Vorträge und Gesprächsrunden
Hinweis: Auf dem Ganztagsportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finden Sie außerdem Videos und weitere Materialien: Recht auf Ganztag
Begrüßung und Eröffnung
Ekin Deligöz | Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Prof. Dr. Sabine Döring | Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung
Impulsvortrag und Podiumsgespräch „Perspektiven auf gesellschaftliche Ziele der Ganztagsbildung“
Impulsvortrag
Prof. Dr. Alena Buyx
Vorsitzende des Deutschen Ethikrates
Podiumsgespräch
Bettina Bundszus | Leiterin Abteilung 5 „Kinder und Jugend“ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Dr. Donate Kluxen-Pyta | Stellvertretende Abteilungsleiterin Bildung, BDA - Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V.
Christiane Gotte | Vorsitzende Bundeselternrat
Nora Schmidt | Geschäftsführerin des Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V.
Prof. Dr. Ivo Züchner | Phillips-Universität Marburg
Prof. Dr. Alena Buyx berichtete aus der Ad-Hoc-Empfehlung „Pandemie und psychische Gesundheit. Aufmerksamkeit, Beistand und Unterstützung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in und nach gesellschaftlichen Krisen“ des Deutschen Ethikrates.
„Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene dürfen in gesellschaftlichen Krisen nicht alleingelassen werden“, betont Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates. „Während der COVID-19-Pandemie wurde nicht hinreichend gewürdigt, welchen psychischen Belastungen sie durch die Pandemie selbst sowie durch die zu ihrer Bekämpfung ergriffenen Maßnahmen ausgesetzt waren. Der jungen Generation wurde große Solidarität abverlangt“, so Buyx weiter. „Aber diejenigen, die selbst in Notlagen gerieten, erhielten nicht zuverlässig die erforderliche Beachtung und Unterstützung. Wir schulden als Gesellschaft Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht nur Dank und Respekt, sondern konkretes Handeln. Deshalb müssen unterstützende Angebote ausgebaut, Versorgungslücken müssen geschlossen und es muss unbedingt vermieden werden, dass junge Menschen in aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen Krisen als erste bzw. besonders viele Lasten tragen müssen.
In der lebhaften anschließenden Diskussionsrunde brachte es die Leiterin der Abteilung Kinder und Jugend im BMFSFJ, Bettina Bundszus, auf den Punkt, als es um die Zusammenarbeit nicht nur der Ministerien, sondern von Schule, Jugendhilfe und externen Partnerinnen und Partnern ging: „Es ist ja ein Kind.“
(...) Das Podiumsgespräch wurde, ebenso wie die gesamten Tage, kompetent und unterhaltsam moderiert von Johannes Büchs, bekannt durch die „Sendung mit der Maus“. Der Blick in die Zukunft gipfelte in präzisen „Forderungen“: Der Ganztag biete nicht nur nach der Pandemie die Chance, Kinder zu stärken, sondern könne ein Ort für vertrauensvolle Gespräche sein. Dabei sollten Mitarbeitende aller beteiligten Professionen als wichtige Bezugspersonen für die Kinder und Jugendlichen agieren. Bettina Bundszus plädierte für ein enges Miteinander der Professionen: „In jeder Schulleitung sollte jemand aus der Jugendhilfe sitzen“.
Zustimmung kam von Christiane Gotte: „Das ist der richtige Weg.“ Den Wunsch nach einer Abkehr vom „Gießkannenprinzip“, also einer bedarfsunabhängigen, pauschalen Mittelvergabe zugunsten einer zielgenauen „sozialindizierten“ Bereitstellung finanzieller, sachlicher und personeller Ressourcen nach dem Bedarf vor Ort honorierte das Publikum mit Applaus. Mit Blick auf den Rechtsanspruch betonte Bettina Bundszus: „Diese Strukturentscheidung, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Bildungsgerechtigkeit stärkt, sorgt dafür, dass sich etwas ändert. Wichtig ist, dass wir dabei die Qualität sichern.“
Das Thema Qualitätsstandards griff Prof. Dr. Ivo Züchner auf: „Die Länder haben sich darauf geeinigt, wie Mathe gelernt wird. Warum werden solche Absprachen nicht auf den Ganztag erweitert?“. Er plädierte dafür, dass man die Zeit bis 2026 nutzen solle, Ziele für einen guten Ganztag zu definieren und zu überlegen, wie diese erreicht werden können. Doch er machte auch deutlich, dass er sich nur einen „klaren Rahmen“ wünsche. Die Entscheidung, wie dieser Rahmen mit Leben gefüllt werde, müsse vor Ort, in der einzelnen Einrichtung getroffen werden. Dem stimmte Dr. Donate Kluxen-Pyta ausdrücklich zu: „Jede Schule muss da ihre eigenen Schwerpunkte setzen können.“
(Aus dem Bericht von ganztagsschulen.org: Stephan Lüke: „Ganztagskongress 2023: ‚Es geht um die Kinder’")
Weiterführend auf ganztagsschulen.org:
Ganztagsangebote sind ein wichtiger Baustein der Bildung
Guter Ganztag: „Es braucht beide Perspektiven“
Bundeselternrat: Eltern aktiv in den Ganztag einbinden
Zum Thema Corona:
Kreativen Geist im Ganztag bewahren
Ganztag in Corona-Zeiten: „Schule unterm Brennglas“
Gute Ganztagsbildung – trotz Corona!
„Ganztag als Ressource, um die Kinder zu stärken“
Gesprächsrunde
Lisa Paus |Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Steffen Freiberg |Staatssekretär für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg und designierter Minister für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg
Astrid-Sabine Busse |Senatorin für Bildung, Jugend und Familie von Berlin und Präsidentin der KMK
Im Mittelpunkt der Gesprächsrunde standen Qualitätssicherung und Fachkräfte im Ganztag. Die Länder kündigen an, dass es Empfehlungen der KMK und JFMK zum Ganztag im Herbst 2023 geben wird, die SWK eingebunden wird und KMK und JMFK im Oktober gemeinsam tagen werden. Der Bund betont, dass entscheidend sei, dass vor Ort gut zusammengearbeitet wird. Aufgrund der Länderkompetenz kann der Bund keine weiteren Aufgaben vergeben, Qualitätsstandards sind Ländersache. Die Länder versichern, man habe ein gemeinsames Qualitätsgerüst, dass bei unterschiedlichen Voraussetzungen insbesondere auch vor Ort passend und optimal umgesetzt werden müsse. Dabei sei das Wollen vor Ort i. d. R. vorhanden und lokale Vereinbarungen – auch ohne Vorgaben von oben – wichtig und gut regelbar. Staatssekretär Freiberg schildert, dass in den Ländern, wie z. B. in Brandenburg, auch ohne die für Herbst 2023 angekündigten Empfehlungen angefangen wurde, in die Prozesse einzusteigen. Die Förderrichtlinien der Länder seien fast überall bereits in Vorbereitung.
Aus dem Chat kamen Fragen zu den Kosten, die gesicherte Qualität im Ganztag verursacht. Dabei wurden die teils prekären Beschäftigungsverhältnisse angesprochen. Der Bund weist darauf hin, dass durch den Ganztag ein Rahmen geschaffen werde, damit Beschäftigungsverhältnisse sich bessern.
Die Länder konstatieren, dass auch weiterhin Quereinsteiger gebraucht werden (Senatorin und KMK-Präsidentin Busse) und dass man an staatlichen Ausbildungsschulen ‚kein Geld mitbringen müsse‘ und keiner weggeschickt werde, der eine Ausbildung absolvieren möchte (Staatsekretär Freiberg).
Zur Frage, wie Lehrkräfte bei anhaltendem Lehrermangel und fehlender Zeit – insbesondere bei Teilzeit - multiprofessionell kooperieren sollen, verwiesen die Länder auf die im Herbst kommenden Empfehlungen. Klar sei, dass alle Länder ‚Mühe hätten mit dem Lehrermangel‘, dass es aber eben auch bundesarbeitsrechtliche Regelungen gäbe, die zu beachten sind (Herr Freiberg). Zum Abschluss warben die Gesprächsteilnehmer dafür, dabei zu helfen, dass der Ganztag gelingt (Bundesministerin Paus), vergangenheitsbezogene Schuldzuweisungen abzustellen und nach vorne zu schauen (Staatsekretär Freiberg) und nicht zu viel zu fragen und ins Handeln zu kommen (Senatorin und KMK-Präsidentin Busse).
(Autor: Detlef Reuter, BMBF)
Weiterführend auf www.ganztagsschulen.org:
Interview mit KMK-Präsidentin Astrid-Sabine Busse
Interview mit Bundesbildungsministerin Bettina-Stark-Watzinger
Bildungspolitik: Interviews
Vortrag „Ganztagsbildung – Qualitätsaspekte aus der Sicht (inter-)nationaler Expert*innen aus der Wissenschaft, Ergebnisse des BMBF-Verbundprojekts GeLeGanz“
Prof. Dr. Marianne Schüpbach | Freie Universität Berlin
Fragen der Qualitätsstandards behandelte aus wissenschaftlicher Perspektive ausführlich Prof. Dr. Marianne Schüpbach, Professorin für Allgemeine Grundschulpädagogik an der Freien Universität Berlin. Sie plädierte ebenfalls für einen bundesweiten Qualitätsrahmen. Es gebe zwar Qualitätsrahmen in den Ländern, aber "eben keine Verpflichtung auf Qualität". Die Expertin, die schon die Schweizer Studien zur "Tagesschule" durchgeführt hat und Vorsitzende des "International Research Network Extended Education" ist, gab zudem einen Einblick in die internationale Diskussion. Interessant ist das unterschiedliche Verständnis der Ganztagsbildung: Während etwa After-School-Programme in Schweden das "freie Spiel" betonen, müssen sie in den USA ihre Wirksamkeit für Lernergebnisse nachweisen.
Voraussetzung eines guten Ganztags, der Individualisierung und Differenzierung in den Angeboten ermöglicht, ist für Schüpbach auf jeden Fall die multiprofessionelle Zusammenarbeit des Personals. Und auf diese müsse schon die Ausbildung - sei es die Lehramtsausbildung, seien es Sozialpädagogik, Kindheitspädagogik oder Erzieherinnenausbildung - vorbereiten. Der "1. Berliner Pädagoginnentag" für Studierende und Auszubildende wird am 17. Juni 2023 an der Freien Universität Berlin alle diese Berufsgruppen zusammenführen.
(Aus dem Bericht von ganztagsschulen.org: Stephan Lüke: „Ganztagskongress 2023: ‚Es geht um die Kinder’")
Weiterführend auf www.ganztagsschulen.org:
Ganztagsschule in der Ausbildung
Tagesschulen in der Schweiz: Vorsprung in den Sprachen
„Heißes Eisen“ Kooperationskultur im Ganztag
Ganztagsschulforschung: Interviews
Abschlussplenum „Lehr- und Fachkräfte – die Achillesferse des Ganztagsausbaus?“
Dr. Johanna Börsch-Supan |Leiterin Abteilung Allgemeine und berufliche Bildung; Lebensbegleitendes Lernen im Bundesministerium für Bildung und Forschung
Prof. Dr. Gabriele Flößer| Institut für Sozialpädagogik, Erwachsenenbildung und Pädagogik der frühen Kindheit, Technische Universität Dortmund
Elke Hannack |Stellv. Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes
Anja Fischer |Vorstand Bundesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien, nicht konfessionell gebundenen Ausbildungsstätten e. V.
Tobias Klag | Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz
Dass bei Fachkräftemangel in allen Branchen insbesondere zur Fachkräftesicherung für den Ganztagsausbau auf allen Ebenen angesetzt werden muss, wurde eindringlich deutlich. Zentral sind, nicht nur aus Sicht der Gewerkschaften, dabei zuallererst das Halten und Binden der derzeitigen Fachkräfte durch entsprechende Bezahlung (Ausbildung und Beruf) sowie bessere Arbeitsbedingungen und Entwicklungsperspektiven.
Deutlich wird auch, dass unbedingt bereits jetzt Fachkräfte-Kampagnen intensiviert werden sollten und Ausbildungs- und Studienplätze besetzt und ausgebaut werden müssten – auch für einen Quereinstieg. Dabei fehlt es bspw. an Fachschulen für Erzieherinnen und Erzieher an Fachschullehrkräften. Konsens ist zudem, dass die Qualifizierung - auch bei Quereinstieg – hochgehalten werden muss. Ebenso wichtig ist, durch frühe und längere Praxisphasen falschen Haltungen und Selbsteinschätzungen zur Eignung für einen pädagogischen Beruf zu begegnen und eine praxisintegrierte Ausbildung gut zu begleiten. Eine gute Berufsorientierung (auch an den Gymnasien) wird als wichtige Voraussetzung gesehen, um die Abbruchquoten zu senken, die immer noch zu hoch sind.
Als weitere Maßnahmen werden genannt, mehr Frauen ins Erwerbsleben zu holen, Fachkräfte aus dem Ausland durch eine Willkommenskultur zu gewinnen, sowie, dass Schulen sich noch mehr öffnen sollten für außerschulische Angebote, wie z. B. von Musikschulen.
Bei der Frage der Finanzierung zeigt sich, dass die Situation in den Ländern und den Kommunen sehr unterschiedlich ist. Abschließend angerissen wird, ob ein Finanzausgleich – insbesondere auf kommunaler Ebene – ein gangbarer Weg wäre und dass ein Wegkommen vom Königsteiner Schlüssel wünschenswert wäre.
(Autor: Detlef Reuter, BMBF)
Weiterführend auf www.ganztagsschulen.org:
Lokale Bildungslandschaften
„Grundhandwerkszeug“ für den Ganztag
„Bestmöglich ausgebildet“: Fachkräfte für den Ganztag
Siehe auch:
Recht auf Ganztag