Bremen: Ziel ist der Ausbau gebundener Ganztagsschulen : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke

Im Land Bremen sollen Kinder und Jugendliche unabhängig vom Elternhaus gute Bildungsangebote erhalten, auch in gebundenen Ganztagsgrundschulen. Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp spricht im Interview über aktuelle Entwicklungen.

Online-Redaktion: Frau Senatorin, wie entwickelt sich der Ausbau der Ganztagsschulen in Bremen? 

Sascha Karolin Aulepp: Wir in Bremen wissen genau, wie sehr sich die soziale und finanzielle Situation auf die Bildungsbiografie von Kindern auswirkt. Ganztagsschulen bieten die Chance, Kinder und Jugendliche besser zu fördern. Sie schaffen Raum und Zeit, damit sich alle Kinder und Jugendlichen erproben, entwickeln und entfalten können. Wir machen in Bremen schon eine ganze Menge. 

In der Stadtgemeinde Bremen arbeiten von den rund 80 Grundschulen schon fast 50 Schulen im gebundenen oder offenen Ganztag, in Bremerhaven rund die Hälfte aller Grundschulen. Zusätzlich gibt es noch die Nachmittagsbetreuung im Hort oder in Schultreffs. Für mich ist aber klar: Es reicht nicht, sich dafür auf die Schulter zu klopfen, wir müssen die Ärmel hochgekrempelt lassen, um neue Plätze zu schaffen. Hierfür muss sich aber auch der Bund deutlich stärker an der Finanzierung beteiligen.

Online-Redaktion: Was erwarten Eltern in Bremen und Bremerhaven von Ganztagsschulen? Gibt es Unterschiede in den Stadtteilen? 

Grundschule an der Gete
Die Grundschule an der Gete kooperiert mit den Bremer Philharmonikern © Grundschule an der Gete

Aulepp: Eltern haben sicherlich unterschiedliche Beweggründe, warum ihr Kind eine Ganztagsschule besuchen soll. Für einige steht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Vordergrund, andere Eltern schätzen bestimmt auch die erweiterten Fördermöglichkeiten in Ganztagsschulen. Letztlich geht es aber doch darum, Kindern und Jugendlichen unabhängig vom Elternhaus ein gutes Bildungsangebot zu machen und dafür bieten Ganztagsschulen eben gute Möglichkeiten.

Online-Redaktion: In Bremen gibt es offene, gebundene und teilgebundene Ganztagsschulen. Welche Bedeutung haben die Organisationsformen?

Aulepp: Unser Ziel ist ganz klar der Ausbau der gebundenen Ganztagsschulen. Das gilt gerade für den Bereich der Grundschulen. Armut von Kindern ist in Bremen leider immer noch ein großes Thema. Gerade deswegen brauchen wir Ganztagsschulen, die den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit bieten, ein warmes Mittagessen zu bekommen, Förderung und Unterstützung in einzelnen Fächern oder auch einfach den Raum bieten, sich mit Freundinnen und Freunden zu treffen. Klar muss es dafür eine gute Kooperation mit Sportvereinen, kulturellen Gruppen und außerschulischen Trägern geben. Aber das machen unserer Bremer und Bremerhavener Schulen schon ziemlich gut.

Online-Redaktion: Ganztagsschulen müssen pädagogische Konzepte vorlegen. Welche Rolle spielt in Bremen die Qualität der Ganztagsangebote?

Aulepp: Die Schulen wissen am besten, was die Schülerinnen und Schüler konkret brauchen. Deswegen ist es wichtig, dass sie auch ein pädagogisches Konzept erstellen. In den Konzepten müssen auf jeden Fall Erläuterungen zu Rhythmisierung, Teamarbeit, Kooperation mit außerschulischen Trägern, Mittagessen und Inklusion enthalten sein. Außerdem bildet dieses Konzept den Rahmen für die Planung der Räume. Alle Schulen, die auf dem Weg in den Ganztag sind, legen uns ein Grobkonzept vor. Dieses dient dann sozusagen als „Blaupause“ für die Beauftragung der baulichen Erfordernisse.

Online-Redaktion: Das Land Bremen ist Vorreiter in der Aus- und Fortbildung multiprofessioneller Teams in Ganztagsschulen, also von Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern, Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen. Warum ist die Ausbildung so wichtig?

Schulleiterin Stefanie Mleczek und Marco Bode
Schulleiterin Stefanie Mleczek und „Schach-Botschafter“ Marco Bode © Grundschule Mahndorf

Aulepp: In Ganztagsschulen arbeiten neben Lehrkräften natürlich auch andere Professionen mit entsprechender Fachexpertise. Und es geht ja auch gerade um die Integration außerunterrichtlicher Lernangebote, von Projektlernen oder auch von Bewegungsangeboten. Ganztagsschule lebt von dieser Multiprofessionalität. Deswegen liegt es doch ganz nah, dass diese Inhalte in die Ausbildung verbindlich einbezogen werden. Dieses Angebot gibt es jetzt schon seit zehn Jahren. Das finde ich gut. Leider ist die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams immer noch kein verbindlicher Bestandteil der Ausbildung von Lehrkräften. Da sollte sich dringend etwas ändern.

Online-Redaktion: Welche Unterstützung erhalten die Ganztagsschulen vom Land für ihre Weiterentwicklung?

Aulepp: In Bremen organisiert die Serviceagentur „Ganztägig lernen“, die an unser Landesinstitut für Schule (LIS) angebunden ist, regelmäßig Fortbildungen, Diskussionsmöglichkeiten und geben Infos zum Thema Ganztag weiter. Lehrkräfte, aber auch sozialpädagogische Fachkräfte nehmen diese Angebote wahr. Das finde ich sehr gut. Außerdem haben wir bei uns auch eine Ganztagsschulreferentin des Landes Bremen, die bei allen Fragen den Ganztag betreffend weiterhilft und unterstützt.

Besonders wichtig ist mir aber auch immer die sogenannte „Phase Null“ bei Bauvorhaben. Hier werden die Gebäude geplant. Gemeinsam mit Immobilien Bremen bieten wir Workshops an, um konkret die Räumlichkeiten so zu planen, wie es dem Konzept für die einzelne Ganztagsschule entspricht. Da lassen sich sicherlich nicht alle Wünsche umsetzen, aber so ist die Schule in den Bauplanungsprozess mit einbezogen. Eines ist klar: Ganztag braucht Räume.

Online-Redaktion: Vielen Dank für das Interview.

Angebote in Bremen

Das Angebot der Offenen Ganztagsschule gibt es in Bremen ausschließlich in Grundschulen. Eltern melden verbindlich für ein Schuljahr an und entscheiden dann, ob die Kinder montags bis donnerstags bis 15 oder 16 Uhr bleiben und am Freitag um 14, 15 oder 16 Uhr abgeholt werden. Eltern können sich auf diese Betreuungszeiten verlassen. Die Gruppengröße in der Offenen Ganztagsschule umfasst 20 Schülerinnen und Schüler.

Grundschulen können aber genauso wie Oberschulen und Gymnasien ihre Angebote „gebunden“ gestalten. Das bedeutet, dass alle Schülerinnen und Schüler auch über den ganzen Tag verteilt die schulischen Bildungsangebote wahrnehmen – Mittagesessen inklusive. Hier gibt es zwei Modelle, zwischen denen die Schulen auswählen dürfen, die sich in der Anzahl der verpflichtenden Tage – drei oder fünf – unterscheiden. Wichtig ist aber, dass es immer Frühbetreuung und Angebote bis 16 oder 17 Uhr gibt, damit die Kinder, die dies benötigen, auch betreut werden.

In der Offenen Ganztagsschule erhält jede Schule pro Gruppe eine zusätzliche Zuweisung von vier Wochenstunden für Lehrkräfte, in der gebundenen Ganztagsschule pro Klasse. 

Bei „teilgebundenen Ganztagsschulen“ geht es vor allem um die Jahrgangsstufen 5 bis 7, für die ein vertikales zusätzliches Angebot (mit zwei Stunden) geschaffen wird.

Seit 2009 haben auf www.ganztagsschulen.org regelmäßig Bildungsministerinnen und Bildungsminister in Interviews die Entwicklungen beim Ausbau der Ganztagsangebote in ihrem Land erläutert. Alle Interviews finden Sie in der Rubrik „Bildungspolitik: Interviews“.

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Kategorien: Service - Kurzmeldungen

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