Fortbildung Ganztagsschule: Next Generation : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Der Bedarf an Fortbildung für die Ganztagsschule reißt nicht ab. In Rheinland-Pfalz sind entsprechende Angebote des Pädagogischen Landesinstituts stets ausgebucht. Nach über zehn Jahren Ausbau des Ganztags liegt das auch am Generationswechsel in den Schulen.

Als Dagmar Birro am 5. Mai 2015 in Bad Kreuznach die rund 30 Ganztagskoordinatorinnen und -koordinatoren in der Fortbildung begrüßt, ist eigentlich alles wie gehabt: Die Veranstaltung ist ausgebucht.

Wann immer das Pädagogische Landesinstitut (PL) solch ein Unterstützungsangebot für Lehrkräfte, die seit kurzem als Schulleitung oder als Ganztagskoordinatorinnen und -koordinatoren arbeiten, anbietet, ist die Nachfrage groß. Das Pädagogische Landesinstitut organisiert diese Fortbildungen jeweils für den Bereich Nord, Mitte und Süd. Dann versammelt sich eine erfahrene, inzwischen schon eingespielte Gruppe von Beratungskräften, die selbst an Ganztagsschulen arbeiten oder diese leiten.

Generationswechsel in den Ganztagsschulen

„Wir treffen einen Nerv“, freut sich die im PL zuständige Referentin. Dass der Informationsbedarf auch nach über einem Jahrzehnt nicht nachlässt, hat dabei nicht nur mit dem rasanten Ausbau der Ganztagsschulen zu tun, sondern laut Dagmar Birro mit dem „Generationswechsel“ in den Ganztagsschulen. „Jetzt gehen Schulleitungen in den Ruhestand, Ganztagskoordinatorinnen und -koordinatoren verabschieden sich oder treten neue Stellen an, und die Nachfolger müssen sich dann neu orientieren.“

Nehmen die neuen Koordinatorinnen und Koordinatoren dann an einer der Fortbildungen teil, gibt es laut Dagmar Birro wiederkehrende Themen, die auch an diesem Tag in Bad Kreuznach im Fokus stehen: Es geht um Verträge, Qualitätskriterien, Budgetfragen, Fragen der Organisation oder pädagogische Konzepte für den Ganztag.

Wie gewinnt man unterstützendes Personal?

Zu allen Themen steht das PL in einem engen Austausch mit dem zuständigen Referat im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur. So werden einerseits die Fragestellungen aus der Praxis der Ganztagsschule weitergegeben, andererseits werden den Teilnehmenden aus den Schulen in den Veranstaltungen zentrale Vorgaben und Informationen aus dem Ministerium kommuniziert. „Wir haben einen engen Kontakt zu Elke Gödickemeier und Johannes Jung vom Ganztagsschulreferat, die sich immer erkundigen, welche Fragen in unseren Veranstaltungen diskutiert werden“, so Dagmar Birro.

Auf der Bad Kreuznacher Fortbildung informierte der Ganztagsschulberater und Schulleiter Andreas Hüther von der Klingbachschule in Billigheim-Ingenheim, wie seine Ganztagsgrundschule ihr zusätzliches Personal gewinnt. „Es melden sich viele Menschen, die als Honorarkräfte mitarbeiten wollen, für die man in dem Moment vielleicht keinen Bedarf hat. Auch wenn das so sein sollte, empfiehlt es sich, diese Personen um ihr Profil zu bitten. Sie füllen ein standardisiertes Blatt für potenzielle Mitarbeiter aus. Wenn sich dann doch Bedarf ergibt, hat man so die Möglichkeit, schnell wieder in Kontakt zu kommen.“

Für das Engagement von jungen Leuten, die das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) absolvieren, empfahl der Rektor, „selbst tätig zu werden und mehrmals Stellenangebote zu inserieren, mindestens drei Wochen lang.“ Die FSJler seien eine wichtige Unterstützung, allerdings sind sie nur begleitend tätig. FSJler können zum Beispiel Arbeitsgemeinschaften übernehmen, im Sport benötigen sie teilweise einen Übungsleiterschein.

„Unzählig viele kleine Entscheidungen treffen“

Für den Umgang mit Zeit gab Andreas Hüther zu bedenken, dass besonders die „Zwischenzeiten“ definiert werden müssten, also die Zeiten, in denen die Schülerinnen und Schüler zwischen zwei Phasen – Unterricht und Freizeit oder Mittagessen und Lernzeit – unterwegs sind. „Wie gestalten wir diese Übergänge? Wo trifft man sich? Wohin mit den Schultaschen? Wie lange muss jeder beim Mittagessen bleiben? Es gibt da unzählig viele kleine Entscheidungen zu treffen.“ Steuergruppen könnten im Vorfeld einer Ganztagsschulkonferenz Vorschläge dazu erarbeiten, das erleichtere auch die Diskussion während der Konferenz.

„Bereits am Vormittag entscheidet sich der Nachmittag“, so Hüthers Motto zum Thema Hausaufgaben. Seine Schule hat einen Studientag dazu veranstaltet. „Man muss sich im Kollegium beispielsweise verständigen, wie in der Lernzeit kontrolliert wird – das erspart Irritationen.“ Einen Punkt betonte der Schulleiter noch zum Schluss: „Ganztagsschule heißt, dass auch von der Schulleitung jemand den ganzen Tag als Ansprechpartner da ist. Es kann nicht sein, dass ab 15 Uhr niemand mehr von der Schule erreichbar ist.“

Schulinterne Evaluation mit InES online

Ein weiteres Thema der Fortbildung war die Evaluation. Stephan Bachmann von der IGS Rockenhausen stellte mit GrafStat und – speziell für rheinland-pfälzische Schulen – InES online,das wissenschaftlich fundierte und praxiserprobte Evaluations- und Feedbackinstrument, zwei einfach handhabbare Programme für schulinterne Evaluationen vor. Befragungen können in Papierform, als E-Mail- oder auch als Online-Befragung im Computerraum der Schule durchgeführt werden. „Wenn Sie die Eltern im Computerraum befragen, hat das den Vorteil, dass Sie Unmut schnell thematisieren können“, meinte Bachmann. Eine anwesende Lehrerin ergänzte, dass eine Evaluation mit einer professionellen Auswertung auch hilfreich im Kontakt mit dem Schulträger sein könne, um bestimmte Anliegen zu thematisieren.

Die Klingbachschule führt alle zwei Jahre eine Evaluation mit Hilfe von einfach aufgebauten Fragebogen durch. Man erfragt bei den Schülerinnen und Schülern die allgemeine Zufriedenheit mit der Ganztagsschule, die Einschätzung zum Mittagessen und die Beurteilung der Hausaufgaben und der AGs. „Das verschafft einen schnellen Überblick“, so Andreas Hüther. In einem Fall habe eine Evaluation auch personelle Folgen gehabt, weil viele Kinder unter der Rubrik „Außerdem wünsche ich mir...“ eingetragen hatten: „...dass ich X nicht mehr so oft sehe.“

Ganztagsschule aus Schülersicht

Ein weiteres Fortbildungsangebot sind die drei großen Netzwerktreffen, die das Pädagogische Landesinstitut jährlich organisiert: Bis zu 100 Teilnehmende sind dann in die IGS Remagen (Netzwerktreffen Nord), in die IGS Rülzheim (Mitte) und in die IGS Wörrstadt (Süd) zu einer Ideenbörse und zum Austausch eingeladen.

„Hier kommen immer Tandems von Schulen“, berichtet Dagmar Birro. „Erfolgreich arbeitende Ganztagsschulen stellen jeweils ihre Konzepte für die Grundschule und die Sekundarstufe vor, und die Teilnehmenden wählen aus dem Angebot aus,“ Themen sind zum Beispiel die Rhythmisierung in gebundenen Ganztagsschulen, das additive Modell offener Ganztagsschulen, die Evaluation oder das Projekt „SAMS – Schüler arbeiten mit Schülern“. Zu solchen Themen, aber erst recht, wenn es um die „Ganztagsschule aus Schülersicht“ geht, sind auch Schülerinnen und Schüler eingeladen, „die eine andere Perspektive eröffnen“, wie Dagmar Birro schon oft erlebt hat.

Bei so viel Austausch und so viel Erfahrungswerten – welches Erfolgskriterium bei der Organisation einer Ganztagsschule fällt Dagmar Birro als erstes ein? „Es ist wichtig, schon bei der Planung der Ganztagsschule das gesamte Kollegium, alle außerschulischen Pädagoginnen und Pädagogen, alle Honorarkräfte, die Eltern, aber vor allem auch die Schülerinnen und Schüler einzubeziehen. Die Ganztagsschule muss man sich wie einen Baum vorstellen, der gepflegt werden muss, damit er nicht nur wächst, sondern sich auch bestmöglich entwickeln kann, da er sich ständig verändert.“

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