Lernen mit Freude in der Ganztagsgrundschule : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke

Verbindliche Ganztagskurse und Lernzeiten gelten als Markenzeichen der Schalksburgschule Albstadt-Ebingen. Vor sechs Jahren wurde sie gebundene Ganztagsgrundschule, in der mit Freude gelernt werden soll.

Von der Grund- und Hauptschule zur Ganztagsgrundschule
Von der Grund- und Hauptschule zur Ganztagsgrundschule © Schalksburgschule Albstadt-Ebingen

Martina Gastel ist eine der guten Seelen, die das Leben und Lernen an der Schalksburgschule in Albstadt-Ebingen prägen. Seit wenigen Jahren ist sie Sekretärin an dieser Ganztags-Stützpunktschule auf der Schwäbischen Alb, nachdem sie zuvor in unterschiedlichen Unternehmen gearbeitet hatte. Die Kinder mögen sie, laufen ihr freudig entgegen, manche umarmen sie. Sie scheinen zu spüren, was Martina Gastel in Worte fasst: „Hier habe ich meine berufliche Heimat gefunden. Die Kinder sind so herzlich. Ihnen kann man fast nichts ausschlagen.“

Die Empathie überträgt sich, obwohl Martina Gastel klar macht: „Manchmal muss man natürlich auch Stopp sagen.“ Den rund 250 Schülerinnen und Schülern fällt es aber offenbar nicht schwer, Grenzen zu akzeptieren. Meistens jedenfalls. Sie sind es gewohnt – den ganzen Tag, sei es im Unterricht oder in den hier als Kurse bezeichneten Arbeitsgemeinschaften.

Auf Vorhandenem aufgebaut

Bis 2018 beherbergte das einladend wirkende Schulgebäude eine Grund- und Hauptschule. Letztere lief aufgrund sinkender Anmeldungen aus. Die Grundschule durfte die gesamte Fläche inklusive des imposant großen Außengeländes mit etlichen Möglichkeiten, sich auszutoben oder sich auch einmal zurückzuziehen, alleine nutzen. Und vorallem gestalten.

Schulleiterin Bärbel Göttling-Lebherz und ihr Team waren sich schnell einig. Sie beschlossen, auf dem, was im Kleinen bereits vorhanden war, aufzubauen. Die Halbtagsschule mit einigen Arbeitsgemeinschaften und Nachmittagsunterricht sollte zur gebundenen Ganztagsgrundschule weiterentwickelt werden. „Entweder richtig oder gar nicht“, lautete die Devise. Wobei „richtig“ ausdrücklich Irrtümer und deren anschließende Korrektur beinhaltete. Bevor der Startschuss für den gebundenen Ganztag fiel, gab es umfangreiche Hausaufgaben zu erledigen.

„Es ist wichtig, dass wirklich alle in die Planungen, inklusive der Raumgestaltung eingebunden sind“, sagt die Schulleiterin. Sie erinnert sich: „Wir haben über alles nachgedacht. Was brauchen die Schülerinnen und Schüler, was die Eltern, was wir als Lehrkräfte?“ Die Überlegungen gingen bis ins kleinste Detail – einschließlich der Gestaltung der Kleiderständer und Ablagefächer für die Kinder. Sie sollen nicht alles jeden Tag mit in die Schule schleppen müssen.

„Mehr als den ganzen Tag Schule“

Ganztagsgrundschule in verbindlicher Form
Ganztagsgrundschule in verbindlicher Form © Schalksburgschule Albstadt-Ebingen

Doch einiges wandert täglich im Ranzen mit nach Hause. Göttling-Lebherz: „Erstens sollen die Kinder lernen, sich zu organisieren. Zweitens möchten wir, dass die Eltern daheim mitbekommen, was hier passiert.“ Das Konzept überzeugte offensichtlich. Schon im ersten Jahr, als noch der Ganztag in Wahlform oder als gebundene Variante angeboten wurde, entschied sich die große Mehrzahl der Eltern für die Ganztagsgrundschule in verbindlicher Form, wie sie das baden-württembergische Schulgesetz vorsieht.

Wenn die Kinder „den ganzen Tag“, das heißt, an vier Wochentagen bis 16 oder 17 Uhr in der Schule verbringen, sollen sich ihre Eltern darauf verlassen können, dass sie ein gesundes Mittagessen erhalten und die Hausaufgaben weitgehend erledigt haben. Für die Schule ist daher wichtig, dass Absprachen und Zeiten eingehalten werden und dass der Unterricht ebenso wie die Kurse von verlässlich hoher Qualität sind. Zugleich war klar: „Ganztagsschule muss mehr sein als den ganzen Tag Schule.“

Die „Wunschliste“ des Kollegiums für den Ganztag umfasste unter anderem eine Rhythmisierung des Schultages, Phasen von An- und Entspannung sowie ein Raumkonzept, das den pädagogischen Überlegungen gerecht wird. Eines, das auch die eigenen Bedürfnisse erfüllt: „Auch wir möchten, wenn möglich, die Schule zu unserem Arbeitsplatz machen, sodass wir, wenn abends die Schultür hinter uns ins Schloss fällt, auch Feierabend haben.“ Die Ideen, zu denen auch Arbeitsplätze für die Lehrkräfte gehörten, wurden in Absprache mit dem Schulträger, der Stadt Albstadt, und einem Architekten umgesetzt.

Lernen mit Freude

Zu den pädagogischen Leitgedanken der Schalksburgschule zählt die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler. Die Räume geben es her. Farblich abgesetzte Flure erleichtern die Orientierung. Neben den Klassenzimmern gibt es Räume zur Differenzierung mit Plätzen zum Arbeiten – alleine und in Kleingruppen. In einem eigenen Gebäude existieren Räume zum Chillen, aber auch für eine spezielle Förderung, sei es in der Grundschulförderklasse oder beim Erlernen von Deutsch als Zweitsprache (DAZ).

Charity-Lauf in Albstadt 2023
Charity-Lauf in Albstadt 2023 © Schalksburgschule Albstadt-Ebingen

Im gleichen Gebäude lädt die große, helle Mensa zum Essen ein. Grünes aus dem eigenen kleinen Schulbeet, um das sich liebevoll die jährliche „Gemüseklasse“ kümmert, kommt dort auch auf den Tisch. Auf die Frage nach den Lieblingsspeisen der Kinder erhalten wir allerdings die klare Antwort: „Pfannkuchen und Pizza“.

„Der Begriff Lernen sollte positiv besetzt sein und Lernen soll mit Freude geschehen“, sagt Bärbel Göttling-Lebherz, „aber wir sind kein Vergnügungspark.“ Das meint, dass den Schülerinnen und Schülern nicht jeder Wunsch erfüllt werden kann und dass die Kurse genannten Arbeitsgemeinschaften in der gebundenen Ganztagsgrundschule verpflichtend sind. Chancengleichheit herzustellen steht für die Schalksburgschule ganz oben auf der Agenda. Das schließt auch die Begabtenförderung, etwa im Projekt „Komponieren mit Lego“ am Flachbildschirm ein.

Netzwerk externer Partner

Dennoch ist der Grundschule ein harmonisches Schulleben wichtig. Einmal jährlich gehen die Klassen 3 und 4 nach „Klösterle“, das heißt zum Wintersport beim Alpenhofverein St. Martin. Die Skiwoche der Dritt- und Viertklässler in Österreich stärkt die Gemeinschaft, lässt die Lehrkräfte manche Schülerinnen und Schüler aus völlig neuen Blickwinkeln erleben. Die Lehrkräfte sagen aus eigener Erfahrung: „Es ist erstaunlich, wie anders die Kinder dann häufig sind, wie sie aus sich herausgehen und wie viel gelassener sie dann sind.“

Ihre Pforten öffnet die Schalksburgschule täglich bereits um 7 Uhr. Der Unterricht startet eine Stunde später. Manche Einheiten dauern 90, andere 60 und wieder andere 45 Minuten, flexibel und bedarfsorientiert. An zwei bis drei Tagen der Woche findet der Unterricht auch am Nachmittag statt. Rhythmisiert und eingebettet in den Tagesablauf stehen die Lernzeiten sowie die Kurse des Ganztags auf dem Stundenplan. „Wir haben uns für das Wort Kurs entschieden, weil Arbeitsgemeinschaften eine Freiwilligkeit suggerieren, die es in diesem Fall nicht gibt. Die Kurse sind verpflichtend“, berichtet die Schulleiterin.

Bürgermeister Roland Tralmer liest vor
Bürgermeister Roland Tralmer liest vor © Schalksburgschule Albstadt-Ebingen

Sie werden von den Lehrkräften, aber auch einem dichten Netzwerk externer Partner, darunter Lesepatinnen und -paten, aber auch lokale Vereine und das Kunstmuseum Albstadt, angeboten. Freiheit haben die Schülerinnen und Schüler bei der Wahl der Kursinhalte. Sport, Musik und Kultur gehören ebenso zu den aktuell angebotenen 43 Kursen wie der Kurs von Hausmeister Frank Bayer: Er führt die Kinder an den Alltag seines Berufes heran. Die Kinder kümmern sich so um „ihr“ Schulgebäude – ihren Lern- und Lebensbereich…

Qualitativ hochwertige Ganztagsangebote

Geschätzt werden auch die Waldpflegetage und das Zirkusprojekt, in dessen Genuss jedes Kind einmal in seiner Grundschulzeit kommt. Positiver Effekt der vielen Kurse: Die Kinder verteilen sich und die Gruppen sind entsprechend klein. Zu den Highlights der Schule zählt die Hector-Kinderakademie, deren Geschäftsführerin Bärbel Göttling-Lebherz ist. Die Akademie bietet seit 2014 jedes Jahr eine Vielzahl von Kursen für besonders begabte und interessierte Kinder und sind in der Regel Teil des Ganztagesangebotes.

Um die Kinder möglichst früh zu fördern, kooperiert die Hector-Kinderakademie beispielsweise mit der Musik- und Kunstschule Albstadt, der Technologiewerkstatt und dem NaturErlebnisZentrum Oberdigisheim sowie dem Naturwissenschaftlich-Technischen Stützpunkt (NTS) Albstadt. Darüber hinaus finden auch immer wieder Kooperationen mit den weiterführenden Schulen sowie mit örtlichen Betrieben und der Hochschule Albstadt-Sigmaringen statt. Das Angebot ist begehrt. Wer daran teilnehmen darf, sollte den Klassenlehrerinnen und -lehrern „auffallen“. Denn sie nominieren die Kandidatinnen und Kandidaten. Die Sichtweise anderer „Erwachsener“ fließt dabei wie in nahezu allen wichtigen Fragen ein.

Kommunikation im Team wird groß geschrieben. Dabei ist der Teamgedanke weit gefasst. Lehrerinnen und Lehrer, die Schulsozialarbeiterin, Schulbegleitende und der Hausmeister gehören alle dazu. Für sie alle schlägt stets am Sonntagabend die Stunde der „Schulleiterin“. Dann nämlich verschickt Bärbel Göttling-Lebherz eine E-Mail. Darin bündelt sie alle wichtigen Erkenntnisse und alles Wissenswerte, sodass das Team gut informiert und „für die Sache brennend“ in die neue Woche starten kann. Besonders freut sie sich auf den Tag, an dem sie schreiben kann: „Wir haben wieder qualitativ hochwertige Ganztagsangebote für den Vormittag gefunden.“

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