Frühling, Sommer, Herbst und Winter im Ganztag : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Mit der Umweltbildung durch das ganze Jahr. Die Broschüre „Nachhaltige Projekte. Schulgelände und Schulgarten als Bindeglied zwischen Vor- und Nachmittag an saarländischen Ganztagsschulen“ dokumentiert Praxisbeispiele zum Nachahmen.

Im Garten ist eigentlich immer etwas zu tun. Was Hobby-Gärtner nur zu gut wissen, erfährt auch eine Ganztagsschule, wenn sie sich einen Schulgarten zulegt. Dann bringt jeder Monat neue Aufgaben. Aber auch wenn die Möglichkeit eines Schulgartens nicht gegeben ist, kann eine Schule die Umweltbildung oder die Bildung für nachhaltige Entwicklung in ihrem Schulprofil verankern. Welche Möglichkeiten es rund um das Jahr gibt und wie sie sich konkret verwirklichen lassen, zeigt die Broschüre „Nachhaltige Projekte. Schulgelände und Schulgarten als Bindeglied zwischen Vor- und Nachmittag an saarländischen Ganztagsschulen“. Sie ist gleichzeitig Leitfaden für nachhaltige Projekte und Dokumentation der Projekte und Veranstaltungen im Saarland.

„Aufwind für Schulgärten“

Mit der Einführung von Ganztagsschulen beobachtet Hans-Joachim Schmidt von der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Saarland eine Renaissance der Schulumfeld-Gestaltung und der Schulgartenidee. „Die verstärkte Einführung von Ganztagsschulen sorgt für mehr Zeit, praktische Erfahrungen im Umgang mit der Natur zu machen“, schreibt er im Vorwort. „Kinder, die Büsche und Bäume gepflanzt, Frühblüher oder Kräuter gesetzt haben, werden auf diese Pflanzen auch besonders achten. Was man mit eigenen Händen selbst gepflanzt hat, das schätzt man, und was man schätzt, das schützt man auch.“

Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher würden oft die Erfahrung machen, dass gerade sogenannte schwierige Kinder voller Begeisterung im Schulgarten mitarbeiten. „Sie wollen Kartoffeln setzen und ernten, Bienen betreuen und Honig schleudern, Küken ausbrüten und Hühner halten. Die dadurch verbesserte Identifikation mit der Schule führt auch zu besseren Leistungen im Unterricht“, so Schmidt.

Unter dem Motto „Kein Geld? Ideen, wie es trotzdem klappt“ gibt Christine Sinnwell-Backes von der Offenen Ganztagsschule Nalbach im Landkreis Saarlouis erste Tipps zur Einrichtung eines Schulgartens. Die Broschüre führt anschließend durch das Jahr. Überschrieben mit alten Bauernregeln, werden für jeden Monat des Jahres Praxisbeispiele vorgestellt. Im Januar heißt es:

„Ist der Dreikönigstag kein Winter, so kommt auch keiner mehr dahinter“

„Der Jahresbeginn bietet sich für einen Ausblick auf das kommende Schulgartenjahr an“. Für ein Schulgarten-Tagebuch für das neue Kalenderjahr, einen Plan für die Nutzung der Beete, aber auch zum Nachdenken über den Verbrauch von Energie und Wasser. Beispielhaft wird das Schulprojekt „Internationale Energiedetektive“ vorgestellt, in dem die „ARGE SOLAR“ im Auftrag der saarländischen Energieversorgungsunternehmen Kinder und Jugendliche zu „Energiedetektiven“ ausbildet.

Im März werden an vielen Schulen sogar Küken ausgebrütet. An der Ganztagsgrundschule Großrosseln im Regionalverband Saarbrücken organisieren die Pädagoginnen und Pädagogen einen „Kuck mal, was da schlüpft“-Expertentag. Die Kinder machen sich mit den „Hühner spezial“-Materialien schlau über das Ausbrüten eines Eis, die Entwicklung des Embryos und beantworten sich Fragen wie: „Woran erkennt man, ob es ein Huhn oder ein Hahn ist?“

„Legst Du die Kartoffel im April, dann kommt sie wann sie will, legst Du sie im Mai, so kommt sie glei“

Ein Bienenstock direkt in der Schulklasse? Wenn so mancher ein ungutes Gefühl bei diesem Gedanken hat – die Erfahrungen im Projekt „Bienen machen Schule“ mit Imker Peter Sänger zeigen, wie Bienen die Wochen zwischen Oster- und Sommerferien zu einem spannenden Unterrichtserlebnis machen. Spezialbienenkästen ermöglichen es, diese direkt im Klassenraum aufzustellen, so dass die Kinder und Jugendlichen durch eine Glasscheibe das eifrige Treiben im Bienenstock jederzeit beobachten können.

Dabei sind die Bienen-Beobachtungskästen nur ein Teil des Gesamtprojektes. In weiteren Bausteinen für den Unterricht erhalten die Schülerinnen und Schüler durch einen Imker einen umfassenden Einblick in das Leben und die Bedeutung der Bienen. Und die Schülerinnen und Schüler ernten ihren eigenen Honig und verarbeiten ihn. Sieben Ganztagsgrundschulen und drei Erweiterte Realschulen beteiligten sich an dem „naturnahen Bienenprojekt“, darunter die Grundschule Scheidt aus Saarbrücken, die Grundschule Ensdorf und die Schule am Warndtwald aus Überherrn.

Wenn im Mai die Eisheiligen vorbei sind, können auch frostempfindliche Pflanzen ausgesät oder ins Freiland gesetzt werden, zum Beispiel Tomaten, Zucchini, Kürbis, Spinat, Sellerie. Eine Kräuterspirale, wie sie zum Beispiel die Freie Waldorfschule Saarbrücken-Altenkessel einsetzt, ist der ideale Lebensraum für Kräuter aller Art und für viele Insekten wie Bienen, Wespen, Hummeln und Schmetterlinge. Zwischen den Steinen der Trockenmauer können sich Eidechsen ansiedeln und im Feuchtbiotop am Fuß der Spirale können sich Kaulquappen zu Fröschen entwickeln.

„Wie’s Wetter heut am Siebenschläfertag, es sieben Wochen bleiben mag“

Im Juni sind Insekten wie Bienen, Hummeln, Hornissen bei der Bestäubungsarbeit zu beobachten. Schmetterlingsprojekte für saarländische Schulen führt der Hülzweiler Hobbybiologe Edgar Theobald durch. Für die Kinder besonders attraktiv sind die farbenfrohen Schmetterlinge, die um Büsche und Blüten flattern. Spezielle Schmetterlingsprojekte ermöglichen es, selbst Raupen aufzuziehen und den Schmetterlingen beim Schlüpfen zuzusehen.

„Wer miteinander pflanzt, erntet und isst, kann sich nicht fremd sein!“. Mit dieser Prämisse entstehen an Ganztagsschulen Schulgärten, die sich in die Umgebung öffnen, indem sie mit Eltern oder Vereinen zusammenarbeiten. Das ist in der Zeit des Erntens besonders wichtig, da diese gewöhnlich in die Schulferien fällt. An vielen Ganztagsschulen ist das Problem durch die Ferienbetreuung minimiert – aber Hilfe nimmt man immer gerne an. Beliebt ist unter anderem das Projekt „Interkulturelle Gärten“, das durch Stiftungen unterstützt wird. 2012 eröffnete so zum Beispiel in Homburg-Erbach der „Garten der Begegnung“, der Menschen unterschiedlicher Kulturen, mit und ohne Behinderungen, Junge und Alte zusammenbringt.

„August ohne Feuer, macht das Brot teuer“

Keine Probleme bei der Ferienbetreuung des Schulgartens gibt es bei Kooperationen zwischen Obst- und Gartenbauvereinen und Schulen. So kommen die Drittklässler der Pestalozzischule Steinbach im Landkreis Saarlouis alle zwei Wochen in die Anlage des Kleingärtnervereins, um dort zu säen, zu pflanzen und zu ernten. Eine Schulgarteneinheit besteht aus zwei Unterrichtsstunden, wobei es eine theoretische Einführung, eine praktische Tätigkeit und ein gemeinsames Essen gibt. Damit kommt auch das Thema Schulverpflegung mit regionalen und saisonalen Lebensmitteln auf den Tisch.

Im September ist die Zeit der Kartoffelernte. Nehmen Ganztagsschulen am Projekt „Kids an die Knolle“ teil, erhalten sie jeweils fünf Kilo Setzkartoffeln vom Deutschen Kartoffelhandelsverband kostenlos zur Verfügung gestellt. Dokumentiert wird die Arbeit in den zwölf beteiligten saarländischen Schulen - wie der Maria-Montessori-Grundschule Saarbrücken-Rußhütte oder der Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule Riegelsberg - durch sogenannte Kartoffeltagebücher. Oft sind Kinder überrascht, wie vielfältig Kartoffeln als Püree, Fritten, Klöße, Salat oder Suppe gegessen werden können.

Im Oktober ist die Erntezeit in vollem Gange. Schülerinnen und Schüler verarbeiten ihre Produkte selbst, stellen Säfte und Marmeladen her, wecken ein und verkaufen sie auf Schul- oder Bürgerfesten. Und die erzielten Gewinne kommen der Schule wieder zugute. Daneben lernen die Kinder und Jugendlichen im Rahmen von Schülerfirmen, die im Saarland durch ALWIS – ArbeitsLeben WIrtschaft Schule e. V. unterstützt werden: „Produkte herstellen und vermarkten in ökologischer und sozialer Verantwortung – das lohnt sich.“

„Novemberwind scheut Schaf und Rind“

Der neunjährige Schüler Felix Finkbeiner gründete 2007 die Schülerinitiative „Plant for the Planet“, die sich zum Ziel gesetzt hat, in jedem Land der Welt eine Million Bäume für den Klimaschutz zu pflanzen. Über 20 saarländische Schulen haben sich daran beteiligt, darunter das Gymnasium am Stadtgarten Saarlouis und das Hochwaldgymnasium Wadern. Zu den Programmen, die die Ernährungsbildung unterstützen, gehört das EU-Schulobstprogramm im Saarland, an dem bereits 182 Schulen teilgenommen haben.

Das Jahr geht nun zu Ende, im Dezember könnten „die Gartengeräte ... überprüft und gereinigt, ... der Komposthaufen gesiebt und umgesetzt werden“. Wie in der Grundschule Eiweiler bauen Kinder in der kalten Jahreszeit gerne Nisthilfen für Vögel, Fledermäuse und Insekten. Eine solche Futterstation eignet sich auch gut, um mit Schülerinnen und Schülern gemeinsam Vögel zu beobachten und zu bestimmen. Deshalb: Ein Vogelbestimmungsbuch bereit legen und auf Entdeckungsreise gehen!

Prädikat: Nachahmenswert!

Die mit sichtlichem Engagement gestaltete Broschüre gibt einen lebendigen Eindruck davon, wie Ganztagsschulen Umwelt- und Ernährungsbildung einbeziehen können und welche außerschulischen Kooperationspartner sie dabei unterstützen. Sämtliche Beispiele können in allen Regionen durchgeführt werden – und werden es ja auch, wie einige der genannten bundesweiten Programme zeigen. Die Handreichung dürfte interessierte Ganztagsschulen motivieren, ihr Schulgelände und ihre Angebote noch näher unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit, aber auch der Verbindung von Vor- und Nachmittag in Augenschein zu nehmen.

Und: Probieren Sie doch einmal die Rezepte für Löwenzahnsirup (Juni) oder für Kartoffelpuffer mit Kräuterquark und Apfelmus (September) aus oder stellen Sie mit den Schülerinnen und Schülern selbst Vogelfutter her (Dezember)!
 

 

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