Zufriedenheit. Es begeistert mich, das Potenzial meiner Schüler zu entfalten. Es ist unglaublich bereichernd, junge Menschen auf ihrem Lernweg zu begleiten und zu beobachten, wie sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten ständig erweitern. Der Aha-Moment, wenn ein Schüler oder eine Schülerin einen komplexen Sachverhalt versteht, oder die Begeisterung, wenn er seine Kreativität in einem Projekt zum Ausdruck bringen kann – diese Momente sind es, die meine Arbeit so besonders machen.
Unterricht ist weit mehr als nur die Vermittlung von Lerninhalten. Es geht darum, eine Beziehung aufzubauen, um gegenseitigen Respekt, Vertrauen und Verständnis. Wenn meine Schülerinnen und Schüler sich wohlfühlen, mir Fragen stellen und offen für neue Ideen sind, dann weiß ich, dass ich etwas richtig gemacht habe. Eine ehemalige Schülerin hat mir in einem Brief geschrieben: „Sie sind ein extrem lebensfroher Mensch, der eine unglaubliche Energie versprüht. (...). Ein Tag mit Ihrem Unterricht kann kein schlechter Tag sein, denn Sie lieben, was Sie tun, und das spürt man.“ Das freut einen Lehrer natürlich, wenn das rüberkommt.
Online-Redaktion: Was zeichnet das Gymnasium Eppendorf aus?
Schwarzkopf: Eigenständigkeit, Engagement und Studierfähigkeit bilden das Fundament der jungen Erwachsenen, um Verantwortung für sich und die Gesellschaft zu übernehmen und damit aktiv die Zukunft mitzugestalten. Deshalb legt unsere Schule großen Wert auf die Förderung von kritischem Denken und der Fähigkeit zur Selbstreflexion. Diese Schlüsselkompetenzen werden fachübergreifend vermittelt und bilden eine wichtige Grundlage für die Entwicklung mündiger und verantwortungsvoller Persönlichkeiten. Unser Gymnasium bietet ein breites und zukunftsorientiertes Bildungsangebot, mit den fachlichen Schwerpunkten in den Bereichen Englisch/Bilingualität, Wirtschaft/Gesellschaftswissenschaften, Kunst und Naturwissenschaften.
Online-Redaktion: Was zeichnet Sie als Fachlehrer aus?
Schwarzkopf: Die ökonomische Bildung der Schülerinnen und Schüler liegt mir besonders am Herzen. Mit meiner eigenen Leidenschaft und Begeisterung für Wirtschaft und Finanzen vermittele ich Fachwissen und fördere gleichzeitig Schlüsselkompetenzen. In lösungsorientierten Projekten wie beispielsweise Unternehmensgründungen oder in Arbeitsgemeinschaften wie unserer Börsenclub-AG lernen meine Schülerinnen und Schüler auch, effektiv zu kommunizieren, Verantwortung zu übernehmen und Probleme eigenständig zu lösen.
Online-Redaktion: Was macht einen guten Unterricht aus?
Schwarzkopf: In meinem Studium an der Universität habe ich die zehn Merkmale guten Unterrichts nach Hilbert Meyer kennengelernt. Diese Merkmale umfassen unter anderem die klare Strukturierung des Unterrichts, einen hohen Anteil an echter Lernzeit, Methodenvielfalt usw. Im Referendariat habe ich mich intensiv mit der Hattie-Studie auseinandergesetzt. Die Studie hat gezeigt, dass einige Faktoren einen besonders großen Einfluss auf den Lernerfolg haben: Klarheit der Lehrperson, direktes Feedback und eine positive Lehrer-Schüler-Beziehung. Wenn man diese Merkmale für guten Unterricht mit Spaß und Freude kombiniert, werden sich Schülerinnen und Schüler lange und gerne an die Lernerfahrungen in der Schulzeit erinnern.
Online-Redaktion: Wie erleben Sie Teamarbeit im Kollegium?
Schwarzkopf: Im Rahmen des Geografiekurses haben wir kürzlich am YES-Regionalentscheid Nord in Kiel teilgenommen und mit unserer nachhaltigen Textilidee „Seegras-Träumer: Gutes Gewissen mit Seegras-Kissen“ den ersten Platz gewonnen. Der Schlüssel zu unserem Erfolg lag in der Teamarbeit mit der Kollegin aus dem Bereich Kunst und dem Kollegen aus den Bereichen PGW. Durch den ständigen Austausch und die Bereitschaft, verschiedene Perspektiven einzubeziehen, konnten wir unsere Idee kontinuierlich weiterentwickeln und verbessern. Nun freuen wir uns darauf, im September beim Deutschlandfinale unser Bestes zu geben.
Online-Redaktion: Hat die Auszeichnung für Sie persönlich etwas verändert?
Schwarzkopf: Die Auszeichnung hat meine Arbeit in der Finanzbildung weiter in den Vordergrund gerückt und mir ermöglicht, meine Leidenschaft für dieses Thema mit einem breiteren Publikum zu teilen. Die Anerkennung hat mich sehr gefreut und bestärkt mich, meine Arbeit mit noch mehr Engagement fortzusetzen. Ich freue mich, mein Netzwerk weiter auszubauen und neue spannende Projekte umzusetzen.
Kategorien: Ganztag vor Ort - Lernkultur und Unterrichtsentwicklung
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