Erste Bilanz des baden-württembergischen Jugendbegleiters : Datum: Autor: Autor/in: Peer Zickgraf

Was als Baustein für den Ausbau der Ganztagsschulen in Baden-Württemberg gedacht war, hat das Potenzial, bürgerschaftliches Engagement flächendeckend zu realisieren. Das Jugendbegleiter-Programm legt bereits ein knappes Jahr nach seiner Erstauflage die ersten ermutigenden Evaluationsergebnisse vor. Ministerialrat Dr. Eckart Woischnik vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg kommentiert die Ergebnisse dieser umfassenden Erhebung an über 200 Modellschulen.

Seine Feuertaufe hat das Jugendbegleiter-Programm des Landes Baden-Württemberg doppelt bestanden. Nachdem im März 2006 an rund 250 Modellschulen der Startschuss gegeben wurde, liegen nun - ein knappes Jahr später - die Ergebnisse der ersten umfassenden Evaluation des Jugendbegleiters vor. Und diese sind für alle an dem Programm Beteiligten überaus ermutigend.

Die Relevanz des Jugendbegleiters für die Ganztagsschulen wird in der - auch im Internet vorliegenden - Evaluation folgendermaßen begründet: "Das Jugendbegleiter-Programm wird von der Politik als wichtiger Bestandteil für den Ausbau der offenen Ganztagsschule gewertet, wenngleich es auch Schulen berücksichtigt, die bereits über einen Ganztagsbetrieb (auch in teilgebundener oder gebundener Form) verfügen. Ebenso kommt es für Schulen infrage, die erst am Beginn ihrer Planungen in punkto ganztägiger Betreuung stehen."

Von den Befragten erhofft sich die Mehrzahl der Modellschulen eine "Stabilisierung und Stärkung der Ganztagsbetreuung" sowie den "Aufbau eines interessanten und abwechslungsreichen Betreuungsangebotes" und die Erweiterung des schulischen Angebotes.

Mehr ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement

Die grundsätzliche Ausrichtung des Jugendbegleiter-Programms, das ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement an den Ganztagsschulen gezielt anstoßen möchte, schätzt mit 80 Prozent ein Großteil der befragten Modellschulen positiv ein. Andere meinen hingegen, dass der Ausbau zur Ganztagsschule nur mit Ehrenamtlichen nicht gelingen könne, "da nur pädagogisches Fachpersonal die Verlässlichkeit der Angebote sichern" könne. Kritik gab es aber auch von jenen, die der Auffassung sind, es sei "ein zu hoher Organisationsaufwand" mit dem Programm verbunden.

Die größte Attraktivität genießt der Jugendbegleiter übrigens bei den Eltern und älteren Schülerinnen und Schülern, die mit über 60 Prozent die größte Gruppe stellen. Dahinter folgen Verbände und Vereine, aus deren Reihen sich 37 Prozent aller Jugendbegleiter rekrutieren. "Das Vorhandensein von Ansprechpersonen und die Möglichkeit des kollegialen Austausches geben den Jugendbegleiter/innen Rückhalt bei ihrer Betreuungstätigkeit, stärken ihre Position an der Schule und würdigen deren Engagement und Leistung", heißt es in der Evaluation zur Integration der Jugendbegleiter in das Schulleben.

Weitere Hilfen erwarten die befragten Schulen bei der Unterstützung der Organisation durch mehr Lehrerwochenstunden und mehr Zeitkapazitäten für die Schulleitungen sowie ferner bei der "Aufstockung der finanziellen Mittel" und bei Beratung und Begleitung in Form kontinuierlicher Öffentlichkeitsarbeit. Zusätzliche Räumlichkeiten wurden darüber hinaus ebenso gewünscht wie der "Aufbau von regionalen Qualifizierungsangeboten für die Jugendbegleiter/innen".

Mehr als ein Baustein zum Ausbau der Ganztagsschulen

Die Ergebnisse wurden auch deshalb als sehr ermutigend eingeschätzt, weil "die Planungszeit für die Modellschulen mit rund einem Jahr für die Implementierung des Programms recht eng veranschlagt war. Das lässt den Rückschluss zu, dass die Schulleitungen das Programm mit großem Engagement angegangen sind und es als Baustein für die Sicherung bzw. den Ausbau der Ganztagsbetreuung an ihren Schulen begrüßen." Da die zweite Modellphase des Jugendbegleiter-Programms bereits im Februar 2007 beginnt, beschert die positive Zwischenbilanz dem Jugendbegleiter den erhofften Rückenwind.

 

 

Eckart Woischnik und Brigitte Kieser
Ministerialrat Dr. Eckart Woischnik und Referentin Brigitte Kieser vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg.

Weitergehende Erläuterungen über Konzeption, Finanzen und Perspektiven des Jugendbegleiter-Programms gibt Dr. Eckart Woischnik, Ministerialrat im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg.

Online-Redaktion: Das Jugendbegleiter-Programm des Landes Baden-Württemberg möchte ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement an den Ganztagsschulen gezielt unterstützen. Damit ist es in Deutschland eine Art Pilotprojekt. Welcher Anstrengungen von Land, Kommunen und außerschulischen Partnern bedurfte es, um ein solches Programm auf die Beine zu stellen?

Dr. Woischnik: Der Jugendbegleiter findet seinen Ausgangspunkt in den Regierungserklärungen von Herrn Ministerpräsident Oettinger in den Jahren 2005 und 2006. Grundlage des Programms ist eine im Februar 2006 abgeschlossene Rahmenvereinbarung zwischen dem Land, den Kommunalen Landesverbänden und rund 80 Verbänden bzw. Institutionen auf Landesebene.

Ziel ist, die Schulen für außerschulische Institutionen und für engagierte Bürgerinnen und Bürger noch viel weiter zu öffnen, als dies seither der Fall ist. Hierzu soll qualifiziertes Ehrenamt von Vereinen, Verbänden, Kirchen und Eltern in die Ganztagsbetreuung integriert werden. Die Anstrengung bestand und besteht darin, sich auf das gemeinsame Engagement zu verständigen und das Programm dauerhaft auf vielfältige Weise zu unterstützen.

Online-Redaktion: Nun liegen erste Ergebnisse einer umfassenden Evaluation vor. Wie sah die Vorgehensweise bei der Evaluation aus?

Dr. Woischnik: Den im ersten Modelljahr mitwirkenden Modellschulen wurde ein ausführlicher Fragebogen vorgelegt und dieser dann ausgewertet. Von den 248 im ersten Modelljahr mitwirkenden Schulen haben 232 bis zum gesetzten Termin an der Fragebogenaktion teilgenommen. Von den Modellschulen befinden sich 77 Prozent im Aufbau zur Ganztagsschule, 23 Prozent sind bereits als solche anerkannt.

Online-Redaktion: Mit welchen Mitteln sprechen die Ganztagsschulen die Jugendbegleiter an und wie viele Jugendbegleiter wurden bereits gewonnen?

Dr. Woischnik: Am häufigsten wurden Verbände bzw. Vereine aus dem schulischen Umfeld sowie Eltern und ältere Schüler/innen angesprochen oder angeschrieben. Insgesamt kam es bei den Modellschulen im Verlauf der Planungszeit zu über 800 Aktionen, um Jugendbegleiter/innen für das erste Schulhalbjahr 2006/07 anzuwerben. An den hier berücksichtigten 232 Modellschulen sind 2736 Jugendbegleiter/innen im Einsatz.

Online-Redaktion: In welchen Bereichen hat das Jugendbegleiter-Programm besonders überzeugt? Gibt es neue Erkenntnisse, zum Beispiel über das Zusammenspiel von Schule und außerschulischen Partnern?

Dr. Woischnik: Das Jugendbegleiter-Programm findet derzeit in fast allen Bereichen Zustimmung. Das Zusammenspiel von Schule und außerschulischen Partnern gestaltet sich ganz individuell je nach örtlicher Situation.

Online-Redaktion: Inwiefern unterstützt das Jugendbegleiter-Programm die Ganztagsschulen in ihrer Entwicklung?

Dr. Woischnik: Das Jugendbegleiter-Programm wird mit laufendem Ausbau ein zentrales Element der Betreuungsangebote an Ganztagsschulen sein. Es wird nach seinem endgültigen Ausbau im Jahre 2014 zu einem flächendeckenden und bedarfsorientierten Angebot an Ganztagsschulen führen. Die Landesregierung stellt hierfür bis zu 40 Mio. EUR bereit, das heißt, es ist eine dauerhafte Unterstützung geplant.

Online-Redaktion: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des Jugendbegleiter-Programms ein: Welche Probleme sind noch zu lösen und welche Perspektiven sehen Sie für die Schulen, die Kommunen, das Land?

Dr. Woischnik: Nach dem gelungenen Start ist mit einer positiven Entwicklung des Jugendbegleiter-Programms zu rechnen. Aufgrund der vierjährigen Modellphase (2006-2010) wird es gelingen, die lokalen Kooperationsnetzwerke zu optimieren und das gesellschaftliche Engagement an der Schule dauerhaft zu sichern. Der Ansatz wird zu einer vertrauensvollen und beständigen Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Partnern führen, da sich alle ihrer Verantwortung für die betroffenen Kinder und Jugendlichen wie für die Familien bewusst sind.

Wir bieten allen interessierten Kräften an, sich im Jugendnetz Baden-Württemberg über die Entwicklung der Jugendbegleitung zu informieren. Die Internetadresse lautet: https://www.jugendbegleiter.de/das-programm

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