Unterstützung und Netzwerke für den Ganztag : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke
„Online-Café Ganztag“ heißt in mehreren Bundesländern inzwischen ein begehrtes Format des Austauschs. Der Ganztagsschulverband Sachsen stellte kürzlich in 90 Minuten unterschiedliche Unterstützungsangebote vor.
Als sich der Landesverband Sachsen im bundesweiten Ganztagsschulverband 2019 nach längerer Ruhephase sozusagen wiederbelebte, nahmen sich die „Macher“ kleine Schritte für große Ziele vor. Christoph Bülau ist Vorsitzender des sächsischen Verbandes, versteht sich aber als einer von mehreren eines engagierten Teams. Im Interview mit www.ganztagsschulen.org formulierte er Teile der Herausforderungen:
„Wir sind alle neu in der Verbandsarbeit, zugleich aber hochmotiviert und wollen direkt anfangen zu arbeiten. Zunächst werden wir ein eigenes Leitbild entwickeln. Die Ergebnisse unseres ersten Workshops haben wir in Arbeitsschwerpunkte umgesetzt. Einer umfasst die Vernetzung und Beratung von Schulen. Die Qualifizierung des Personals wird ein großes Thema sein, und wir werden Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit leisten.“
Schon zu diesem Zeitpunkt diskutierten Christoph Bülau und sein Team, wie sie sich am besten in den Dienst der sächsischen Schulen mit Ganztagsangeboten stellen könnten. Die Worte Vernetzung und Unterstützung nahmen dabei zentralen Raum ein.
Unterstützungssysteme für Schulen mit Ganztagsangeboten
Ein Element, das seit geraumer Zeit daraus erwachsen ist, trägt den schönen Titel „Online-Café Ganztag“. In loser Folge werden am Ganztag Interessierte für 90 Minuten vor ihren Bildschirm gelockt. Online werden spannende Themen aufgegriffen, Expertinnen und Experten liefern Inputs, ehe es im „Plenum“ die Möglichkeit zum Austausch und für Rückfragen gibt.
Kürzlich war es wieder soweit. „Unterstützungssysteme für Schulen mit Ganztagsangeboten“, war das jüngste Online-Café überschrieben. Dabei präsentierten Ines Haberstock vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus und Dr. Stephan Bloße von der noch jungen Servicestelle Ganztag am Landesamt für Schule und Bildung Sachsen ihre Möglichkeiten und Angebote, Schulen mit Ganztagsangeboten zu begleiten, zu beraten und zu unterstützen.
Christoph Bülau nutzte die Gelegenheit, das von ehrenamtlichen Fachleuten entwickelte Ganztagsportal „Ganztag entwickeln“ des Verbandes zu präsentieren. Darüber hinaus konnten sich die Teilnehmenden ein Bild vom Ganztagsportals des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) machen.
Viele Informationen – praktische Hilfen
Ines Haberstock hob beeindruckende Zahlen des Landes hervor. Etwa, dass 92 Prozent der allgemeinbildenden Schulen Ganztagsangebote unterbreiten oder dass das Land allein im aktuellen Schuljahr 48 Millionen Euro in die Förderung des Ganztags investiert. Schon jetzt kündigte sie an: „Im kommenden Schuljahr kommen noch einmal 27 Schulen hinzu.“ Sie unterstrich, dass das Land gemeinsam mit der Servicestelle Ganztag („ein ganz wichtiger Partner“) zahlreiche Unterstützungselemente bereithalte.
Dazu zählen die Förderung von Ganztagsangeboten und deren Qualität anhand des sächsischen „Qualitätsrahmens Ganztagsangebote“, derzeit 21 Praxisbeispiele und eine durchaus außergewöhnliche und gut bestückte Datenbank über außerschulische Kooperationspartner. Die Referentin hob ein bei den am Ganztag Interessierten besonders geschätztes „Puzzleteil“ hervor: die Frequently Asked Questions (FAQ). Haberstock: „Die Liste umfasst aktuell 64 Fragen und Antworten, beispielsweise auch zur Ganztagsangebotsverordnung Sachsens.“
Sie erinnerte auch an die sogenannte Sportartenliste („inklusive Hinweisen zur Unfallvermeidung“), aber auch an die Rahmenvereinbarungen mit zahlreichen Verbänden, die jederzeit nachzulesen seien. Als hilfreich stuften Nutzerinnen und Nutzer auch den Leitfaden „Individuelle Förderung“ ein. Haberstock machte deutlich, dass der „Aufbau einer guten Struktur im Zusammenwirken mit Kooperationspartnern die größte Hürde für Schulen“ darstellt. Man sei sich bewusst, dass es im ländlichen Raum besonders schwerfalle, überhaupt geeignete und vor allem auch interessierte Partner zu finden. „Dabei wollen wir unterstützen“, versprach sie.
Servicestelle Ganztag
Viel Erfahrung bei allen Fragen, Herausforderungen und Möglichkeiten des Ganztags bringt Dr. Stephan Bloße mit. Schon an der TU Dresden widmete sich der Bildungssoziologe diesem Thema und zeichnete mit für die umfassenden Studien und Evaluation den der sächsischen Ganztagsangebote verantwortlich. Nun zählt er zum vierköpfigen Team der im vergangenen Jahr eingerichteten Servicestelle Ganztag. Sie ist am Landesamt für Schule und Bildung angesiedelt und Bloße der zentrale Ansprechpartner für Qualitätsentwicklung und -sicherung.
Zu den vielfältigen künftigen Unterstützungsangeboten der Servicestelle zählt auch ein auf den Bedarf der Schulen mit Ganztagsangeboten ausgerichtetes Fortbildungsprogramm, das aktuell konzipiert wird. Stephan Bloße stellte erstmals unter anderem die Möglichkeiten pädagogisch-inhaltlicher Beratungen vor. Sie seien einzeln (telefonisch, in Präsenz oder online), für Tandems (z. B. Schule und Kooperationspartner), im „Sprengel“ oder auch in Form von Informationsveranstaltungen buchbar. Inhaltlich reiche das Spektrum von organisatorischen Hinweisen zur Umsetzung des Ganztags vor Ort (Voraussetzungen, Vereinbarungen, Aufgaben des Antragstellers, Antragstellung, Anmeldeverfahren, Versicherungsschutz) über spezielle Ganztagsthemen (Rhythmisierung, individuelle Förderung, Partizipation, Unterrichtsentwicklung) bis hin zu Fragen der Ganztagskonzeption.
Bloße ermunterte alle, die sich mit dem Ganztag beschäftigen, den Kontakt zur Servicestelle, zu den fachlich-pädagogischen Beraterinnen Petra Geier, Birgit Henck und Jana Hildebrandt oder zu ihm selbst (Qualitätsentwicklung und -sicherung) zu suchen. Was besonders auch für die „neue Generation von Ganztagskoordinatorinnen und -koordinatoren gilt“.
„Ganztag entwickeln“ in Sachsen: „Hilfe zur Selbsthilfe“
Diese wie auch alle jetzt schon in dieser Funktion Tätigen finden nicht nur im Online-Café des Verbandes, in dem Christoph Bülau auch spannende aktuelle Neuigkeiten rund um den Ganztag in Sachsen verrät (etwa, dass die neue Ausgabe der Zeitschrift des Grundschulverbandes „Grundschule aktuell“ mit dem Schwerpunkt Ganztag vorliegt), wertvolle Informationen.
Zu den Möglichkeiten, sich dem Thema zu widmen, gehört auch das Portal „Ganztag entwickeln“. Bülau stellte es vor. „Wir möchten hier Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen. Dazu sammeln wir Informationen und stellen sie öffentlich bereit“, betonte er. Dabei haben sich die Erfinder dieses Auftritts nicht alleine Gedanken im stillen Kämmerlein gemacht: „Wir haben potenzielle Nutzerinnen und Nutzer gefragt, was sie benötigen.“
Herausgekommen ist ein übersichtliches und informatives Portal, das neben vielen anderen nützlichen (Fach)Beiträgen zwei besonders wertvolle Rubriken bereithält: Mehr als 100 Begriffe füllen das Ganztags-Glossar. Jeweils in nur einem Satz werden Fachbegriffe verständlich aufbereitet. „Man könnte es auch als Duden des Ganztags bezeichnen“, versicherte Bülau. Was bitte ist eine Sportartenliste? Das mögen sich manche fragen. Im Glossar erhalten sie mit einem Klick die Antwort: „Sportartenliste: umfasst eine Auswahl von Sportarten für die Gestaltung von Ganztagsangeboten, welche mit der sächsischen Unfallkasse abgestimmt ist und als Orientierung bzw. Empfehlung für die Schulen dienen soll.“
Den zweiten eindrucksvollen und motivierenden Schwerpunkt stellen maximal fünf Minuten lange Lern- und Erklärvideos dar. Die virtuellen Begehungen von Schulen mit Ganztagsangeboten liefern anderen Kollegien, Eltern und potenziellen Kooperationspartner ebenso wie Interessierten wertvolle Eindrücke und Anregungen für ihre eigene Schulentwicklung.
Bundesweites Fachportal www.ganztagsschulen.org
Auch das Ganztagsschulportal des BMBF www.ganztagsschulen.org verfolgt das Ziel, gute Beispiele der Gestaltung des Ganztags bundesweit vorzustellen. Unter der Rubrik „Ganztagsschule vor Ort: Schulporträts“ finden die Leserinnen und Leser auf dem Portal, das 2003 als flankierende Maßnahme zum Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB) entwickelt worden ist, inzwischen hunderte Porträts von Ganztagsschulen aus allen 16 Bundesländern – darunter auch rund 30 Schulen aus Sachsen.
Interviews mit Kooperationspartnern von Ganztagsschulen und wichtigen anderen Akteuren, aber auch der Transfer von Ergebnissen der vom BMBF geförderten Ganztagsschulforschung sowie eine Datenbank der Ganztagsschulforschung in Deutschland, Österreich und der Schweiz bereichern das Angebot. Nicht zuletzt geben Interviews mit Bildungsministerinen und ‑ministern der Länder, aber auch mit Kommunalpolitikerinnen und ‑politikern einen Einblick in regionale und lokale Bildungslandschaften mit ihren jeweiligen bildungspolitischen Schwerpunktsetzungen.
Es ist, das wurde bei der Vorstellung im Online-Café auch deutlich, mittlerweile ein bundesweit geschätztes Fachportal, das zugleich eine Servicefunktion hat. Meldungen über aktuelle Entwicklungen in der Welt des Ganztags sowie Veranstaltungs- und Fortbildungstermine verschiedenster Anbieter erfreuen sich großer Aufmerksamkeit der Nutzerinnen und Nutzer. Das Portal informiert über Ganztagsangebote aller Schularten und -stufen. Dazu gehören schon jetzt umfassende Informationen zum Ausbau ganztägiger Bildung im Grundschulalter, so zu Themen des kommunalen Ausbaus, der Qualität der Angebote, zur räumlichen Ausstattung und auch zur Trägervielfalt.
Zum geplanten neuen „Investitionsprogramm Ganztagsausbau“ für Kinder im Grundschulalter formulierte es Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger in einem Interview mit www.ganztagsschulen.org kürzlich so: „Als Bundesbildungsministerium unterstützen wir die Bildung durch Ganztagsangebote. Das können wir, weil wir inzwischen sehr viel Wissen über die Qualität des Ganztags erlangt haben. Denn wir haben viele Jahre lang die begleitende Forschung zum Ganztagsausbau gefördert. Auch das Ganztagsschulportal sorgt dafür, das länderübergreifende praktische Wissen aufzubereiten. Zuletzt haben wir Ergebnisse der Ganztagsschulforschung im „Qualitätsdialog“ zwischen Bildungsforschung, Bildungsverwaltung und Bildungspraxis zusammengetragen. All das bringen wir jetzt in diesen Prozess ein.“
Kategorien: Ganztag vor Ort - Ganztagsschule in den Ländern
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