Migrantische Elternbeteiligung in Ostdeutschland : Datum:

Wie steht es um die migrantische Elternbeteiligung in den ostdeutschen Ländern? Ein Interview mit dem Geschäftsführer von LAMSA e.V. Mamad Mohamad gibt Einblicke.

2022 hatten im Bundesdurchschnitt 41 Prozent der schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen eine Zuwanderungsgeschichte, wobei der Anteil zwischen den Ländern stark variiert – zwischen 15,4 Prozent in den ostdeutschen Bundesländern (außer Berlin) und 58,2 Prozent in Bremen. Schulleistungsuntersuchungen der letzten Jahren zeigen, dass die schulischen Kompetenzen von jungen Menschen mit Migrationshintergrund weiterhin erheblich hinter denen von Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund zurückbleiben. Auch in der beruflichen Bildung und im Studium setzt sich diese Benachteiligung fort. Das heißt jedoch nicht, dass Menschen mit Migrationshintergrund grundsätzlich bildungsbenachteiligt sind. Bei gleichem Bildungshintergrund der Eltern und gleicher sozioökonomischer Lage erzielen Jungen und Mädchen aus bestimmten Herkunftsgruppen (z. B. der spanischen oder vietnamesischen Herkunftsgruppe) sogar überdurchschnittlich gute Ergebnisse.

Fragen, die in Studien zunehmend eine Rolle spielen, sind die Beteiligung der Eltern als Bildungspartner sowie die Nutzung ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote. In den ostdeutschen Ländern (inklusive Berlin) werden unter Dreijährige mit Migrationshintergrund zwar häufiger betreut als im Westen der Republik, der Abstand zur Betreuungsquote von Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund fällt allerdings mit 30 Prozentpunkten hoch aus.

Das „Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt)“ ist als Fach- und Dachverband seit 2017 eine bundesweite Anlaufstelle für Migrantenorganisationen. 2023 startete das Netzwerk das vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) geförderte Projekt PartEl – „Partizipation von Eltern aus Drittstaaten an Elterngremien stärken. Information, Aktivierung, Mobilisierung“. Zu den fünf Regionalstellen des Projekts gehört das „Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt e.V.“ (LAMSA e.V.), zu dem sich 2008 in Dessau-Rosslau die Migrantenorganisationen in Sachsen-Anhalt zusammengeschlossen und 2014 in Magdeburg einen Verein gegründet haben. Es ist zugleich die Regionalstelle Ost und setzt das Projekt PartEl in Sachsen-Anhalt, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen um. Grundlage des Projekts ist die Erkenntnis, dass Kinder im deutschen Bildungssystem nur so gut bestehen, wie ihre Eltern in der Lage sind, ihnen die notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten dafür zu vermitteln. Viele Eltern aus Drittstaaten haben ihre Bildung in anderen Ländern erworben und fühlen sich im deutschen Bildungssystem unsicher. Ihnen sind die Erwartungen, die an sie gestellt werden, meist nicht bewusst. Andere haben mit sprachlichen Hürden und Formen von institutioneller Diskriminierung und Alltagsrassismus zu kämpfen.

Ein Interview mit dem Geschäftsführer von LAMSA e.V. Mamad Mohamad, das PartEl-Projektleiter Dr. Zeynep Sezgin Radandt und Mohamed Lamrabet 2024 geführt haben, gibt Einblick in die besondere Situation in den ostdeutschen Ländern. Hier ein kurzer Auszug:

„ML: Es gibt Studien, in denen Ostdeutschland hinsichtlich Teilhabe besser abschneidet als Westdeutschland (SVR-Studie). Was ist dafür die Ursache?

Mamad Mohamad: Der große Vorteil ist, dass wir ein gut ausgebautes Kitasystem haben. Das ist traditionell so und auch schon vor der Wende entstanden. Hier war schon lange das Thema: Wie überzeugt man Familien, ihre Kinder in Kitas zu schicken? Gerade bieten wir im Rahmen des Projektes „Mitreden“ Sprachkurse im Übergang von der Kita zur Schule an, weil bestehende Rückstände später oft nicht mehr aufzuholen sind.

Was aber die Situation verschärft, ist der Übergang an Gymnasien oder andere weiterführende Schulen. Der Stein, den wir ins Rollen bringen, kommt nicht unbedingt an. Da fehlen auch Menschen, die von Anfang an eine Vorbildfunktion haben, wie z. B. Lehrkräfte und Schulpersonal. Die Kinder erleben so nicht das Gefühl: „Ach, die Frau Mohamad ist Lehrerin, das kann ich auch!“
(...)

ZSR: Was sind für dich die zentralen Unterschiede zwischen Migrantenorganisationen in Ost- und Westdeutschland?

Mamad Mohamad: Wenn wir uns in Ostdeutschland unsere Wirkung angucken – obwohl wir zahlenmäßig wenige sind – ist diese teilweise sogar größer als in Westdeutschland. Dass wir als LAMSA ein bundesweit großer Träger aus einem kleinen Bundesland sind, zeigt das auch. Gleichzeitig sind viele junge Leute, z. B. vietnamesische Kinder, über die Jahre alle weggezogen. Die Kinder eines meiner Freunde aus dem Senegal gingen nach London und nach Paris. Die kommen nicht wieder. Aber diese Kinder brauchst du. (...)“

Das vollständige Interview findet Sie hier.

Quelle: Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt)