Pädagogisches Personal in der Offenen Ganztagsschule : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke

Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Ganztagsschulen trafen sich in Kiel auf einem landesweiten Fachtag der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Schleswig-Holstein. Eine gelungene Premiere.

Vorstellung der Referentinnen und Referenten
Joana Poloschek stellt die Referentinnen und Referenten vor © dkjs / Patrick Hattenberg

Erwartungsfroh steuern Monika Schwenecke und Christian Waldeck auf das Gymnasium Kronshagen zu. Gemeinsam mit ihrem nahezu kompletten Team sind die Kursleiterin und der Ganztagskoordinator der Comenius-Gemeinschaftsschule Quickborn zum landesweiten Fachtag angereist. Die Palette der Workshops hat sie angelockt. „Und die Möglichkeit des Austauschs mit anderen“, sagen sie.

Dankbar sind sie dem Veranstalter für die Wahl des Tages – Samstag. „An anderen Tagen könnten wir entweder nicht als Team teilnehmen oder wir müssten die OGS schließen“, erklären sie. Sieben Stunden später wissen sie: „Der Ausflug hat sich gelohnt“. So wie die mehr als 100 anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer empfinden sie die angebotenen Themen, die „üppige“ Zeit, sich ihnen zu widmen, aber auch die von der Serviceagentur „herbeigezauberte“ fachliche und dennoch persönliche und wertschätzende Atmosphäre als extrem wohltuend.

„Dafür opfere ich gerne meine Zeit, wenn man überhaupt von einem Opfer sprechen kann“, bilanziert am Nachmittag ein Gast. Er lobte stellvertretend die Workshops. Sie alle boten inhaltlichen Input, gemeinsame Arbeit am Inhalt und regen Austausch. Erkenntnisse wurden nicht nur referiert, sondern erfahr- und erlebbar gemacht.

„Spiel mal wieder!“

Wie Kursleiterinnen und Kursleiter gruppendynamische Prozesse durch den Einsatz von Spielen und Übungen begleiten können, stellte Referentin Frauke Feitkenhauer ins Zentrum ihres Workshops „Spiel mal wieder! Gruppen aktivieren, entspannen, kennenlernen“. Sie spricht aus Erfahrung. Schließlich fungiert sie selbst als Pädagogische Leiterin der Offenen Ganztagsschule Todenbüttel und Multiplikatorin des Zertifikatskurses „Qualifizierung pädagogischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Ganztagsschulen“.

Spiel-Workshop mit Frauke Feitkenhauer
Frauke Feitkenhauer: „Spiele fördern Teamarbeit und Selbstvertrauen.“ © dkjs / Patrick Hattenberg

Ihre Kernaussage: „Spiele werden häufig belächelt, die Wirkung sowie die Fähigkeiten, die Kinder dadurch ausbilden, unterschätzt.“ Die von ihr vorgestellten Spiele und Übungen fördern Teamarbeit, Fairplay, die Wahrnehmung eigener Grenzen und der von anderen. Sie steigern Selbstvertrauen, einen gesunden Umgang mit Fehlern und die Selbstwirksamkeit. Fazit einer Kursleiterin: „Mir war diese umfassende Bedeutung von Spielen nicht so bewusst. Demnächst baue ich sie in meine Kurse ein.“

Künstlerisches Gestalten und Förderung von Jungen

Künstlerisch ging es im Workshop von Susanne Nothdurft zu. Die freischaffende Künstlerin und Dozentin im Studiengang Kommunikationsdesign an der Muthesius-Kunsthochschule Kiel lud ihre Gäste dazu ein, selbst künstlerisch aktiv zu werden und so zu erfahren, wie kreative Projekte für den Ganztag aussehen und wie sie angeleitet werden können. Sie sensibilisierte durch die praktische Arbeit für Farben, Gestaltung und Fantasie: „Farben sind Träger von Emotionen.“ Sie bezeichnete Kunst als „Ausdrucksform für Kinder“ und als Möglichkeit, sich mit der Welt und sich selbst auseinanderzusetzen.

Handlungsorientiert ging es auch bei René Altenburg und Martin Kürle zu. Altenburg ist als Schulsozialarbeiter der Grundschule Marli und im Grundschulbereich der Willy-Brandt-Schule tätig, und Diplomsozialpädagoge Martin Kürle bietet als Stand-up-Trainer Kurse zu den Themen Mobbing, Gewaltprävention- und Selbstbehauptung an – insbesondere für Jungs.

Teilnehmer-Kreis springt in die Luft
„Bewegungsdrang nicht gleich als Hyperaktivität abstempeln“ © dkjs / Patrick Hattenberg

Sie wollten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vermitteln, welche Bedürfnisse Jungen im Ganztag haben und machten deutlich, wie wichtig Respekt, Verantwortung, Wertschätzung und Konsequenz im Umgang mit Jungen sind. Schule „jungengerechter zu gestalten“, erfordere auch, diese stärker in verantwortliche Aufgaben einzubinden, beispielsweise als Streitschlichter, an ihrer mitunter heftigen Sprache zu feilen, Bewegungsdrang nicht gleich als Hyperaktivität abzustempeln.

Raum und Zeit für Partizipation

Was ist Partizipation, wo praktizieren wir sie bereits? Solche und ähnliche Fragen stellte Torben Hermann von der JugendAkademie Segeberg im Workshop „Partizipation in der Ganztagsschule – praktisch gelebt!“. Die Antworten fielen vielfältig aus und machten Mut. Denn bei vielem werden Schülerinnen und Schüler bereits häufig eingebunden. Hermann: „Gemeinsames Aufstellen von Regeln ist schon Partizipation.“ Sein allgemeiner Tipp für Regeln: Positive Formulierungen, beispielsweise „Wir hören einander zu“ statt „Nicht unterbrechen!“.

Torben Herrmann vor einer Tafel
Torben Hermann: „Gemeinsames Aufstellen von Regeln ist schon Partizipation.“ © dkjs / Patrick Hattenberg

Eine Variante täglich gelebter Partizipation stellen der Wandspeicher (Schüler dürfen jederzeit Ideen und Highlights notieren), die Klagewand (was aktuell missfällt) und die Stolpersteine (aktuelle Herausforderungen/Wünsche) dar. Hermann: „Das darf aber nicht nur auf dem Papier stehen, sondern soll zeigen, dass die Kinder gehört und ihre Anliegen behandelt werden.“ Zudem nahmen die Zuhörer mit, wie wichtig es ist, dass in der Schule ebenso wie im Offenen Ganztag alle Beteiligten bereit sind, der Partizipation Raum und Zeit zu geben.

Ganztagskoordination – eine Vielzahl von Herausforderungen

Als ehemalige Ganztagskoordinatorin weiß die psychologische Beraterin Jutta Junghans, wovon sie spricht. In ihrem Workshop „Stärkung der beruflichen Tätigkeit und des beruflichen Selbstverständnisses – mit Belebung der eigenen Kraftquellen“ ging es um die Frage, wie pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leistungsfähig bleiben und positiv mit Stress umgehen.

Ihre wichtigste Empfehlung: „Um in der Lage zu bleiben, das zu tun, was Sie täglich tun müssen und möchten, sollten Sie achtsam mit sich selbst sein und sich bemühen, die Faktoren zu erkennen, die Ihnen Stress bereiten.“ Eine Teilnehmerin brachte es anschließend auf den Punkt: „Mir ist plötzlich klar geworden, dass ich Auseinandersetzungen und Diskussionen oft viel zu persönlich nehme. Daran aber kann ich etwas ändern.“

Zeit und Raum lauteten auch Stichworte im Workshop „Kollegiale Fallberatung in Theorie und Praxis“. Volkert Brammer, der Führungskräfte und Teams coacht, erinnerte daran, wie wichtig es ist, im Schulalltag gezielt Möglichkeiten für die Reflexion von Konflikten und deren Lösungen zu schaffen. Er sprach den Teilnehmenden gewissermaßen aus der Seele: „Ganztagskoordinatorinnen und -koordinatoren erleben eine Vielzahl von Herausforderungen und Konflikten. Und das mit vielen unterschiedlichen Zielgruppen“.

Damit die Koordinatoren nicht als Einzelkämpfer vor den Herausforderungen stehen, sollten sie sich seiner Ansicht nach mit Kollegen anderer Schulen vernetzen, austauschen und beraten. Doch gebe es auch Grenzen: „Bei kleinen und mittleren Problemen funktioniert die kollegiale Beratung. Bei weiterreichenden Problemen braucht es externe Beratung.“

Mehr Möglichkeiten als Grenzen

Blick in den Workshop "Ganztagskoordination: Grenzen und Möglichkeiten"
Workshop „Ganztagskoordination: Grenzen und Möglichkeiten“ © dkjs / Patrick Hattenberg

Die Vielfalt der Aufgaben von Ganztagskoordinatorinnen und -koordinatoren spiegelte sich in der Vielzahl der Themen des Workshops „Ganztagskoordination – Die Leiden der Leitung oder Grenzen und Möglichkeiten der Leitung des Offenen Ganztags“ wider. Florian Koch von der Johannes-Gutenberg-Grundschule Bargteheide und Frank Steiner von der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule Ahrensburg betonten: „Es gibt Leitlinien, aber die sollte man genau lesen. Dann geht etwas.“

Beispiel: Förderfähigkeiten von Kursen. Ein solcher soll laut Leitlinien mindestens zehn Teilnehmende haben. Koch und Steiner: „Da steht ‚soll’ und nicht ‚muss’.“ Solche interpretierbaren Begriffe öffneten Möglichkeiten. Regen Austausch löste die Überlegung aus, welche Kurse bei Schülerinnen und Schülern besonders gefragt sind. Denn nach der Erkenntnis der beiden Referenten gelten als die Highlights: Nähen und Blockflöte sowie Gitarre und Abenteuerturnen (besonders bei Grundschülern), Kreatives ohne viele Regeln (Fünft- bis Siebtklässler), zukunftsorientierte Themen wie Konfliktlösung, Führerschein und alles, was hilft, später ein Stipendium zu bekommen (ab Jahrgangsstufe 8).

Ein Highlight stellte auf jeden Fall dieser Fachtag im Angebotsspektrum der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Schleswig-Holstein dar.

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