Lesetipp: Kinderrechte und Ethik pädagogischer Beziehungen : Datum:
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben ethische Leitlinien zu Gestaltung pädagogischer Beziehungen für Schulen und Bildungseinrichtungen erarbeitet.
Gute pädagogische Beziehungen bilden ein Fundament dafür, dass Leben, Lernen und demokratische Sozialisation gelingen. Daher haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die „Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen“ erarbeitet. Ziel ist es, mit den ethischen Leitlinien die wechselseitige Achtung der Würde aller Mitglieder von Schulen und Einrichtungen zu stärken. Die Leitlinien sollen Reflexion anregen und als Orientierung für dauerhafte professionelle Entwicklungen auf der Beziehungsebene dienen. Sie wenden sich an Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte sowie an verantwortliche Erwachsene in allen Bereichen des Bildungswesens.
Die Reckahner Reflexionen beruhen auf einer fünfjährigen interdisziplinären und internationalen Auseinandersetzung mit dem Thema Ethik pädagogischer Beziehungen, an dem Fachleute aus Praxis, Leitung, Verwaltung, Wissenschaft, Bildungspolitik und Stiftungen beteiligt waren. Die Zusammenarbeit wurde ab 2011 in jährlichen Expertenkonferenzen des Arbeitskreises Menschenrechtsbildung in der Reckahner Einrichtung Rochow-Museum und Akademie für bildungsgeschichtliche und zeitdiagnostische Forschung e. V. an der Universität Potsdam realisiert. Aus diesem Expertenkreis sind zahlreiche Veröffentlichungen zum Thema hervorgegangen. Eine internationale Konferenz „Kinderrechte in pädagogischen Beziehungen“ fand 2013 mit sehr großer Resonanz an der Universität Potsdam statt.
Auszug:
„Die zehn Leitlinien"
Was ethisch begründet ist
1. Kinder und Jugendliche werden wertschätzend angesprochen und behandelt.
2. Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte hören Kindern und Jugendlichen zu.
3. Bei Rückmeldungen zum Lernen wird das Erreichte benannt. Auf dieser Basis werden neue Lernschritte und förderliche Unterstützung besprochen.
4. Bei Rückmeldungen zum Verhalten werden bereits gelingende Verhaltensweisen benannt. Schritte zur guten Weiterentwicklung werden vereinbart. Die dauerhafte Zugehörigkeit aller zur Gemeinschaft wird gestärkt.
5. Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte achten auf Interessen, Freuden, Bedürfnisse, Nöte, Schmerzen und Kummer von Kindern und Jugendlichen. Sie berücksichtigen ihre Belange und den subjektiven Sinn ihres Verhaltens.
6. Kinder und Jugendliche werden zu Selbstachtung und Anerkennung der Anderen angeleitet.
Was ethisch unzulässig ist
7. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte Kinder und Jugendliche diskriminierend, respektlos, demütigend, übergriffig oder unhöflich behandeln.
8. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte Produkte und Leistungen von Kindern und Jugendlichen entwertend und entmutigend kommentieren.
9. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen herabsetzend, überwältigend oder ausgrenzend reagieren.
10. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte verbale, tätliche oder mediale Verletzungen zwischen Kindern und Jugendlichen ignorieren.“
Die 24-seitige Broschüre enthält über die Leitlinien (Kap. 1) hinaus noch viele wichtige Informationen zum Thema, darunter „Kinderrechtliche Grundlagen“ (Kap. 2), „Wissenschaftliche Grundlagen“ (Kap. 3), „Handlungsmöglichkeiten“ (Kap. 4) sowie „Aktuelle Maßnahmen im internationalen Kontext“ (Kap. 5). Außerdem gibt es ein umfangreiches Literaturverzeichnis.
Herausgeber der Broschüre sind das Deutsche Institut für Menschenrechte, das Deutsche Jugendinstitut, das MenschenRechtsZentrum an der Universität Potsdam sowie das Rochow-Museum und die Akademie für bildungsgeschichtliche und zeitdiagnostische Forschung e. V. an der Universität Potsdam
Broschüre sowie Plakate und Flyer können kostenlos bestellt werden über: https://reckahner-museen.byseum.de
Quelle: Rochow-Museum Reckahn
Weitere Literatur zum Thema:
- Lothar Krappmann & Christian Petry (Hrsg.) (2016): Worauf Kinder und Jugendliche ein Recht haben. Kinderrechte, Demokratie und Schule: ein Manifest. Schwalbach: Debus.
- Annedore Prengel & Ursula Winklhofer (Hrsg.) (2014): Kinderrechte in Pädagogischen Beziehungen. Bd. 1: Praxiszugänge, Bd. 2: Forschungszugänge. Opladen u. a.: Budrich.
- Wolfgang Edelstein, Lothar Krappmann & Sonja Student (Hrsg.) (2014): Kinderrechte in die Schule. Schwalbach: Debus.
- Carina Tillack, Natalie Fischer, Diana Raufelder & Janina Fetzer (2014): Beziehungen in Schule und Unterricht. Band 1–3. Immenhausen: Prolog.
- Lothar Krappmann, Waltraut Kerber-Ganse, Annedore Prengel & Hanno Schmitt (Hrsg.) (2013): Die Sehnsucht nach Anerkennung. Kinderrechte in Geschichte und Gegenwart. Reckahn: Rochow-Akademie.
- Oggi Enderlein (2007): Ganztagsschule aus Sicht der Kinder: weniger oder mehr Lebensqualität? (PDF, 2MB, nicht barrierefrei) Berlin: Deutsche Kinder- und Jugendstiftung.