Schulleitungssymposium 2015: Austausch als Ressource : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Alle zwei Jahre findet in der Pädagogischen Hochschule Zug das internationale Schulleitungssymposium statt. Es geht um schulische Qualitätsentwicklung und die Herausforderungen für Schulleitungen.

Es ist mittlerweile ein Großereignis der Bildungsexpertinnen und -experten: Seit 2004 veranstaltet das Institut für Bildungsmanagement und Bildungsökonomie der Pädagogischen Hochschule Zug, geleitet von Prof. Stephan Huber, alle zwei Jahre ein internationales Schulleitungssymposium. In Vorträgen und Workshops geht es um die Themen Qualitätsmanagement, Führungskräfteentwicklung, Personalmanagement und Organisation. Aber auch Fragen der Unterrichtsentwicklung, der Integration oder der Belastung und Gesundheit von schulischen Führungskräften werden thematisiert.

Vom 2. bis zum 4. September kamen in diesem Jahr rund 800 Schulfachleute aus rund 50 Ländern in der PH Zug zusammen, um sich über aktuelle Herausforderungen für Schulleiterinnen und Schulleiter, Fragen des „Managements“ von Schulen und vor allem über Lösungsansätze für die anstehenden Fragen auszutauschen. Das übergreifende Thema war diesmal „Bildungsqualität und Bildungsgerechtigkeit“ – oder, wie es im englischen Titel hieß: „Bildungsqualität für alle entwickeln“.

Schulleitung und Bildungsgerechtigkeit

Das Thema habe sich, so Prof. Stephan Huber, logisch aus dem vorangegangenen Symposium ergeben: „Damals haben wir uns mit Bildungslandschaften beschäftigt. Diese sollen die Bildungsqualität stärken und Bildungsgerechtigkeit sichern. Uns war klar, dass wir uns weiter auf diese Themen fokussieren müssen.“

Die internationale Bedeutung des Schulleitungshandelns verdeutlichten auch die Eröffnungsvorträge. Prof. Marlis Buchmann von der Universität Zürich sprach über Bildungsungleichheit als gesellschaftliche Herausforderung, die auch in der Schweiz, die im internationalen Vergleich bei der Jugendarbeitslosigkeit gut abschneidet, bestehen bleibe.

Beatrice Pont von der OECD verwies in ihrem Vortrag „Gleichheit, Qualität und Schulleitungen in den OECD-Ländern“ auf die nach wie vor zu hohe Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss in den OECD-Ländern. Das Engagement der Gemeinden solle sich verstärken, Schulleitungen sollten stärker mit Eltern zusammenarbeiten. Schulleiterinnen und Schulleiter müssten aber auch gezielt für ihre Funktion ausgebildet werden.

Adrian Piccoli und Michele Bruniges aus Australien sprachen über staatliche Reformen zur Verbesserung der Chancengleichheit, und Prof. Mats Ekholm aus Schweden bilanzierte die „Erfolge und Fehltritte“ der Schulentwicklung in den letzten Jahrzehnten.

Verantwortung und Belastung

Bereits die Vorträge verdeutlichten die große Verantwortung, die Schulleitungen zu tragen haben. Die Arbeitsbelastung von Schulleitungen war daher auch diesmal wieder Thema mehrerer Workshops. Prof. Dr. Ulrich Müller und Tobias Stricker vom Institut für Bildungsmanagement der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg berichteten aus ihrer Dissertation "Wie gehen Schulleitungen mit Belastungen um?" Sie haben dazu in Baden-Württemberg Interviews geführt.

Als belastend nehmen die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter hauptsächlich Verwaltungstätigkeiten, aber auch die zunehmenden Aufgaben im Bereich Qualitätsmanagement und Personalmanagement wahr. Genannt wurde zum Beispiel die fehlende Zeit für Bewerbergespräche, die „man sich aus den Rippen schneiden muss“, wie ein Schulleiter zitiert wurde.

Aufgabendelegation, Teamstrukturen und Feedback vermindern den Stress. Alles finde aber seine Grenze an der stets zu knappen Arbeitszeit. Die beiden Referenten folgern daraus, dass Schulleitungen von Verwaltungstätigkeiten entlastet werden müssten. Und sie bräuchten mehr finanzielle und zeitliche Ressourcen für ihrer Tätigkeit.

Hospitationen, Austausch und Feedback

Der Austausch zwischen Schulen ist einer der Erfolgsfaktoren für die Qualitätsentwicklung von Schulen – und eine Form indirekter Steuerung hin zu mehr Bildungsqualität. In der Schweiz werden Hospitationen inzwischen professionell organisiert. Dort haben im vergangenen Jahr der Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer und der Verband der Schulleiterinnen und Schulleiter die Initiative „profilQ – Professionalisierung durch schulinterne Qualitätsentwicklung“ gegründet, die Schulen in Kontakt bringt und deren Schulvisiten begleitet.

Den positiven Effekt der Hospitationen beschrieb Frido Koch, der Leiter der Oberstufenschule Wädenswil, die 2013 den Schweizer Schulpreis gewonnen hat: „Ohne die Schulbesuche wären wir nicht so weit gekommen. Wir konnten von den Schulen profitieren und wollten das auch ermöglichen, indem wir jetzt bei uns hospitieren lassen.“ Bis zu 100 Schulen seien schon in Wädenswil zu Gast gewesen, und der Austausch sei immer spannend. Schulleiterin Marietheres Purtschert von der Primarschule Mythen in der Gemeinde Schwyz ergänzte: „Wir haben immer positive Erfahrungen gemacht und als besuchte Schule auch selbst immer etwas von den Visiten.“

Beteiligung – zum Beispiel beim Schulbau

Ein Thema des Schulleitungssymposiums waren auch die veränderten Anforderungen an den Schulbau und das Außengelände, die gerade für Ganztagsschulen so wichtig sind. Dabei setzt sich die Erkenntnis durch, dass es bei der Planung guter Schulen wichtig ist, „ein pädagogisches Konzept einzubeziehen und eine gemeinsame Sprache von Pädagogen und Architekten zu entwickeln“, wie es Prof. Beate Weyland von der Freien Universität Bozen am Beispiel Südtirols berichtet.

In Südtirol räumt die Schulbaurichtlinie „Organisationskonzept mit pädagogischer Ausrichtung“ den Schulen ein Mitspracherecht ein. „Zur Planung bilden sich interdisziplinäre Gruppen, die Pädagogen werden stark einbezogen“, erläutert die Erziehungswissenschaftlerin. „Die Gruppen besuchen gemeinsam Schulen, um sich Anregungen zu holen und ihre Vorstellungen an praktischen Beispielen sichtbarer zu machen. Dann werden bündige Leitbilder erstellt und To-Do-Pläne entwickelt.“

Auch Andreas Hammon von der Universität Innsbruck meint, dass es „neue Formen von Dialogen und Trialogen“ benötigt, um die architektonische mit der pädagogischen Expertise und dem „Nutzungs-Know How der schulischen Akteure“ zu verbinden. Der Architekt, der bei seinen Planungen – wie aktuell an der Gesamtschule Rosenhöhe in Bielefeld – Schülerinnen und Schüler ebenso wie Lehrerinnen und Lehrer einbezieht, hat positive Erfahrungen mit dieser engen Zusammenarbeit gemacht.

Was Schulleitungen leisten

Die Workshops des Symposiums zeigten, dass unter anderem mit der Ganztagsschule die Bedeutung der Schulleitung weiter gewachsen ist. Mit den verschiedenen Professionen im Ganztag und der Erweiterung des Schultages über den Fachunterricht hinaus sind die Schulleiterinnen und -leiter vielfach gefordert, auch zum Beispiel in der Personalentwicklung.

Professionalisierung und multiprofessionelle Vernetzung brauchen Steuerung – mehr und mehr in Form der „Governance“, über die Prof. Herbert Altrichter von der Johannes-Kepler-Universität Linz sprach. Governance bedeutet eine neue Form der Steuerung und Koordinierung, an der alle wichtigen Partner gleichberechtigt beteiligt sind.

Schulleitungen bahnen Kooperationen an, verhandeln verstärkt mit dem Schulträger und arbeiten mit anderen Einrichtungen zusammen. Qualitätssicherung und Evaluation kommen zu den Aufgaben hinzu. „Für den Aufbau von Bildungsangeboten und erfolgreiche Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern spielt nach unseren Beobachtungen die Schulleitung eine zentrale Rolle“, fasst Stephan Huber zusammen.

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