Forum "Gebundener Ganztag" in Bremen : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Wie starten Schulen in den gebundenen Ganztag? Wie entwickeln sie Konzepte weiter? Das waren Themen eines Fachforums für Ganztagsschulen in Bremen.

Schulsportfest der Grundschule an der Landskronastraße
© Grundschule an der Landskronastraße

92 der insgesamt 142 Schulen im Land Bremen sind im Schuljahr 2017/2018 als Ganztagsschulen organisiert. Von diesen wiederum arbeiten derzeit 26 in der gebundenen Form, davon drei Oberschulen, zwei Gymnasien und mehrere Grundschulen. Laut Karla Wagner, Referentin für Ganztagsangebote/Ganztagsschulen und Quartiersbildungszentren bei der Senatorin für Kinder und Bildung, ist die Nachfrage der Eltern nach Ganztagsplätzen größer als das Angebot – der Trend geht weiter Richtung Ganztag.

„Auch viele Schulleitungen der Oberschulen wünschen sich ein ganztägiges Angebot, weil Eltern, die es so von der Grundschule gewohnt sind, es einfordern“, berichtet die Referentin. „Bis 2025 sollen alle Grundschulen Ganztagsschulen werden“, definiert sie eine Zielrichtung der Landesregierung. Derzeit sind 60 Prozent der Grundschulen ganztägig organisiert. Und sie wünscht sich, „dass in der Öffentlichkeit das Thema Ganztagsschule mehr unter dem Gesichtspunkt erweitertes Bildungsangebot und nicht nur als Betreuung diskutiert wird“. Sie selbst wird nicht müde, diesen Aspekt zu betonen und bringt sich dazu auch auf Veranstaltungen ein. So zum Beispiel am 19. September 2017 beim Forum „Gebundener Ganztag“ im Landesinstitut für Schule.

Angelika Wunsch, die Leiterin der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Bremen, die im Februar bereits das Forum „Offener Ganztag“ veranstaltet hat, sagte: „Wir haben von den offenen Ganztagsschulen gute Rückmeldungen erhalten und uns entschlossen, dieses Format, das einen intensiven Austausch der Schulen untereinander ermöglicht, auch gebundenen Ganztagsschulen anzubieten.“ Einen festen Austausch auf Schulleitungsebene gibt es bereits. Die Foren richten sich daher gezielt an die „Arbeitsebene“: Lehrkräfte, Ganztagskoordinatoren und außerschulische Fachkräfte.

„Lieber weniger spektakulär, dafür verlässlich“

Russisch-AG der Grundschule an der Landskronastraße
© Grundschule an der Landskronastraße

Sieben gebundene Ganztagsschulen waren der Einladung gefolgt: die Grundschule Parsevalstraße, die Grundschule am Buntentorsteinweg, die Grundschule am Pfälzer Weg, die Schule an der Stichnathstraße, die Grundschule am Baumschulenweg, die Grundschule am Pastorenweg und die Grundschule an der Landskronastraße. Alle sind zwischen 2004 bis 2016 gebundene Ganztagsschulen geworden.

„Lieber etwas weniger spektakulär, dafür verlässlich starten“, berichtete eine Lehrerin von ihren Erfahrungen. Eine pädagogische Mitarbeiterin resümierte: „Wenn man die Erfolge in der Arbeit mit den Kindern sieht, dann macht man es gerne. Die Motivation ist da, es macht Spaß.“ Die Probleme sind in allen sieben Schulen in Abstufungen die gleichen: Es geht um Ausstattungs- und Personalfragen, die Belastung der Kolleginnen und Kollegen, aber auch um Konzepte und das Thema Rhythmisierung.

Die Grundschule an der Landskronastraße wurde erst im Sommer Ganztagsschule. Sie ist erstmal nur mit der Eingangsklasse gestartet, wie eine Lehrerin berichtete. Nun möchte die Schule ein Ganztagskonzept für die ersten drei Klassen und einen Jahresplan entwickeln. Räume für die Teamarbeit sollen eingerichtet werden. Die Grundschule hat von Montag bis Freitag ein großes AG-Angebot. Es wurden Zeitstunden eingeführt, sodass der 45-Minuten-Rhythmus der Vergangenheit angehört. „Ein Riesenakt ist die Personalgewinnung“, sagte die Lehrerin. „Und das Personal zu halten.“

"Haus des Lernens"

Die Grundschule am Pfälzer Weg hat einen anderen Weg gewählt: Sie war im Schuljahr 2014/2015 mit allen Klassenstufen gleichzeitig in den Ganztag eingestiegen. „Wir sehen die Heterogenität unserer Schülerinnen und Schüler in Bezug auf die Fähigkeiten, die Muttersprachen, die ökonomische Situation des Elternhauses, den kulturellen Hintergrund, die Religion als eine Chance“, beschreibt eine Lehrerin die Einstellung ihres Kollegiums. „So schaffen wir es, jedes Kind anzunehmen, zu fördern und zu fordern.“

Feier für die Schulanfänger
© Grundschule Am Pfälzer Weg

Ein „Haus des Lernens“ will die Grundschule an der Stichnathstraße werden, ein „Bindeglied zwischen Kita und Schule mit viel Elternarbeit“. Mit den Kindertagesstätten besteht bereits eine gute Zusammenarbeit. In einem Sprachbildungsprojekt kooperiert die Schule mit der Universität Bremen. Für Schulleiter Carsten Dohrmann ist aber wichtig: „Wir brauchen mehr pädagogisches Personal. Sonst laufen wir Gefahr, dass wir unter schlechten Bedingungen die gute Ganztagsidee verschleißen.“ Auch räumliche Erweiterungen sieht er als notwendig an: „In unserer 'Was ihr wollt'-Zeit bleibt den Schülerinnen und Schülern nicht viel mehr übrig, als in großen Gruppen rauszugehen, weil uns Räume für individuelle Aktivitäten fehlen.“ Gerade für die Erstklässler seien Rückzugsmöglichkeiten wichtig.

Die Rhythmisierung ist aus Sicht des Schulleiters gut gelungen: Viele Bewegungs- und Sportangebote sind über den Tag verteilt. Der Unterricht findet in 90-Minuten-Blöcken und in den Klassen 1/2 und 3/4 jeweils jahrgangsübergreifend statt. Die Kommunikation im multiprofessionellen Team ist mit einer wöchentlichen Teamsitzung geregelt. Viele Kooperationspartner – darunter die St. Petri Kinder- und Jugendhilfe gGmbH, der Martinsclub Bremen e. V. für Menschen mit Beeinträchtigung und KiTa Bremen – gestalten den Tag mit. Eine Herausforderung, die für die Schule bleibt: „Wir suchen nach Konzepten, den Ganztag auch für Kinder mit einem Förderbedarf optimal zu gestalten.“

Mittagessen und Elternarbeit sind gefragte Themen

Zwei Themen sind für alle gebundenen Ganztagsgrundschulen besonders wichtig, die Gestaltung des Mittagessens und die Elternarbeit. Zu diesen Themen bildeten sich im Forum jeweils Arbeitsgruppen. „Selbst mitessen“, empfahl ein pädagogischer Mitarbeiter. Das habe Signalwirkung für die Kinder, am Essen teilzunehmen. Patenschaften von Dritt- mit Erstklässlern können die Orientierung in der Mensa erleichtern.

Grundschule am Buntentorsteinweg Bremen
© Grundschule am Buntentorsteinweg

„Kinder lernen von Kindern, das hat bei uns gut funktioniert“, berichtete eine andere Lehrerin. Grundlegend seien für alle verständliche Regeln. Interesse fand in diesem Zusammenhang der „Mensaführerschein“ der Grundschule an der Stichnathstraße. Karla Wagner riet, „auf jeden Fall einen Mensaausschuss einzurichten“. Das erleichtere das Verhandeln mit Caterern. Auch die Eltern sollten in den Ausschuss eingebunden werden. Sie verwies auf die Vernetzungsstelle Schulverpflegung, die dafür Beratung anbietet.

Bei der Elternarbeit sollten Schulen auf niedrigschwellige Angebote achten, das heißt, die Eltern am besten da treffen, wo sie mit ihren Kinder oft sowieso anzutreffen sind: auf dem Schulhof. Eine Sozialpädagogin stimmte zu: „Wir sollten die Schulhöfe so gestalten, dass sie zu Orten der Begegnung werden.“ Elterncafés oder Angebote der Schulsozialarbeit sind gleichfalls gute Orte, um Eltern einzuladen und anzusprechen. Einig waren sich alle am Ende der Veranstaltung, „dass der Austausch wichtig ist“. Es konnten „viele neue Ideen mitgenommen“ werden. Angesichts der Resonanz wird es nicht die letzte Veranstaltung der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ gewesen sein, wie Leiterin Angelika Wunsch versichert.

 

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