Auf Sorbisch unterrichten – wuznaće ke korjenjam : Datum: Autor: Autor/in: Lynn Winkler, Björn Sievers

Sachsen wirbt für den Lehrerberuf. Matej Mark, sorbischer Muttersprachlicher, studiert in Leipzig Mathematik und Physik auf Lehramt und spricht oft sorbisch. Ein Interview im Rahmen der Initiative #LehrerwerdeninSachsen.

Das Landesamt für Schule und Bildung in Bautzen bietet seit 2019 seine sorbischen Sprachkurse nicht nur für Lehrkräfte, sondern auch für Erzieherinnen und Erzieher, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sowie weitere Personen, die im Rahmen von Ganztagsangeboten oder Assistenzleistungen an Schulen mit einem sorbischsprachigen Angebot tätig sind. Denn die sächsische Oberlausitz und die mittlere Lausitz sind das politische und kulturelle Zentrum der sorbischen Minderheit in Deutschland.

Unterstützt vom Sorbischen Schulverein (SSV), der 1991 nach dem Vorbild des Dänischen Schulvereins in Deutschland gegründet wurde, ist das Ziel der Sächsischen Staatsregierung, dass Schülerinnen und Schüler in der Schule eine aktive sorbisch-deutsche Zweisprachigkeit erreichen können. Björn Sievers hat mit Matej Mark, angehender Lehrer für Mathematik und Physik und sorbischer Muttersprachler, gesprochen.

Auf Sorbisch unterrichten – wuznaće ke korjenjam

Entweder man ist stark in den Naturwissenschaften. Oder im Bereich der Sprachen. Oder man verbindet einfach beides auf ganz natürliche Weise – so wie der 22-jährige Matej Mark. Der gebürtige Lausitzer kann definitiv gut mit Zahlen umgehen. Und seine Muttersprache ist Sorbisch. Beste Voraussetzungen für aktive Kulturvermittlung: als Gymnasiallehrer für Mathe und Physik – auf Sorbisch, versteht sich.

Mathe und Physik auf Lehramt: anspruchsvoll, wenn auch nicht ganz so selten. Mit der Aussicht, beide Fächer später auf Sorbisch zu unterrichten, wird daraus eine noch attraktivere Kombination. Wir sprachen mit Matej Mark über Mathematik, Physik und die Möglichkeiten seiner Muttersprache.

Björn Sievers: Matej, Mathematik und Physik – zwei spannende Fächer, noch dazu auf Lehramt. Ein Wunschstudium?

Sorbisches Gymnasium Bautzen
Serbski gymnazij w Budyšinje (Sorbisches Gymnasium Bautzen) © Stiftung für das sorbische Volk (Matej Zieschwauck)

Matej Mark: Das war ein längerer Weg. Nach dem Abi steht man ja vor der Entscheidung: Ausbildung, Studium, freies Jahr, ins Ausland. Dass ich studieren wollte, war recht früh klar, dass Mathematik dabei sein würde, auch. Lehramt stand im Raum, aber ich habe dann doch den Diplomstudiengang Mathematik angefangen. Und dann war alles anders. Für mich war vorher Mathe immer etwas, das mir viel Spaß macht, logisch aufgebaut und leicht zugänglich ist. Das hat sich dann mit dem Studienstart doch etwas verändert. Mathe in der Schule und Mathe im Studium sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Ich bin da vier Semester lang wirklich gescheitert. 

Björn Sievers: Was passierte dann?

Matej Mark: Nach der Erfahrung habe ich mich nach einem neuen Studium umgesehen. Und bin wieder bei der Mathematik gelandet, aber eben im Lehramt, zusammen mit Physik, welche eng mit der Mathematik verbunden ist. So lässt sich schön zeigen, was man mit Mathe so alles machen kann. Im Lehramt wird die Weitergabe des Stoffs, auch im Hinblick auf die eigene spätere Wissensvermittlung, ganz anders angepackt. Es geht eben auch um die Begeisterung für die Mathematik und darum, andere damit anzustecken. Das hat mir sofort gefallen. Mathe und Mathelehrer sind ja bei den meisten nicht sonderlich beliebt. Ich würde genau das gern ändern, Leute mitreißen und ihnen die Attraktivität dieses Fachs zeigen.

Björn Sievers: Bei dir kommt auch noch das Sorbische ins Spiel?

Matej Mark: Genau, ich stamme aus Neu-Lauske in der Lausitz. Ich wollte einfach nie so richtig dortweg, das war mir immer schon wichtig. Die ganze Kultur, die Volksverbundenheit, das Miteinander – die sorbische Sprache spielt da eine ganz zentrale Rolle, auch im normalen Alltag. Dazu gehört natürlich auch die Wissensvermittlung in der Schule. Auf diese Weise lässt sich gerade auch an den Schulen die Sprache und damit die Kultur lebendig halten, das wird dann bei mir in den Fächern Mathe und Physik hoffentlich der Fall sein.

Björn Sievers: Brauchst du später für das Unterrichten eine Art Nachweis über deine sorbische Sprachkompetenz?

Matej Mark: Als Muttersprachler brauche ich keinen Nachweis, aber spätestens in einem Bewerbungsgespräch muss man seine eigene Sprachkompetenz nachweisen und mit dem Fachlichen zusammenbringen. Es gibt außerdem Bemühungen des Sorbischen Schulvereins, sich gezielt in bestimmte Gegenden versetzen zu lassen, ein wenig Steuerung ist da aufgrund der besonderen Stellung der sorbischen Minderheit auch möglich. Außerdem können Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen aus dem slawischen Sprachraum Sorbisch mit einem entsprechenden Nachweis unterrichten. Dafür gibt es spezielle Kurse vom Landesamt für Schule und Bildung.

Björn Sievers: Wie oft sprichst du sorbisch?

Matej Mark: (lacht) Das kommt auf mein Gegenüber an. Aber schon oft. In der Familie definitiv sorbisch, im Studium meist deutsch, weil wir da zu wenige sind, die Sorbisch können. In Leipzig gibt es aber noch einen Studentenverein, die Sorabija, da sprechen wir untereinander sorbisch. Das ist dann so ein schönes kleines Stück Heimat. Hier in Leipzig an der Uni sind wir so ungefähr 45 Leute, das ist schon gar nicht schlecht. Wir haben sogar zwei sorbische Etagen in einem Wohnheim.

Björn Sievers: Hast du Verbindungen zum Institut für Sorabistik an der Uni Leipzig?

Oberschule Wilthen (sorbisch Wjelećin) im Landkreis Bautzen
Oberschule Wilthen im Landkreis Bautzen © Oberschule Wilthen

Matej Mark: Wir tauschen uns auf alle Fälle aus, aber eher informell, zwischen interessierten Studierenden, da geht es um Sprachentwicklung und -geschichte, das ist spannend. Aber durch den dortigen Fokus auf Sorabistik gibt es da keine offiziellen Verbindungen.

Björn Sievers: Gibt es eigentlich auch neue sorbische Worte, zum Beispiel für digitale Technologien?

Matej Mark: Schon, aber das braucht alles viel zu lange Zeit, um sich durchzusetzen, da sind auch die Sorben pragmatisch und nutzen eher die international üblichen, englischen Bezeichnungen. Es gab im letzten Jahr „Das sorbische Wort des Jahres“, „šmóratko” für Smartphone (umgangssprachlich hergeleitet vom Wort „šmórać”: schmieren – Anm. d. Redaktion). Das Problem ist, es nutzt einfach niemand – und wenn, dann eher als Fingerzeig, dass es da doch auch ein eigenes Wort gäbe. Das hat aber mit dem Alltag nichts zu tun.

Björn Sievers: Wie gefällt dir Leipzig?

Matej Mark: Das ist schon so, wie ich es mir vorgestellt hatte: recht groß, aber doch überschaubar und es gibt hier –  wie in Dresden auch – sorbische Vereine. Es gibt natürlich auch Leute, die wollen sich ihren Kreis komplett neu aufbauen, das geht hier mit Sicherheit prima. Ich wollte die Verbindung zur Heimat beibehalten, das klappt ebenfalls richtig gut.

Das Interview ist im Rahmen der Kampagnen „Sorbisch? Na klar.“ (www.sorbisch-na-klar.de) und „Pack dein Studium“ (www.pack-dein-studium.de) erschienen. Wir danken dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus für die freundliche Genehmigung zur Zweitveröffentlichung.

Lynn Winkler ist Redakteurin für Social Media in der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus.

Björn Sievers führte Interviews im Rahmen der Initiative Pack-dein-Studium.

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